Auf diesem von World Monuments Fund (WMF)zur Verfügung gestellten Bild fotografieren Archäologen Ruinen der indigenen Chachapoya-Kultur am Nationalpark Rio Abiseo. Foto: Heinz Plenge Pardo/World Monuments Fund/dpa
Die Ruinen liegen in einem unzugänglichen Gebiet an den Hängen der Anden. Archäologen hoffen auf neue Erkenntnisse über das rätselhafte Volk der Chachapoya.
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Forscher haben in den Nebelwäldern an der Ostflanke der peruanischen Anden mehr als 100 archäologische Strukturen der indigenen Chachapoya-Kultur entdeckt. Bislang waren in dem Komplex Gran Pajatén im Nationalpark Río Abiseo erst 26 Ruinen bekannt. Die neuen Funde seien ein Meilenstein für das Verständnis der Chachapoya-Kultur, hat die Organisation World Monuments Fund (WMF) jetzt mitgeteilt.
Zu den nun freigelegten Ruinen gehören rituelle Stätten, die mit Mosaiken und Friesen dekoriert sind. Dabei kam die Lidar-Technologie zum Einsatz, eine dem Radar verwandte Methode, die in etwa einem dreidimensionalen Laserscanning entspricht. Bei diesem Verfahren wird die Erdoberfläche mit Laserstrahlen gescannt und eine dreidimensionale Karte der Region erstellt. Mithilfe dieser Technik wurden in dem schwer zugänglichen Gebiet nun die bisher unentdeckten Strukturen entdeckt.
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Die Entdeckung erweitert das Verständnis der indigenen Kultur grundlegend und wirft neue Fragen über die Rolle der Stätte in der Welt der Chachapoya auf. Foto: Heinz Plenge Pardo/World Monuments Fund/dpa Auf diesem von WMF zur Verfügung gestellten Bild ist ein Grabkomplex der Chachapoya-Kultur in Los Pinchudos zu sehen. Foto: Heinz Plenge Pardo/World Monumen Fund/dpa 1965 entdeckte der Archäologe Federico Kauffmann-Doig die Purunmachus (Alte Männer) genannten Lehmfiguren, Sarkophage der Chachapoya. Bis zu dreißig davon, etwa 60 bis 110 Zentimeter groß, stehen in engen Felsnischen der Anden. Sie stellen die Verbindung zu den Ahnen dar. Foto: Imago/Imagebroker Die Sarkophage von Karajia: In den 1990er Jahren wurde im Nordosten Perus, in der Nähe des Kondorsees, eine größere Begräbnisstätte mit mumifizierten Leichen gefunden. In diesen und früher entdeckten Gräbern der Chachapoya waren die Toten, die vorher nach Chachapoya-Art begraben waren, nach Inka-Art neu bestattet worden. Foto: Imago/Imagebroker
„Diese Entdeckung erweitert unser Verständnis von Gran Pajatén grundlegend und wirft neue Fragen über die Rolle der Stätte in der Welt der Chachapoya auf“, sagt der WMF-Vertreter in Peru, Juan Pablo de la Puente Brunke. „Die Beweise bestätigen nun, dass es sich nicht um einen isolierten Komplex handelt, sondern um einen Teil eines zusammenhängenden Netzwerks prähispanischer Siedlungen aus verschiedenen Epochen.“
Die Chachapoya siedelten zwischen dem 6. und 16. Jahrhundert an den Hängen der nordöstlichen Anden in einer Höhe zwischen 2000 und 3200 Metern. Die „Wolkenmenschen“ oder „Nebelkrieger“, wie sie von den Inka genannt wurden, bauten hoch entwickelte urbane Zentren, zeremonielle Plattformen, Felsengräber und landwirtschaftliche Terrassen. Lange widersetzten sie sich den Inkas, wurden aber schließlich kurz vor der Ankunft der Spanier unterworfen.
