Ministerpräsident Winfried Kretschmann weist nun dem Bund die Verantwortung für alles zu, was nun in der Coronapandemie geschieht. Foto: dpa/Marijan Murat

Harte Kritik im Bundesrat am neuen Infektionsschutzgesetz der Ampel: Ein Einspruch der Länderkammer kommt aber nicht zustande.

Mit dem Ja zur Abschaffung vieler bisher gültiger Coronaregeln hat der Bundestag am Freitag eine neue Phase in der Pandemiebekämpfung eingeläutet. Die Entscheidung der Ampelkoalition, Masken nur noch im ÖPNV, Zügen, Flugzeugen, Kliniken und Heimen vorzuschreiben, wurde anschließend im Bundesrat, wie schon tags zuvor auf der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), mit teils beißender Kritik aufgenommen. Neben dem Wegfall eines verpflichtenden Mund-Nase-Schutzes etwa beim Einkaufen halten die Länder die Regelung, die ihnen weitergehende Maßnahmen erlaubt, für unpraktikabel.

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Niedrige Impfquote in Deutschland

Man gebe „den Ländern einen völlig unzureichenden Instrumentenkasten an die Hand“, erklärte Baden-Württembergs Bevollmächtigter Rudi Hoogvliet im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der nicht selbst an der Sitzung teilnahm. Anders als etwa Großbritannien oder Dänemark könne es sich Deutschland wegen der niedrigeren Impfquote noch nicht leisten, „praktisch alle Beschränkungen“ aufzuheben. Er verwies auf den Widerspruch zu immer neuen Rekord-Ansteckungszahlen in den vergangenen Tagen. „Das Virus breitet sich aus wie ein Flächenbrand“, so Hoogvliet in Kretschmanns Namen weiter: „Aber statt mit schwerem Gerät und Löschflugzeugen sollen wir das Feuer jetzt mit Wassereimern und Gartenschläuchen bekämpfen.“

„Bruch von Seiten des Bundes“

Schon während der Runde mit Kanzler Scholz am Donnerstag hatte Kretschmann laut Teilnehmern in Bezug auf die Coronapolitik der vergangenen zwei Jahre davon gesprochen, dass es nun zu einem „Bruch von Seiten des Bundes“ gekommen sei, weil die Länder bei der Ausarbeitung des neuen Gesetzes nicht gehört und eingebunden worden seien. „Es geht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger“, hieß es in Kretschmanns Erklärung weiter: „Gerade hier müssten wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Stattdessen handele der Bund allein, was die Landesregierung „für einen Fehler“ halte. „Alles, was jetzt nach diesem völlig inakzeptablen Gesetzgebungsverfahren geschieht, liegt von nun an allein in der Verantwortung des Bundes.“

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Einen Einspruch des Bundesrates, der mit Stimmenmehrheit der Länderkammer möglich gewesen wäre, gab es dennoch nicht. Trotz der Kritik wurde darauf verwiesen, dass es sonst gar keine Coronaregeln mehr gäbe.