SPD und Grüne haben jene im Blick, die geringe Einkommen haben. Foto: dpa/Felix Kästle

Geht es nach SPD und Grüne, sollten Rentner und Studierende bei steigenden Energiepreisen gezielt entlastet werden. Finanzminister Lindner ist dagegen.

Von Kilian Schroeder

Angesichts der hohen Inflation ist sich die Bundesregierung uneinig, wen sie konkret entlasten will. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat im Interview mit der „Rheinischen Post“ gezielten Hilfen für Rentner und Studierende nun eine Absage erteilt. Die Renten seien in diesem Jahr bereits erhöht worden, außerdem hätten bedürftige Rentner wie alle in der Grundsicherung als Teil bisheriger Entlastungsmaßnahmen eine Sonderzahlung erhalten. Darüber hinaus profitierten Rentner und Studierende von einem Heizkostenzuschuss beim Wohngeld. SPD, Grüne und die Opposition wollen dagegen konkretere Hilfen.

Verbraucherschützer fürchten hohe Energiepreise

Bereits vor zwei Wochen hatte die Ampelkoalition über den Ausgleich der sogenannten kalten Progression gestritten. Dabei verschiebt die Politik die Grenzwerte der Einkommenssteuer mit dem Ziel, dass Lohnerhöhungen nicht durch höhere Steuersätze und die hohe Inflation aufgefressen werden und die Bürger unterm Strich weniger Kaufkraft haben.. Während Lindner den Schritt antreibt, kritisieren SPD und Grüne die Pläne als sozial ungerecht. Tatsächlich profitierten Bürger mit hohen Einkommen in absoluten Zahlen mehr von den Plänen. Daraufhin hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein drittes Entlastungspaket angekündigt, ohne dabei konkret zu werden.

Verbraucherschützer fürchten die steigenden Energiepreise. „Wir haben große Sorge, dass viel mehr Verbraucherinnen und Verbraucher als normal ihre Gas- und Stromrechnung nicht bezahlen können“, sagt Thomas Engelke, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, unserer Zeitung. Deshalb solle die Politik einerseits ein Moratorium für Energiesperren verhängen – also dass niemanden Strom und Gas abgestellt wird, wenn sie die Preise nicht bezahlen können. Dazu fordert Engelke Hilfen für Menschen mit geringem Einkommen – bei weiter steigenden Preisen aber auch eine Ausweitung auf mittlere Einkommen: „Das dritte Entlastungspaket sollte die Menschen unterstützen, die es wirklich brauchen.“

Wie das aussehen soll, darüber ist sich die Regierung uneinig. Die FDP pocht auf weitere Steuererleichterungen und die Einhaltung der Schuldenbremse. SPD und Grüne fordern dagegen gezielte Hilfen für Menschen mit wenig Geld – insbesondere Rentner und Studierende: „Bei den aktuellen Preisentwicklungen ist es notwendig, die Bürgerinnen und Bürger mit kleinem und mittlerem Einkommen zu entlasten. Dazu zählen auch die meisten Rentnerinnen und Rentner“, sagte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Rosemann, unserer Zeitung. Familienministerin Lisa Paus (Grüne), ist der gleichen Meinung und kritisierte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Sachsen Lindners Pläne zum Inflationsausgleich: „Und dann ist jetzt nicht die Zeit, wieder von unten nach oben zu verteilen, sondern wir müssen tatsächlich von oben nach unten verteilen“.

Linke fordert Übergewinnsteuer

Auch die Opposition fordert, im dritten Entlastungspaket Rentner und Studierende zu berücksichtigen. „Wenn der Bundesfinanzminister nun erneut alle Rentnerinnen und Rentner von Entlastungen ausschließen will, ist das sozial ungerecht und verschärft die Spaltung der Gesellschaft“, sagte Stephan Stracke, sozialpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag der „Rheinischen Post“ vom Montag. Stattdessen solle der Kreis der Wohngeldempfänger ausgeweitet und die monatlichen Bezüge an die Energiekosten angepasst werden. Der steuerliche Inflationsausgleich und das Festhalten an der Schuldenbremse sei aber vernünftig. Geht es nach Janine Wissler, Chefin der Linkspartei, sollte die Ampelkoalition die Energiepreise deckeln und die Entlastungen über eine Übergewinnsteuer finanzieren.

Derzeit laufen Gespräche zwischen den drei Koalitionsparteien, wie entlastet und wie finanziert werden soll. Laut Regierungssprecher Wolfgang Büchner werde in der Koalition „zur Zeit über fast nichts intensiver diskutiert“. Bundeskanzler Scholz hatte angekündigt, dass das „vertrauensvoll in der Regierung“ passieren werde. Der Streit darüber läuft allerdings auf offener Bühne.