Auf dem Murrer Friedhof sind schon mehrfach Gieskannen geklaut worden. Foto: photolink - Fotolia

Wie es wohl ist, daheim mit Diebesgut zu hantieren? Ein Plädoyer fürs gute Gewissen...

Murr - Achtung, dieser Text ist kein Aufruf, in Zeiten von Dürre und Corona in die Beschaffungskriminalität einzusteigen. Anlass, über Gießkannen zu schreiben, ist die nüchterne Feststellung im Murrer Gemeinderat, dass diese zugegebenermaßen nützlichen Gegenstände von den Friedhöfen verschwinden. Dem CDU-Rat Giorgio Monteleone fiel das Phänomen neben anderen Unzulänglichkeiten wie etwa lockeren Grabsteinen oder beschädigten Trittsteinen auf – und das brachte er am Ende der Ratssitzung zur Sprache, kurz nachdem Fraktionskollege Markus Kaiser dem frisch wiedergewählten Ortsoberhaupt Torsten Bartzsch ein Weinpräsent überreicht hatte.

Monteleone selbst war es fast ein bisschen peinlich, kurz nach einer Gratulation zum Thema Friedhof überzugehen, doch merkte die Ratsrunde einigermaßen verblüfft auf, als er vom Gießkannen-Diebstahl erzählte und davon, dass auf einigen verbliebenen Kannen die Aufsätze fehlten. Und Schultes Bartzsch bestätigte: „Der Bauhof hat die Gießkannen erst neu besorgt.“ Wo sie geblieben seien, stelle nach Aussage von Bauhof-Leiter Markus Lischka ein Rätsel dar. „Echt traurig“, konstatierte der Bürgermeister, es gebe jedes Jahr einen Schwund.

Über das Motiv der Täter wurde in der Sitzung nicht weiter gemutmaßt. Könnte die aktuelle Trockenheit eine Art Notsituation darstellen – was sich möglicherweise strafmildernd auswirken würde? Eine gewagte Hypothese... Gießkannen gibt es in jedem Baumarkt. Eine Zehn-Liter-Kanne aus Plastik ist im Handel schon ab etwa vier Euro zu haben. Sind die Wasserspender vom Friedhof schöner? Vielleicht, es ist ja auch immer eine Frage des Geschmacks – Plastik ist nicht jedermanns Sache. Vermutlich wirken die Aufsätze der Murrer Friedhof-Gießkannen besonders ästhetisch. Das würde erklären, warum sie fehlen und die dazugehörigen Behälter auf dem Friedhof stehen gelassen werden.

Der Kern des Problems liegt aber doch wohl beim Täter. Denn wie mag es sich anfühlen, das Blumenbeet im eigenen Garten mit einem geklauten Gegenstand vom Friedhof zu wässern? Stille Schadenfreude darüber, dass Trauernde keine Kanne vorfinden? Gut fürs Karma ist das bestimmt nicht. Eine Kollegin erwähnte, dass sie für das Grab ihres Vaters einmal einen schönen Stein und eine Rose gekauft habe. Beides war dann auch weg. Wer so etwas macht? Keine Ahnung, aber: Ein gutes Gewissen löst so etwas nicht aus.