So nah kann man den Orang-Utans auf Sumatra kommen. Foto: Deitmer

Eine Trekkingtour durch den Gunung-Leuser-Nationalpark auf Sumatra ist kein Spaziergang.

Bukit Lawang - Die Vegetation scheint alles zu beherrschen. Sie zwingt die Besucher in die Knie, lässt ihnen kaum Platz aufrecht zu stehen. Auf den engen Pfaden versperren Baumstämme den Weg, Wurzeln wuchern am Boden, Lianen schlingen sich kreuz und quer um mächtige Baumstämme. Wo man auch hinsieht, sprießt üppiges Grün. Das Blätterdach, das sich hoch oben ausbreitet, lässt keinen Sonnenstrahl auf den Boden fallen. Selbst die feuchtwarme Luft ist gefangen im Dschungel.

Die eigentliche Attraktion im indonesischen Gunung Leuser Nationalpark sind die Orang-Utans, die hier mit ein wenig Glück von einem ortskundigen Führer aufgespürt werden können. Doch bereits die ersten Schritte im Dschungel von Nordsumatra überfordern die Sinne: Das Auge weiß nicht, was es zuerst erfassen soll. Exotische Geräusche dringen ins Ohr, unbekannte Pflanzen streifen die Haut. Ein echtes Abenteuer für Besucher, die Fichten, Tannen und Eichhörnchen gewohnt sind.

Die Tiere im Regenwald legen täglich mehrere Kilometer zurück

Die Sinne von Yansen aus dem nahegelegenen Dorf Bukit Lawang sind voll und ganz auf den Dschungel eingestellt. Der 27-Jährige ist quasi im Regenwald aufgewachsen. Schon als kleines Kind nahmen ihn seine Eltern mit in den Dschungel. Heute arbeitet er als Guide und führt Besucher durch den Gunung Leuser Nationalpark, ein Schutzgebiet, in dem ein Großteil der frei lebenden Sumatra-Orang-Utans Zuflucht findet. Die von der Rodung des Regenwalds bedrohten Tiere sind heute nur noch auf Sumatra und Borneo zu finden. Somit ist Bukit Lawang einer der wenigen Orte, an denen Besucher Zugang zu den Rotschöpfen haben.

Die Orang-Utans aufzuspüren, ist das Ziel der Trekkingtouren. Von einem halben Tag bis hin zu sieben Tagen können sich die Besucher in Begleitung eines Führers in den Regenwald hineinwagen - was selbst mit relativ guter Kondition ein sehr anstrengendes Un-terfangen ist. Angesichts der hohen Luftfeuchtigkeit rinnt der Schweiß noch bevor der erste Schritt gemacht ist. Trekking-Guide Yansen schwitzt natürlich überhaupt nicht. Er klettert leichtfüßig und flink steile Hänge hinauf und hinunter. Ab und zu lässt er seine beiden europäischen Schützlinge keuchend stehen, um Ausschau nach den Orang-Utans zu halten. Lautlos pirscht er durchs Dickicht, blickt immer wieder nach oben, späht verlassene Nester aus, welche die Menschenaffen stets neu bauen.

Die Tiere ziehen im Regenwald umher und legen täglich mehrere Kilometer zurück. Je länger man sich im Dschungel aufhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, Orang-Utans zu begegnen. Yansens Spürsinn hat uns schon nach wenigen Stunden an die richtige Stelle geführt. Flüsternd und so leise wie möglich nähern wir uns einer Mutter mit ihrem Kind.

„Viele glaubten noch Jahre nach der Flut, es gäbe hier keine Unterkünfte“

Das Herz bleibt kurz stehen, als sich die stattliche Affendame auf die menschlichen Eindringlinge zubewegt, um dann elegant von Ast zu Ast auf einen anderen Baum zu schwingen. Direkt vor unseren Augen spielt das Weibchen ausgiebig mit ihrem Jungen, greift mit den Zehen zu und hängt sich mit ihren rund 50 Kilogramm kopfüber in den Baum. Das Kleine schwingt mit seinen bereits beachtlich langen Armen spielend hin und her. Selbst Yansens Augen leuchten.

Völlig überwältigt von dieser unvergesslichen Begegnung folgen wir dem Guide weiter in den Wald. Er entdeckt eine Gruppe Languren in Baumkronen und lässt uns ein Stück Rinde anknabbern, die von den Einheimischen als Malaria-Heilmittel verwendet wird. Wir erfahren, dass den Affen das Gift von Riesen-Ameisen gegen Magenprobleme hilft und essen schließlich, auf einem Baumstamm sitzend, das indonesische Nationalgericht Nasigoreng aus einem Bananenblatt.

In der Pause ist Zeit, um sich mit Yansen über die Situation in seinem Heimatdorf zu unterhalten. Im Jahr 2003 wurde Bukit Lawang fast vollständig von einer Flut zerstört. Bei der Katastrophe am Bohorok-Fluss kamen mehr als 200 Menschen ums Leben. Yansen erzählt, dass es einige Jahre gedauert hat, das Dorf und vor allem auch die vielen Gästehäuser wieder aufzubauen. Noch schwieriger sei es gewesen, das Vertrauen der Touristen wiederzugewinnen, sagt er. „Viele glaubten noch Jahre nach der Flut, es gäbe hier keine Unterkünfte.“

Dabei würden die Einheimischen die Besucher sogar in ihre Privathäuser einladen. „Wir tun alles, um Bukit Lawang wieder lebendig zu machen“, erzählt der Guide. Das ist den freundlichen Dorfbewohnern bereits gelungen. In dem Ort wartet eine Auswahl an Gästehäusern und Restaurants auf die Besucher. Viele Männer des Dorfes bieten ihre Dienste als Trekking-Guide an. Es gibt kleine Kioske, Internetcafés und Souvenir-Shops. Abends erklingt in Bukit Lawang häufig Gitarren-Musik und während die ungewohnten Urwaldgeräusche bis ins Dorf dringen, erzählen die Guides Geschichten aus dem Dschungel.

Infos zu Sumatra

Anreise
Von Frankfurt mit Singapore Airlines oder Malaysia Airlines nach Medan. Von dort geht es mit dem Taxi weiter nach Bukit Lawang, Kosten rund 20 Euro. Bukit Lawang ist der Ausgangspunkt für die Wanderungen in den Gunung Leuser Nationalpark.

Unterkunft
Die Gästehäuser sind größtenteils einfach eingerichtet ohne Warmwasser und Klimaanlage. Eine gute Küche und Kontakt zu Dschungel-Guides gibt es im Restaurant Bukit Lawang Indah, dort können auch einfache Zimmer gemietet werden, www.sumatra-indonesia.com/bukitlawangindah.htm. Bevor man eine Tour bucht, sollte man den Guide kennen lernen und seine Englischkenntnisse prüfen. Eine eintägige Wanderung kostet 25 Euro, zwei Tage 50 Euro.

Veranstalter
Das Unternehmen Sumatra EcoTravel bietet Rundum-Pakete an, die Transport, Unterkunft und Dschungel-Trekking beinhalten.
www.sumatra-ecotravel.com

Auskunft
www.sumatranorangutan.org