21 Meter hohe Mauern: Die ältesten Datierungen von Kuélap stammen aus dem frühen 6. Jahrhundert. Foto: Imago/DesignPics Vermutlich waren die Chachapoya in einem losen Staatenverbund organisiert. Erst die Inka unterwarfen sie um 1475 n. Chr.. Foto: Imago/Design Pics Schmaler Zugang nach Kuélap: Damals müssen die Chachapoya noch etwa 500.000 Menschen gezählt haben. Ein großer Teil der Bevölkerung wurde von den Inka deportiert, teilweise bis in ihre Hauptstadt Cusco. Foto: Imago/Danita Delimont Kuélap ist eine ehemalige Festung der Chachapoya und ein gleichnamiges Dorf in den nordperuanischen Anden. Kuélap liegt hoch über dem Flusstal des Río Utcubamba in der Nähe der Stadt Chachapoyas in der Provinz Luya. Foto: Imago/Danita Delimont Die Festung steht auf einem Bergrücken und beherbergte auf ihren drei Ebenen rund 450 Häuser. Archäologen sind sich nicht einig, ob es sich bei der Festung um ein dauerhaft bewohntes Dorf handelte, oder sich die Bewohner der umliegenden Dörfer nur im Notfall dorthin zurückzogen. Foto: Imago/Panthermedia Die Festung wurde von den Chachapoya erbaut. Sie wurde im Jahre 1843 von Don Juan Crisóstomo Nieto, einem Richter aus Chachapoyas, wiederentdeckt. Foto: Imago/Pond5 Images Der Ruinenkomplex ist in der Nord-Süd-Ausdehnung 580 Meter lang. Die größte Breite in Ost-West-Richtung beträgt 110 Meter. An den Stellen, an denen es nicht ohnehin bereits einen sehr steilen Abhang gibt, ist Kuélap mit einer bis zu 21 Meter hohen Mauer gesichert. Foto: Imago/Pond5 Images Der Eintritt ist nur über einen der drei hohen, aber extrem schmalen, Eingänge möglich, durch die, aus strategischen Gründen, immer nur eine Person gelangen kann. Foto: Imago/Pond5 Images
Nur wenige Touristen verirren sich in diese Gegend, die von den Peruanern „Augenbraue des Amazonas“ genannt wird. Dabei verbirgt sich 70 Kilometer von Chachapoyas entfernt an der Ostflanke der Anden eine der spektakulärsten und doch weitgehend unbekannten archäologischen Stätten Südamerikas: die altperuanische Festungsstadt Kuélap, die keinen Vergleich mit der Inkafestung Machu Picchu zu scheuen braucht, aber wegen der schwer zugänglichen Lage weit weniger besucht wird.
Kuélap ist älter und größer als die berühmte Inka-Stadt hoch über dem Tal des Rio Urubamba. Die Anlage macht einen atemlos. Nicht nur, weil sie so spektakulär ist, sondern auch, weil sie auf einer 3100 Meter hohen Bergkuppe über dem Utcubamba-Tal thront, die man teilwesie zu Fuß besteigen muss.
Karajia ist ein im Distrikt Luya in der Provinz Luya gelegenes Dorf und eine nach diesem Ort benannte Begräbnisstätte der Chachapoya-Kultur. Foto: Imago/Danita Delimont An einer Felswand, die sich etwa 300 Meter unterhalb des Dorfes befindet, sind auf halber Höhe mehrere Felsgräber zu sehen. In diesen wurden vermutlich Fürsten der Chachapoya bestattet. Foto: Imago/Design Pics Die in Hockstellung befindlichen, durch die gleich bleibenden Temperaturen gut erhaltenen Mumien blickten in ihren Sarkophagen ursprünglich gen Osten und damit in Richtung Sonnenaufgang, vermutlich weil die aufgehende Sonne Symbol für das Leben und infolge auch für das Leben nach dem Tod war. Foto: Imago/Imagebroker Die Sarkophage waren aus Lehm und Stroh modelliert. Einige der Figuren waren während verschiedener Erdbeben in die Tiefe gestürzt. Foto: Imago/Imagebroker
20 Meter hohe Außenmauer schützte die Festung
Wolkenfetzen und Nebelschwaden ziehen über die Stadtruine, die 580 Meter lang und 120 Meter breit ist, eingefasst von einer bis zu 21 Meter hohen Außenmauer aus polierten Kalk- und Sandsteinen. Nur drei extrem schmale und gut zu verteidigende tunnelartige Eingänge führen ins Innere.
450 Ruinen von Rundhäusern sind in der Stadt zu finden, die auf zwei Ebenen erbaut wurde. Darunter sind Wohnstätten, öffentliche Gebäude und religiöse Plätze. Den Inka-Kriegern gelang es erst um 1475 die Anlage einzunehmen und das Volk der Chachapoya zu unterwerfen. Heute haben Urwaldbäume, Wurzeln und Bromelien Teile der Anlage erobert, was ihren mystischen Eindruck noch verstärkt.
