Die Euro-Skulptur an der Europäischen Zentralbank in Frankfurt Foto: dpa

Tanken und Heizen sind billig wie lange nicht. Konsumenten dürfen sich über sinkende Preise freuen, Währungshütern bereitet die Inflationsentwicklung Sorge. Es wird erwartet, dass die EZB handelt.

Wiesbaden/Luxemburg - Der Absturz der Ölpreise hat die Inflation in Deutschland, Europa und den USA auf den tiefsten Stand seit dem Krisenjahr 2009 gedrückt.

Diesseits wie jenseits des Atlantiks bremste das billige Öl die Teuerung: Die Ölpreise brachen seit dem Sommer um mehr als die Hälfte ein. Nicht nur die Verbraucher profitierten davon beim Tanken und Heizen, sondern auch die Industrie.

Was Verbraucher freut, bereitet Währungshütern Sorge. Im Euroraum rückt das Stabilitätsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) bei Teuerungsraten knapp unter 2,0 Prozent in immer weitere Ferne.

EZB kauft Staatsanleihen

Die meisten Ökonomen erwarten daher, dass die Notenbank bereits ihre nächste Sitzung am 22. Januar nutzen wird, um neue Maßnahmen im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche zu beschließen: Seit Wochen laufen Vorbereitungen für großangelegte Staatsanleihenkäufe.

Befürworter der umstrittenen Maßnahme hoffen, auf diese Weise Banken Freiräume für Kredite zu verschaffen und durch das Befeuern der Konjunktur die Inflation wieder in Richtung des EZB-Ziels zu treiben.

Im Euroraum sanken die Verbraucherpreise erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009. Im Dezember fiel die jährliche Inflationsrate auf minus 0,2 Prozent, bestätigte das Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg seine erste Schätzung von Anfang Januar. Im November lag die Teuerung noch bei plus 0,3 Prozent.

Für Deutschland errechnete das Statistische Bundesamt sowohl bezogen auf Dezember als auch auf das Gesamtjahr 2014 ebenfalls die niedrigsten Raten seit 2009. Auf Jahressicht erhöhten sich die Verbraucherpreise um 0,9 Prozent. Eine niedrigere Teuerungsrate gab es zuletzt 2009 mit 0,3 Prozent.

Teuerung seit Jahren rückläufig

Seit Jahren ist die Teuerungsrate in Deutschland rückläufig. Im Dezember lag die Teuerung nur noch bei geringen 0,2 Prozent nach 0,6 Prozent im November. Von November auf Dezember 2014 stagnierten die Verbraucherpreise.

Auch in den USA fiel die Inflationsrate zum Jahresende mit 0,8 Prozent auf den tiefsten Stand seit Oktober 2009.

Auf beiden Seiten des Atlantiks trieb der Ölpreisrutsch die Inflation in den Keller. So mussten Verbraucher in Deutschland für Heizöl im vergangenen Jahr 7,8 Prozent weniger zahlen als ein Jahr zuvor. Kraftstoffe verbilligten sich um 4,4 Prozent. Weil sich auch die Preise für andere Energieprodukte in der Summe moderat entwickelten, wurde Energie insgesamt um 2,1 Prozent günstiger. Dagegen zogen die Nahrungsmittelpreise gegenüber 2013 um 1,0 Prozent an.

Die rückläufige Inflation stärkt tendenziell die Kaufkraft der Konsumenten. Allerdings gelten sinkende Preise auf breiter Front und über einen längeren Zeitraum als Gefahr für die Konjunktur, weil Verbraucher und Unternehmen auf weiteren Preisverfall spekulieren könnten und Investitionen möglicherweise aufschieben.

Die Sorgen vor einer solchen Deflation - einer Abwärtsspirale aus rückläufigen Preisen und schrumpfender Wirtschaft - halten sich seit Monaten. Das Bild ist aber weniger bedrohlich, wenn man schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise herausrechnet: Im Euroraum lag diese sogenannte Kernrate im Dezember wie im Vormonat bei 0,7 Prozent. In Deutschland betrug die Teuerung 2014 ohne Berücksichtigung der Energiepreise 1,3 Prozent. In den USA lag die Kernrate aufs Jahr gerechnet bei 1,6 Prozent.