Kilometer, Grenzen, sogar Kontinente: Wenn der Partner im Ausland lebt, kann einen vieles trennen. Aktuell kommt noch die Corona-Krise hinzu. Die trifft besonders Unverheiratete. Hat sich ihre Lage inzwischen verbessert?
Berlin - Auch einen Monat nach Lockerung der deutschen Einreiseregeln für unverheiratete Paare in der Corona-Pandemie stehen Betroffene vor vielen Problemen. „Die Anfragen haben sogar zugenommen“, resümiert Carmen Colinas vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Es geht um Paare, bei denen ein Partner - der keine deutsche Staatsbürgerschaft hat - in einem Nicht-EU-Staat wohnt, der andere in Deutschland.
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Wer den Liebsten oder die Liebste trotz Reisebeschränkungen treffen will, muss nachweisen, dass das Paar sich schon einmal in Deutschland getroffen oder im Ausland zusammengelebt hat. „Darunter fallen nicht alle Paare“, sagt Colinas. Hinzu kommen die üblichen Hürden, die in der Corona-Krise noch einmal gewachsen sind. So braucht es für Bürger vieler Staaten ein Visum zur Einreise nach Deutschland. Wer das haben will, benötigt Geduld: Wegen der Einschränkungen des öffentlichen Lebens könnten einige Visastellen im Ausland „nur erheblich eingeschränkt oder im Notbetrieb“ arbeiten, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.
Einreise braucht wichtigen Grund
„Vielerorts bestehen weiter Ausgangssperren und andere Bewegungsbeschränkungen, die Antragstellende und Beschäftigte unserer Auslandsvertretungen gleichermaßen betreffen“, erklärte das Amt. Zudem schränkten Vorsichtsmaßnahmen gegen das Coronavirus wie Abstandsregeln oder Schichtarbeit die Kapazitäten weiter ein. „Das Auswärtige Amt und seine Visastellen arbeiten mit Hochdruck daran, dass von der Ausnahme von den Einreisebeschränkungen umfasste unverheiratete Partnerinnen und Partner möglichst schnell ein Visum zur Einreise nach Deutschland erhalten.“
Wenn das Herkunftsland des Partners oder der Partnerin auf der sogenannten Positivliste steht, weil es dort nach Einschätzung der Bundesregierung relativ wenige Infektionen gibt, gibt es zumindest keine zusätzlichen Corona-Hindernisse.
Wer hingegen aus einem Staat kommt, der nicht auf der Positivliste steht, muss für die Einreise einen wichtigen Grund haben. Solche Menschen haben laut Colinas, deren Verband viele Beratungsanfragen bekommt, allerdings Schwierigkeiten, einen Termin für ein Visum zu bekommen. Denn ein Besuch beim Partner steht nicht auf der Liste von Fällen, bei denen die Bundesregierung eine „zwingende Notwendigkeit“ sieht.
Die deutsche Regelung sei zudem nicht überall bekannt, sagt Colinas. „Auch nicht unter den Grenzbeamten.“ Es gebe wenige Direktflüge und so könnten Betroffene auch beim Umstieg in einem anderen Land aufgehalten werden.
Eigentlich hatte Seehofer einheitliche EU-Regel im Sinn
In ihrer Not würden die Betroffenen kreativ, berichtet Colinas. Ihr Verband bekomme auch Anfragen nach alternativen Weg zu dem oder der Liebsten in Deutschland: zur Heirat in einem anderen Staat, zur Einreise mit einem Visum als Student oder Fachkraft.
Auch wer es einmal geschafft hat, müsste nach geltenden Regeln in manchen Fällen erst einmal Abstand halten: Schließlich müssen Reisende aus Risikogebieten zunächst in Quarantäne, falls sie keinen negativen Corona-Test vorweisen können.
Ursprünglich hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine einheitliche EU-Lösung im Sinn. Davon sind die 27 Staaten allerdings weit entfernt. Vielmehr stellt jedes Land eigene Regeln für die betroffenen Paare auf. Ausnahmen wie in Deutschland gibt es beispielsweise in Österreich und Dänemark. Deutschland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat die anderen Länder in einem Fragebogen unter anderem zu ihrem Vorgehen bei diesem Thema befragt. Womöglich wird auch die EU-Kommission noch einmal eine Interpretationshilfe der aktuellen Empfehlungen vorlegen.
Aber bei manchen Liebenden klappt es ja auch mit dem Wiedersehen. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften bekomme auch positive Rückmeldungen, sagt Colinas. „Es ist halt in Beratungsstellen so, dass wir weniger von guten Ausgängen erfahren, da die Menschen sich dann nicht mehr bei uns melden. Sie rufen uns an oder schreiben uns, wenn es Probleme gibt.“