Das Cityplaza am Rotebühlplatz war eines der am teuersten verkauften Gebäude des Jahres. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

2016 wurde in Stuttgart bereits mehr als eine Milliarde Euro in Immobilien investiert. Allein die drei größten Abschlüsse belaufen sich auf eine Summer von rund 300 Millionen Euro. Beim Zuwachs an Büroflächen liegt die Stadt sogar an der deutschen Spitze.

Stuttgart - „Investitionen in Immobilien auf Rekordniveau“ und „Stuttgart beim Flächenumsatz in Deutschland führend“ – das sind Nachrichten aus der Immobilienbranche. Doch was steckt dahinter, und wer kauft Gebäude für mehr als 100 Millionen Euro?

Rund 1,1 Milliarden Euro wurden in den ersten drei Quartalen 2016 in der Stadt in Immobilien investiert. Damit bewegt sich Stuttgart erneut auf dem hohen Niveau des Vorjahres (insgesamt rund 1,7 Milliarden). Allein bei den drei größten Abschlüssen dieses Jahres wurden zusammengenommen rund 300 Millionen Euro bezahlt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um das Bürogebäude City-Gate am Arnulf-Klett-Platz (mehr als 110 Millionen Euro), das Telekom- Verwaltungszentrum in Bad Cannstatt (über 90 Millionen Euro) und das Cityplaza am Rotebühlplatz (mehr als 85 Millionen Euro).

„Es herrscht eine extrem hohe Nachfrage nach Immobilien“, erklärt Frank Leukhardt, einer der Geschäftsführer der Gewerbemakler von Colliers International in Stuttgart. Alternative Anlagemöglichkeiten seien aufgrund der niedrigen Zinsen kaum vorhanden, erklärt er. Durch die hohe Nachfrage steigen die Kaufpreise. Die Folge erklärt Alexander Veiel, der Leiter der Makler von Jones Lang Lasalle in Stuttgart: „Die Renditen sind gesunken.“ Was gut für die Verkäufer sei, wirke sich auf die Käufer negativ aus. Denn das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Mieteinnahmen hat sich verändert.

Von nationalen wie internationalen Investoren werden unterschiedliche Strategien verfolgt. „Wir sehen einerseits klassische Anleger wie etwa Versorgungskassen“, so Leukhardt. Diese seien aufgrund des gesicherten Zustroms an Mitteln daran interessiert, ihr Geld langfristig und sicher anzulegen. „Auf der anderen Seite investieren Anleger, die keinen gesicherten Mittelzufluss haben, sondern das Kapital zunächst vom Markt anwerben müssen. Hierfür bedarf es entsprechender Erfolgsmeldungen.“ Die Anlagestrategie dieser Investoren sei daher stärker auf Wertsteigerungen ausgerichtet, die durch schnellere Verkäufe realisiert werden. Hierzu zählen etwa Immobilien-AGs.“

Es wird nicht mehr so rasch verkauft

Aktuell geht der Trend in der Stadt offenbar in Richtung Sicherheit. „Die Haltedauer steigt wieder“, so Leukhardt. Das bedeutet, ein Gebäude wird nicht mehr so rasch verkauft wie noch vor einigen Jahren. Veiel fügt hinzu: „Auch das Geld von Kleinanlegern findet seinen Weg auf den Immobilienmarkt.“ Fonds wie die der Deka oder von Union Investment nutzen dieses Geld und investieren es in Immobilien.

Etwa ein Drittel der Investoren in Stuttgart stammt aus dem Ausland. In Frankfurt, München, Hamburg oder Berlin kommt häufig mehr als die Hälfte des investierten Geldes aus dem Ausland. Der Grund: Für internationale Anleger werden Objekte erst ab 60 bis 80 Millionen Euro interessant. Viele Stuttgarter Immobilien haben jedoch einen etwas geringeren Marktwert. „In anderen deutschen Metropolen gibt es mehr große Objekte“, berichtet Veiel.

Woher das Geld genau kommt, ist auch für die Experten nicht immer sofort zu durchschauen. „Internationale Anleger investieren häufig über sogenannte Asset-Manager“, berichtet Leukhardt. Dabei handelt es sich um Dienstleister, die den jeweiligen Markt kennen, die Vertragsverhandlungen mit den Maklern und Eigentümern führen und am Ende auch unterschreiben. „Der Asset-Manager hat üblicherweise seinen Sitz in Deutschland. Das Kapital stammt aus dem europäischen, amerikanischen oder vereinzelt auch asiatischen Raum“, so der Experte.

Doch sind ständig steigende Preise und extreme Geldflüsse nicht Anzeichen einer Immobilienblase? „Insgesamt sehe ich diese Gefahr in Stuttgart aktuell nicht, da keine spekulativen Gebäude entstehen, die ohne konkrete Nachfrage gebaut werden“, sagt Leukhardt. Die geringe Leerstandsquote, etwa im Bürobereich, sei ein Beleg. Tatsächlich weisen die Statistiken für die Stadt mit die niedrigsten Werte in Deutschland auf. Makler sprechen von 1,4 Prozent in der City und 3,1 Prozent für die Gesamtstadt.

Die heimische Wirtschaft bestimmt den Büromarkt

Mit Blick auf den Büromarkt zeigt sich eine weitere Auffälligkeit: Stuttgart legt beim Umsatz von Büroflächen bundesweit am deutlichsten zu. Knapp 39 Prozent beträgt das Plus in der Landeshauptstadt. Zum Vergleich sind es in Köln 32 Prozent, in Frankfurt 28 und 13 in Berlin. Erklärt wird diese Steigerung größtenteils durch die heimische Wirtschaft. Denn auch wenn Firmen die eigenen Neubauten nutzen, fließen diese Vorgänge in die Statistik der Makler ein. Frank Leukhardt sagt dazu: „Stuttgart verzeichnet seit jeher einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Eigennutzern, was insbesondere auf Unternehmen aus dem Automobil- und Zulieferbereich zurückzuführen ist. Dadurch weist Stuttgart selbst bei rückläufiger Vermietungsleistung ein Büroflächenwachstum auf.“ Und: „Im Grunde handelte es sich dabei 2016 um zwei Eigennutzungen: zum einen Daimler mit etwa 75 000 Quadratmetern im Süden sowie Bosch mit rund 20 000 Quadratmetern im Norden.“

Die Pläne von Daimler in Vaihingen werden in den Analysen sogar als „deutschlandweit größter Vertragsabschluss des Jahres gewertet“. Alexander Veiel ergänzt: „Im Vergleich der sieben größten deutschen Städte ist der Markt in Stuttgart besonders stark von der sogenannten Old Economy (zu Deutsch: der alten Wirtschaft) wie etwa der Autoindustrie geprägt.“

Doch was bedeutet diese Entwicklung für den Standort ? Citymanagerin Bettina Fuchs ist das Sprachrohr der Innenstadt. Sie sagt: „Die Investitionstätigkeit spricht eindeutig dafür, dass Stuttgart ein hochattraktiver Standort ist.“ Zudem sagt Fuchs: „Dass Umbruch auch immer Veränderung bedeutet, ist derzeit oft schmerzlich sichtbar, an der Vielzahl an Baustellen. Dennoch sollten wir diese nicht nur verteufeln, sondern uns freuen, dass Stuttgart so beliebt ist.“