Störche im Bottwartal sind ein seltenes Phänomen. Die Ansiedlung eines brütenden Paares gilt als Ziel. Foto: dpa/Boris Roessler

Ungewöhnliche Beobachtung in Oberstenfeld. Experten hoffen schon lange auf eine Ansiedlung im Bottwartal.

Oberstenfeld - Barbara Hartmann staunte, als sie vor etwa einer Woche ein Storchenpaar auf der Oberstenfelder Stiftskirche übernachten sah. „Das hab ich in 58  Jahren noch nicht erlebt“, erzählt die Mesnerin, die sich beim örtlichen Naturschutzbund (Nabu) engagiert und gewohnt ist, Vögel zu beobachten. Im Bottwartal wartet man schon seit Jahrzehnten darauf, dass sich Meister Adebar ansiedelt. Doch es gibt ein Nahrungsproblem – und das wird durch die aktuelle Kälte verschärft.

Das Storchenpaar blieb nur eine Nacht. Es frühstückte laut Barbara Hartmann am Morgen gegen 8.30 Uhr in den Feuchtwiesen der Bottwar und ward seitdem nicht mehr gesehen. Für den Ornithologen Claus König ein normales Verhalten: „Sie fliegen umher, sondieren, schauen, wo es passen könnte, um zu brüten.“ Das Bottwartal hält König für nicht geeignet: „Es werden zu viele Biozide eingesetzt. Deshalb ist das Nahrungsangebot zu niedrig.“ Es fehle vor allem an Insekten und Mäusen. Das sei auch in anderen EU-Ländern ein Problem. „In Spanien suchen Störche auf Müllplätzen nach Nahrung.“

Die aktuelle Kälte ist für die Stelzvögel offenbar ein Problem, so König. Zwar könnten Störche den Minusgraden trotzen und kämen erst bei dauerhaften Temperaturen unter minus 10 Grad in Kalamitäten – doch falle es ihnen natürlich schwerer, Futtertiere wie zum Beispiel Schnecken oder Regenwürmer zu finden. „Sie suchen dann an Flüssen und erbeuten manchmal Fische.“ Menschen könnten den Störchen nicht helfen.

Bei dem jetzt in Oberstenfeld gesichteten Storchenpaar handele es sich nicht um rückkehrende Zugvögel aus Afrika, ist sich Claus König sicher. „Diese Tiere kommen erst im Laufe des März hier an“, erklärt der mittlerweile 87-jährige ehemalige Direktor des Naturkundemuseums Stuttgart. Wahrscheinlicher sei, dass es sich um Störche handele, die von Tieren abstammten, die einmal aus Zoos oder vergleichbaren Einrichtungen ausgesetzt wurden, um die heimische Population zu steigern. „Diesen Störchen fehlt der Zugtrieb.“ Ein Weibchen habe einige Jahre lang in der Pleidelsheimer Neckaraue gelebt und dort auf einem etwa sechs Meter hohen Baumstumpf gebrütet. „Leider kam das Tier an einem Strommast ums Leben.“ Er hoffe, dass sich dort eine neue Brut bilde.

Brütende Störche im Bottwartal sind das große Ziel von Dieter Fischer. Der langjährige Miteigentümer des Freizeitparks Tripsdrill hat vor zehn Jahren vier Horste auf Großbottwarer Gemarkung angelegt, unter anderem auf dem Rathaus. Fischer, dem die Ansiedlung von Wildstörchen in Tripsdrill gelang, hält das Heimischwerden von zwei Storchenpaaren im Bottwartal für möglich. „Es gibt genügend Wiesen mit Mäusen – man braucht einfach Geduld“, sagt er und denkt, dass auch durch Pfützen der Wasserbüffel an der Bottwar Lebensräume entstehen.

Einen kleinen Erfolg verbuchte das Blühende Barock in Ludwigsburg vor etwa drei Jahren, als ein Storchenpaar auf der Voliere brütete. Dort sind drei Störche der Flugwarte Radolfzell untergebracht. Die Tiere hatten sich zuvor an Stromleitungen verletzt. „Wir haben das Brüten nicht groß bekannt gegeben, damit die brütenden Störche nicht gestört werden“, erklärt Volker Kugel, Geschäftsführer des Blühenden Barock. Tatsächlich habe man die Störche mit Eintagsküken angelockt und gefüttert. So hätten auch die beiden Jungtiere Nahrung erhalten. Fast wäre es im vorigen Jahr im Blühenden Barock zu einer Neuauflage eines Storchenbesuchs gekommen. „Ein Paar bezog auf einem abgestorbenen Baum beim Karussell Quartier, flog aber nach ein, zwei Tagen wieder weg, was wir natürlich schade fanden“, sagt Volker Kugel.

Frieren müssen die drei untergebrachten Störche übrigens nicht, versichert der BlüBa-Chef. „Wir haben vor wenigen Jahren ein großes Überwinterungshaus gebaut.“ Außerdem gebe es auch in der etwa 160  Meter langen Voliere mit See ein kleines Häuschen als Rückzugsmöglichkeit.