Im Dorf Leymebamba sind in einem Gebäude, das heute als Museum dient, zahlreiche Fundstücke wie Mumien, Grabbeigaben und Sarkophage ausgestellt. Foto: Imago/Dreamstime Leymebamba ist Ausgangspunkt von Reisen zum Kondorsee, wo über 200 Mumien gefunden wurden. Foto: Imago/Christian Offenberg
Diese und weitere Funde der Chachapoya-Kultur sind seit dem Jahr 2000 im neuen Museum in Leymebamba zu sehen. Foto: Imago/Christian Offenberg Die Chachapoya wurden von dem spanischen Chronisten Pedro de Cieza de León als die „weißesten und schönsten Indianer Perus“ beschrieben. Foto: Imago/Pond5 Images Es werden unterschiedliche Regionen Lateinamerikas als Herkunftsgebiet der Chachapoya vermutet: Mittelamerika, Nordkolumbien, die peruanische Pazifikküste, das zentrale Andenhochland und das Tiefland Amazoniens. Foto: Imago/Depositphotos
Mächtige Reiche vor den Inkas
Die beeindruckende Gebirgskulisse der Anden lässt nur wenig von den Kulturen ahnen, die an diesen hoch gelegenen Hängen und Ebenen vor vielen Jahrhunderten versanken und heute nur zögernd ihre Geheimnisse preisgeben.
Doch immer wieder stoßen moderne Forschungsreisende auf Hinweise, dass schon lange vor den legendären Inka, deren Herrschaft im 13. Jahrhundert begann und im 15. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte, mächtige Reiche das unwegsame Gebiet im Westen Südamerikas zwischen dem Norden des heutigen Ecuador und Mittelchile beherrschten.
Einige Archäologen sehen in den Chachapoya eine Mischkultur, die sich an einem bedeutenden Handelsknotenpunkt zwischen dem Amazonasgebiet und den Anden aus alten lokalen Wurzeln und einer Reihe von unterschiedlichen Einflüssen und Zuwanderungen aus verschiedenen Regionen und zu verschiedenen Zeiten entwickelte. Foto: Imago/Pond5 Images Der deutsche Kulturwissenschaftler Hans Giffhorn vertritt die umstrittene These, dass die Chachapoya eng mit den Kelten oder Karthagern verwandt seien und möglicherweise von einer präkolumbianischen Einwanderung europäischer Seefahrer abstammen. Foto: Imago/Pond5 Images
Das regenreiche und von fast ständigem Nebel bedeckte Hügelland, das heute praktisch menschenleer ist, muss vor mehr als 500 Jahren eine zahlreiche Menschen eine Heimstatt geboten haben. Die in wohl generationenlanger Arbeit angelegten Terrassen an den Bergen weisen auf eine intensive Landwirtschaft hin. Die Wissenschaftler haben noch nicht eindeutig klären können, warum die hier einst lebenden Menschen verschwanden.
Diese Theorie stützt sich auf genetische Analysen sowie kulturelle und architektonische Parallelen zwischen den Chachapoya und keltischen Kulturen. Foto: Imago/Imagebroker Allerdings ist diese Hypothese in der wissenschaftlichen Gemeinschaft höchst umstritten. Foto: Imago/Imagebroker
Niedergang durch „große Pest“ oder Umweltzerstörung?
In der nächstgelegenen Ortschaft Pataz, deren rund 5000 Einwohner noch einige wenige Worte der sonst ausgestorbenen Chachapoya-Sprache verwenden, sprechen die Alten von einer „großen Pest“, welche die Bevölkerung der Ruinenstätten dahingerafft hätte. Für wahrscheinlicher wird von Archäologen die Theorie gehalten, dass dieses Reich an den von ihm selbst verursachten Umweltzerstörungen zugrunde ging.
Nach der Eroberung durch die Inkas schlossen sich die Reste des Volkes Jahrzehnte später mit den spanischen Konquistadoren gegen die Inka zusammen. Foto: Imago/Pond5 Images 17 Jahre nach dem Eintreffen der Spanier im Jahr 1549 war die Gesamtbevölkerung der Chachapoya durch Masern und Pocken auf weniger als 90.000 gesunken. Kurz darauf starben auch die Übrigen weitgehend aus. Foto: Imago/Imagebroker
Seine Menschen, die vermutlich aus dem Hochland in den Urwald gezogen waren, begannen mit der Rodung, um Felder zu bestellen. Wegen der schnellen Erschöpfung des wenig fruchtbaren und dünnen Urwaldbodens mussten sie für ihren Ackerbau immer neue Flächen kahl schlagen.
Nach etwa 400 Jahren, etwa zur Ankunft der Spanier, war möglicherweise das gesamte Gebiet entwaldet und unfruchtbar geworden. Die Menschen mussten abziehen und der Urwald rückte wieder nach, so lautet eine der Theorien.