Annäherung an die Fans: VfB-Profis Kostic, Tyton, Gentner (v. li.) Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart muss mit einem engagierten Auftritt gegen Werder Bremen die desillusionierten Fans wieder hinter sich bringen. Die 0:4-Pleite gegen Augsburg wirkt noch nach.

Stuttgart - Der Grundton ist ruhig und gleichmäßig, doch keine Angst: Einschlafgefahr besteht nicht, da baut Jürgen Kramny schon vor. Zwei-, dreimal hebt der Interimstrainer die Stimme, betont einzelne Wörter, akzentuiert seine Rede – und klopft auch schon mal energisch mit dem Fingerknöchel auf den Tisch, wenn ihm ein Satz besonders wichtig ist. Zum Beispiel: „Wir haben nur eine Chance, die Zuschauer hinter uns zu bringen – durch Leistung, durch Mentalität, Aggressivität und Emotionalität.“ Peng, das sitzt – Worte wie Peitschenhiebe! Willkommen zur Mannschaftssitzung beim VfB.

Mannschaftssitzung? Nein, es ist nur die Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen an diesem Sonntag (15.30 Uhr/Sky), doch Kramny lässt keine Zweifel: Er will gewinnen – das Spiel und die Herzen der Fans. „Die Mannschaft hat eine brutale Verantwortung“, sagt er. Sportlich – und was das Verhältnis zur zahlenden Kundschaft angeht, das beim 0:4 gegen Augsburg deutliche Risse bekommen hat. „Das Vertrauen der Fans ist zurzeit einfach nicht da, weder in die sportliche Führung noch in die Mannschaft“, sagt Joachim Schmid, der als Vorsitzender des Fanclubs Rot-Weiße Schwaben Berkheim im Fanausschuss des VfB sitzt.

„Oh, wie ist das schön“, sang die Galerie beim Spiel gegen Augsburg – eine zynische Reaktion auf den desolaten Auftritt des VfB. Am Montag danach war Robin Dutt bei der turnusmäßigen Sitzung des Fanausschusses, dabei waren sich alle einig: So ein Auftritt darf nicht wieder vorkommen. „Die Diskussion war kritisch, aber sachlich“, sagt der Sportvorstand, „gegen Bremen wird es wichtig sein, gut ins Spiel zu kommen, um die Zuschauer schnell wieder hinter uns zu bringen.“ Sonntag – Tag der Versöhnung?

„Wir erwarten, dass sich die Mannschaft am Riemen reißt“

„Es gibt keinen generellen Bruch zwischen Fans und Mannschaft“, erklärt Joachim Schmid, die Pfiffe und Hohngesänge gegen Augsburg seien vielmehr spontan gewesen: „Wir erwarten aber, dass sich die Mannschaft am Riemen reißt.“

Schmid geht davon aus, dass die Zuschauer wegen der Bedeutung des Kellerduells die Mannschaft von Beginn an unterstützen. „Nimmt das Spiel aber einen ähnlichen Verlauf wie gegen den FC Augsburg, dann wird es sicher noch früher Missfallensbekundungen geben“, ahnt er. Wobei die Mannschaft das Schlimmste ja gerade noch verhindert hat. Nach dem Spiel flüchteten die meisten Spieler in die Kabine. Christian Gentner, der Kapitän, holte sie zurück und verpflichtete sie zum Gang vor die Cannstatter Kurve. „Wir Fans waren verärgert, weil die Mannschaft gleich verschwunden ist. Wäre sie nicht wieder gekommen, wäre der Bruch viel größer gewesen“, sagt Joachim Schmid.

Die Mannschaft weiß um das angespannte Verhältnis, Trainer Kramny hat es unter der Woche auch thematisiert. „Wir werden schon vor dem Spiel ein Zeichen setzen“, sagt er. Die Spieler werden kurz den Kontakt zu den Zuschauern suchen, wobei das üblich ist vor dem Anpfiff. Den Unterschied soll diesmal das Auftreten in den 90 Minuten danach machen – wie es generell üblich sein sollte: Die Bereitschaft, alles für den Erfolg zu geben, muss auf den Rängen spür- und sichtbar sein. Dann klappt der Doppelpass mit dem Publikum. „Wir brauchen den Rückhalt von den Rängen, gerade in diesem wichtigen Spiel“, sagt Jürgen Kramny.

VfB-Fanbeauftragter Christian Schmidt lobt Unterstützung in Dortmund

Darauf setzt auch Christian Schmidt. „In Dortmund war die Unterstützung der Fans zu Beginn des Spiels wie immer sehr gut. Mit dieser Unterstützung rechnen wir auch am Sonntag“, sagt der Fanbeauftragte des VfB, „bisher war es meist so, dass die Fans bei wichtigen Spielen nicht versucht haben, ein Zeichen zu setzen.“ Allerdings räumt er ein: „Natürlich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass es so weiter läuft.“

Es liegt jetzt allein an der Mannschaft.