Pakistans neuer Premierminister Imran Khan (links) bei seiner Vereidigung am Samstag, rechts der Staatspräsident Mamnoon Hussein Foto: AP

Imran Khan, der neue Premier in Pakistan, muss nach dem Amtsantritt große Versprechen umsetzen. Bei den Nato-Partnern reift unterdessen eine neue Erkenntnis.

Islamabad - Der elegante schwarze Sherwani – ein hochgeschlossener Anzug mit Stehkragen – des neuen Premierministers von Pakistan, Imran Khan, war bei seiner Vereidigung im Parlament zu groß geraten. Dann verhaspelte sich der frühere Kricket-Star und Lebemann auch noch beim Ablesen des Eids und bewältigte nur mit nachdrücklicher Nachhilfe durch Präsident Mamnoon Hussain ein paar schwierige Worte in der Landessprache Urdu. Am Ende standen dem von Gefühlen überwältigten 65-Jährigen die Tränen in den Augen.

22 Jahre lang hatte Imran Khan als Chef der von ihm gegründeten Partei PTI auf diesen Moment gewartet. Nun wurde er bei der erst dritten zivilen Regierungsübergabe in der 70-jährigen Geschichte des Landes nicht nur Premierminister. Seine PTI, die vier Millionen Stimmen mehr als die bisherige Regierungspartei „Pakistan Muslim League“ unter Führung des wegen Korruption verurteilten Nawaz Sharif erhielt, brach auch das Monopol, mit dem die beiden Parteien PPP des Bhutto-Clans und der PMLN von Sharif seit fast drei Jahrzehnten die Parlamentsmehrheit belegt hatten. „Ich bin nicht auf die Schultern eines Diktators geklettert. Ich habe diesen Platz nach 22-jährigem Kampf erreicht“, erklärte Imran Khan. „Unter mir wird strikte Rechenschaftspflicht gelten. Jeder, der dieses Land geplündert hat, wird zur Verantwortung herangezogen.“

Imran Khan hatte versprochen, die Korruption auszurotten

In nur drei Monaten, so hatte Imran Khan im Wahlkampf behauptet, würde er die Korruption ausrotten. Das sind vollmundige Sprüche eines Mannes, der keine Regierungserfahrung besitzt und dem Kritiker nachsagen, nicht nur der Anzug, sondern auch das Amt sei eine Nummer zu groß. Die Tageszeitung „The News“ in der Wirtschaftsmetropole Karachi machte deutlich, dass Imran Khan Gegenwind blüht. „Neue Regierung, alte Gesichter“, verkündete das Blatt angesichts der Kabinettsliste des als „Liebling der Generäle“ geltenden Regierungschefs.

Der Grund: Imran Khan, dessen verschleierte Ehefrau Bushra Imran sich erstmals der Öffentlichkeit zeigte, ernannte eine ganze Reihe von früheren Gefolgsleuten des Diktators Pervez Musharraf. Der General, der sich 1999 an die Macht putschte und von 2001 bis 2008 als selbst ernannter Präsident eine Doppelspiel bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors betrieb und die Wirtschaft Pakistans ruinierte, hatte während seiner Herrschaft die „Pakistanische Muslim League“ (PMLN) gespalten und den Abtrünnigen in der „PMLN“ eine neue Heimat besorgt. Die Gruppierung verhalf Khans bei der Wahl zum Premierminister im Parlament mit der MQM aus Karachi zu einer hauchdünnen Mehrheit.

Khan muss als erstes eine wirtschaftliche Krise bewältigen

Die Allianzpartner werden mit Argusaugen über ihre Pfründe wachen, während Imran Khan als erstes eine wirtschaftliche Krise bewältigen muss. Pakistan besitzt Währungsreserven von neun Milliarden US-Dollar – gerade genug für die Importe von zwei Monaten. Experten gehen davon aus, dass Khan bald einen Handel mit dem Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) über einen Kredit von zwölf Milliarden US-Dollar aushandeln muss.

Bei den Nato-Partnern der USA von Kanada bis Berlin, die vor allem das Problem Afghanistan umtreibt, reift angesichts des Debakels am Hindukusch die Erkenntnis, dass Milliarden von Hilfsgeldern für Kabul verschwendet waren. „Wir hätten Pakistans strategische Interessen in Afghanistan stärker berücksichtigen müssen“, sagt ein europäischer Diplomat, „dann wäre das Problem Taliban wahrscheinlich längst unter Kontrolle“. Nun hoffen Diplomaten auf einen Neuanfang unter der Prämisse.