Was für eine Farbenpracht. Foto: Werner Kuhnle

Ein buntes Reich an Kübelpflanzen gedeiht in der Gärtnerei Fleischle: Margeriten, Jasmin, Edelpellargonien und –geranien sowie üppig blühende Bougainvilleen und bald auch die Dipladenia werden dort für den Verkauf gezüchtet.

So schön haben wir es das ganze Jahr über nicht mehr“, schwärmt Hans Fleischle vom derzeitigen Ambiente in seinen Gewächshäusern im Murrer Ried. Wie eine Armee blühender Zinnsoldaten stehen die Pflanzen in Reih und Glied und scheinen frohgemut den Betrachter im Vorbeigehen zu grüßen. Etwa die Jasmin-Solanum-Säulen. Mit bis zu zwei Metern Höhe bilden die stolzen Gebilde ein schwindelerregendes Meer an weißen Blüten. Von der Decke herab tun es ihnen die Hängeampeln gleich. Wie ein Blütenhimmel erscheint ihr schwebendes Dasein. Der Besucherblick fällt auch auf die sogenannten „Bayern-Enziane“: zierliche Hochstämmchen mit einer blau-weiß gemischten Blütenvielfalt, die farblich an den Freistaat Bayern erinnert. Mediterran wird es im Gewächshaus der Bougainvilleen: die tropischen Klettersträucher aus der Familie der Wunderblumengewächse bezirzen das Auge mit kraftvollen Farben: ein strahlendes Violett, ein knalliges Orange oder ein jungfräuliches Weiß, das sich mit einem zarten Pink anmutig vereint. Margeriten in diversen Sorten zeigen sich dagegen etwas verhalten. Sie geizen derzeit noch mit ihrer Pracht. Der Knospenreichtum jedoch lässt erahnen, was an Verheißungsvollem zu erwarten ist. Die Farbenpracht in den gläsernen Treibhäusern wird durch das einfallende Sonnenlicht an diesem frühlingswarmen Nachmittag noch intensiviert.

Die blühenden Kübelpflanzen der Gärtnerei Fleischle warten derzeit auf Blumenliebhaber in ganz Deutschland, aber auch auf jene in Österreich, Frankreich oder der Schweiz. „Wir sind die einzigen in Deutschland, die dieses Sortiment anbieten“, sagt Inhaber Hans Fleischle und lässt den Stolz darüber erkennen, dass seine Produktion mit einem Alleinstellungsmerkmal ausgestattet ist: „Als Stämme gibt es diese Pflanzen sonst nur von den Italienern und Spaniern zu kaufen.“ Und ab dem kommenden Jahr gibt es eine weitere Spezialität in Murr: die Dipladenia, die bei den Kunden immer beliebter wird. „Auch die macht bisher kein anderer in Deutschland.“

Ein Gefühl der Ehrfurcht dürfte in jedem hochkriechen, der den Blick über die Anlage schweifen lässt, die sich auf zwei Hektar Glasfläche verteilt. Zehn verschiedene Kulturräume stehen den Pflanzen zur Verfügung: Doch nicht nur die Schönheit ist überwältigend, auch die immense Arbeit, die dahinter steckt. Es gibt viel zu tun, bis nach rund zwei Jahren Kulturdauer – also vom Steckling über die Jungpflanze hin zu einem stolzen Gewächs – Stämme, Büsche, Säulen oder Hängeampeln zum Verkauf bereit stehen. Die ganze Familie ist dabei gefordert. Der Nachwuchs etwa hilft Bohnenblätter auf die Krone der Pflanzen zu legen. Auf ihnen sitzen Raubmilben; natürliche Fressfeinde der Spinnmilbe. Sie sorgen dafür, dass die Schädlinge beim Jasmin schlichtweg vertilgt werden. Jede Pflanze erhält so im Bedarfsfall ihre individuelle Behandlung, also den nötigen Gegenspieler – ohne Chemie: Manchmal braucht es dazu Schlupfwespen, die ihre Eier in die Larven der Schädlinge legen. Und Einfallsreichtum braucht es auch: Hans Fleischle hat beispielsweise ein spezielles System für die Blumenampeln kreiert. Mithilfe von Stahlrohren und Profilen verhilft er den Pflanzen dazu, dass sie von der Decke herab und mit viel Platz „in Form wachsen können“. Außerdem werden die Ampeln mit einem Einzeltropfbewässerungssystem von oben frisch gehalten. Wasser spielt eine erhebliche Rolle in der Gärtnerei, die mit Erfolg ein Bevorratungs- und Rücklaufbecken nutzt und so auch die Düngemittel wieder rückgewinnt. Im Außenbereich befindet sich der extra dafür angelegte Teich mit der Fläche und der Tiefe eines Freibad-Schwimmerbeckens, der das Regenwasser auffängt. „Dadurch ist die Wasserqualität viel besser“, so Fleischle, der früher rund 7000 Kubikmeter Wasser pro Jahr aus der öffentlichen Wasserversorgung benötigt hat.

Bei all dem Aufwand ist es nicht verwunderlich, dass Hans Fleischle in den letzten Tagen das Herz in die Hosen gerutscht ist: Denn das allgegenwärtige Coronavirus bedroht derzeit auch die Bemühungen des Großgärtners. „Es wurden viele Aufträge storniert.“ Und was seine französischen Kunden betrifft, da befürchtete der Unternehmer noch vor Tagen: „Dieser Markt bricht komplett für uns weg.“ Doch allmählich fasst Fleischle wieder Mut. Vereinzelt gehen Aufträge ein. Ein erster auch aus Frankreich. Der Mann hofft darauf, dass die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen dazu führen, dass sich „die Menschen ihr Zuhause besonders schön gestalten und Balkon, Terrasse, Garten oder den Eingangsbereich mit Kübelpflanzen verschönen“. Fleischle blickt den Tatsachen ernst ins Auge: „Wird die Ware nicht abgenommen, wäre das ein enormer Schaden für uns, denn wir machen in den Monaten März bis Mai rund 95 Prozent unseres Umsatzes.“ Der Blick auf den Warenausgang erhellt die Miene des Unternehmers: Dort stehen Waren-Container mit Pflanzen bereit, die nach Berlin gehen. Fleischle beliefert Garten-Center und Gärtnereien. Die Nachfrage jedoch steuern die privaten Kunden. Die ganze Belegschaft hofft nun auf eine längere Saison, die bis in den Juli hinein führt, „weil die Leute ja nicht wegfahren können. Blumen bringen schließlich Glück und Freude.“ In der Gärtnerei werden derzeit einzelne Pflanzengattungen kräftig zurückgeschnitten. „Damit sie erst in zwei Monaten wunderschön blühen.“