Von Mittwoch an gilt die Impfpflicht fürs Pflegepersonal. Foto: dpa/Marijan Murat

Ein digitales Meldeportal des Landes löst viel Kritik aus. Die evangelische Heimstiftung verschickt Meldungen über Ungeimpfte ans Gesundheitsamt lieber mit der Post.

Die Evangelische Heimstiftung, mit fast 10 000 Mitarbeitern und 90 Einrichtungen größter Pflegeanbieter in Baden-Württemberg, hat heftige Kritik am digitalen Meldeportal des Landes Baden-Württemberg für die einrichtungsbezogene Impfpflicht geäußert. „Was uns ärgert, ist das katastrophale Meldeprozedere des Landes Baden-Württemberg“, sagte Bernhard Schneider, Geschäftsführer der Heimstiftung, unserer Zeitung. „Uns wurde ein digitales Portal mit einfachem Meldeverfahren angekündigt, stattdessen bekommen wir eine 14-seitige Handreiche, die die digitale Meldung erklären soll und eine weitere für die Anmeldung für ein Elster-Unternehmenskonto.“ Man habe den Eindruck, dass selbst in der Krise der Datenschutz wichtiger sei als der Gesundheitsschutz der Bewohnerinnen und Bewohner. „Wir kapitulieren vor dieser unfassbaren Bürokratie und werden dem Gesundheitsamt die Meldungen über ungeimpfte Mitarbeiter auf dem postalischen Weg übermitteln“, sagte Schneider.

 

Unmut über das Verfahren

Auch von der Caritas wird die Kritik übernommen. „Das Verfahren hat großen Unmut und Unverständnis bei vielen Einrichtungen ausgelöst, da man sich über das Steuererklärungsprogramm Elster registrieren muss“, sagte Caritas-Sprecherin Eva-Maria Bolay. Viele Einrichtungen hätten aber gar keine Steuernummer oder sie liege beim Träger oder werde durch Dritte wie einen Steuerberater verwaltet. Man warte auf eine „Rückmeldung“ des Sozialministeriums zu dem Problem, komme die nicht zeitig, werden viele Träger von Heimen oder Kliniken statt der elektronischen ausgedruckte Meldungen verschicken.

Nachbesserung ist möglich

Der Amtschef im Sozialministerium, Uwe Lahl, räumte auf Anfrage ein: „Das Verfahren ist kompliziert, das leugne ich nicht.“ Wenn die Einrichtungen es „partout nicht hinkriegen“, so Lahl, könnten sie die Meldungen per Post schicken, sie sollten dafür aber gute Gründe haben. Für die Gesundheitsämter bedeute der Postweg auch Mehrarbeit, die Bescheide könnten sich verzögern. In der Ausgestaltung des Meldeportals, das Mittwoch früh um 0.00 Uhr freigeschaltet werden soll, seien viele Datenschutzaspekte enthalten. Sollte es den Realitätscheck nicht bestehen, so Lahl, könnte über eine vereinfachte Variante nachgedacht werden. Noch bis Dienstag können sich ungeimpfte Mitarbeiter von Einrichtungen, die vulnerablen Gruppen versorgen, eine Erstimpfung holen, ohne dass ihnen Nachteile wie ein Betätigungsverbot drohen. „Der erste Pieks zählt, wer den hat, ist zunächst mal clean“, so Lahl. Von Mittwoch an müssen die Einrichtungen unverzüglich ungeimpftes Personal den Gesundheitsämtern melden, wobei es eine Toleranzfrist von bis zu 14 Tagen gibt.

Von einer Kündigungswelle ist nicht die Rede

Danach könnten die Ämter rasch mit Bußgeldern einschreiten, so Lahl. Von einem Run auf die Impfstellen wegen der nahenden Impfpflicht ist nicht die Rede. Aber auch von einer Kündigungswelle oder Abwanderungen ist nichts zu spüren. „Die Stunde der Wahrheit schlägt ab Mittwoch“, so Lahl.

Der Amtschef sagte, dass es einige Einrichtungen mit Totalimpfverweigerern im Land gebe, da agitierten die Heimleitungen gegen das Impfen. Das stelle für die Gesundheitsämter ein Problem dar. Sie müssten zwei Rechtskreise, die sich überschneiden, beachten: die Impfpflicht und die Sicherstellung des Pflegeauftrages. „Das sind gleichgewichtige Belange“, sagte Uwe Lahl.

Weiterarbeiten, wenn jemand unersetzlich ist

Gesundheitsämter können ungeimpfte Mitarbeiter weiterarbeiten lassen, wenn sie unersetzlich für den Betrieb sind. Allerdings könnten die Ämter auch Fristen setzen, in denen geimpftes finden ist: „Das können zwei bis vier Monate sein.“ Gesundheitsämter und Heimaufsicht könnten Hand in Hand arbeiten.