E.O. Moser & Cie gehörte zu den ältesten Schokoladenfabriken in Stuttgart, wie eine Schau im Ortsmuseum in Rotenberg zeigt. Foto: Iris Frey

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war die Landeshauptstadt mit gleich mehreren Fabriken eine gefragte Produktionsstätte für Schokolade. Davon erzählt jetzt eine Ausstellung in Rotenberg.

Das Ortsmuseum Untertürkheim/Rotenberg bietet viele Aha-Erlebnisse: Da gibt es Wissenswertes zu den Schokoladenfirmen in Stuttgart, deren Hochphase 1840 begann. Die Schau wurde von Klaus Enslin, dem Vorsitzenden des Bürgervereins Untertürkheim, zusammengestellt.

Zu den ältesten Schokoladenfirmen in Stuttgart zählt die des Konditors Wilhelm Roth, die 1841 in der Kronenstraße 18 gegründet wurde. Auch Eduard Otto Moser mit seiner prächtigen Villa am Pragsattel gehörte zu den Schokoladenpionieren in Stuttgart. Eine erste Schokoladenfabrik von ihm gab es in der Calwer Straße 35, ab 1881 an der Heilbronner Straße. Moser und Roth schlossen sich 1894 zusammen. 1902 wurde der Markenname Moser-Roth geschützt. Heute gibt es die Marke Moser-Roth wieder beim Discounter als Edelmarke. 1942 kam es auch in Stuttgart zur Krise, denn im Zweiten Weltkrieg wurden keine Kakaobohnen mehr geliefert. 1944 brannte zudem die Firma Moser-Roth in der Räpplenstraße nach einem Luftangriff vollständig aus.

Das Gebäude von Eszet steht noch heute in Untertürkheim

Auch Untertürkheim hatte mit Staengel & Ziller eine Schokoladenfabrik, das Warenzeichen Eszet aus den Anfangsbuchstaben der Eigner S und Z wurde 1904 zum Markennamen, verewigt nicht nur in der Stadtbahn-Haltestelle in der Augsburger Straße. Ausgehend vom Furtbachweg und der Olgastraße war das Unternehmen 1898 nach Untertürkheim gezogen. In dem Gebäude ist heute eine Bettwarenfabrik.

Das Jahr 1974 bildete einen Einschnitt in der Schokoladenproduktion, die Preise für Kakaobohnen verdoppelten sich – die Produktion von Eszet musste eingestellt werden. Der Name wurde an das Unternehmen Stollwerck verkauft und dann 2011 an die belgische Unternehmensgruppe Baronie. „Eszet-Schmitten sind auch in den USA heute noch sehr beliebt“, sagt der Kurator Enslin. Sie werden auf Toast gelegt, gewärmt und ersetzen so den Schokoladenaufstrich.

Die Firma Waldbauer nannte sich „Dampf-Schokoladen-Fabrik“

Zu den einst großen Schokoladenfirmen gehörte auch die Firma Waldbaur, die seit 1848 in der Rotebühlstraße 83 ihren Sitz hatte. Sie musste 1977 ihren Betrieb einstellen und wurde an Stollwerck verkauft. Angefangen hatten Franz und Gustav Waldbaur in Möhringen in ihrer Apotheke, bevor sie an den Feuersee zogen, um dort eine Fabrik zu bauen. In der Rotebühlstraße 83 produzierten sie mit einer Dampfmaschine und nannten deshalb ihre Firma Dampf-Schokoladen-Fabrik.

In Obertürkheim gab es die weniger bekannte Firma Karl Haller mit dem großen Fabrikgebäude, das sie 1926 am Ortseingang baute. Nach dem Krieg wurde die Firma mit dem ersten Ballonstart im Hof des Neuen Schlosses bekannt. Haller hatte 1948 den Markennamen Moser-Roth gekauft. „Nachdem Haller 1968 die Produktion eingestellt hat, hat August Storck den Markennamen übernommen und 2007 wiederbelebt als Edelmarke für Aldi Süd“, sagt Enslin.

Das Friedel-Werk in Bad Cannstatt stellte Eiskonfekt her

Nicht zu vergessen das Friedel-Werk in Bad Cannstatt, dessen Eigentümer, der Kaufmann Theodor Beltle das Brausepulver erfunden hat. Er gründete 1925 in der Kegelenstraße 5 die Firma Frigeo mit Robert Friedel. Damals produzierte die Firma auch Eiskonfekt sowie Schokoladenfiguren zu Ostern und Weihnachten, die jetzt von der Firma Rübezahl in Dettingen unter Teck produziert werden. Die Brause kommt heute aus Remshalden von der Firma Katjes. In Bad Cannstatt hat eine Firma ihren Ursprung, die heute noch in Waldenbuch produziert und zu den jüngsten Schokoladenfirmen zählt: die Firma Alfred Ritter. 1912 in der Moltkestraße, der heutigen Sodener Straße gegründet, zog sie 1920 in die Wilhelmstraße 16/Ecke Liebenzeller Straße. Sie hatte damals auch in der Nähe des historischen Rathauses in der Marktstraße ein Geschäft. „Da sie sich nicht ausdehnen konnte, zog sie 1930 in die leer stehende Schokofabrik Kreuziger nach Waldenbuch“, berichtet Enslin. Ritter hat die Schokopreiskrise überlebt. Clara Ritter kam übrigens damals auf die Idee, die Schokolade in Quadratform zu produzieren, damit sie nicht so schnell zerbrach. Ein Patent, das bis heute den Slogan „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ bestimmt.

Bis heute aktiv: die Firma Alfred Ritter

Im Stuttgarter Osten war Schoko-Buck ein Begriff

Auch der Stuttgarter Osten hatte eine Schokoladenfabrik: Schoko-Buck in der Ostendstraße 88. Dort hat heute auch die Polizei ihre Diensträume. 1927 gründete Julius Wernick die Firma, die auch Kola-Schokolade in Dosen herstellte als Aufputschmittel für Kampfpiloten und Soldaten. 1955 heuerte die Schweizer Firma Tobler bei Schoko Buck an. Sie mietete sich auch bei Haller in Obertürkheim ein. 1956 übernahm Tobler Schoko-Buck vollständig. 1980 beschäftigte Tobler in Stuttgart 500 Mitarbeiter. 1985 lief die letzte Toblerone vom Band, und Stuttgarts letzte Schokoladenfabrik wurde stillgelegt.

Die Ausstellung „Süße Schokoladenstadt Stuttgart“ ist im Ortsmuseum Untertürkheim/Rotenberg, Altes Schulhaus Rotenberg, Württembergstraße 312, zu sehen. Am Sonntag, 16. April, ist die Ausstellung von 14 bis 16 Uhr geöffnet, danach jeden ersten Sonntag im Monat bis Oktober jeweils von 14 bis 16 Uhr. Weitere Infos gibt es dazu unter www.bv-untertuerkheim.de.

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