Die beiden großen Standorte des Versicherers Allianz im Westen und in der Stadtmitte haben einen neuen Eigentümer mit Sitz in den USA. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im vergangenen Jahr wurden in Stuttgart rund zwei Milliarden Euro gewerblich in Immobilien investiert. Das ist absoluter Höchstwert. Allein im vierten Quartal des vergangenen Jahres wurden Gebäude im Wert von 900 Millionen Euro veräußert.

Stuttgart - Die beiden markanten Gebäude des Versicherers Allianz in Stuttgart sind verkauft worden. Nach Informationen unserer Zeitung haben die beiden Immobilien an der Reinsburgstraße im Westen sowie an der Uhlandstraße unweit des Landgerichts jeweils einen Verkaufspreis von mehr als 130 Millionen Euro erzielt. Neuer Eigentümer ist der US-amerikanische Investor Blackstone.

Damit sind die Allianz-Gebäude die beiden teuersten Immobilien, die in der Landeshauptstadt 2016 verkauft wurden. Sie tragen wesentlich zu einem neuen Rekordergebnis bei den Immobilieninvestments bei – ziemlich genau zwei Milliarden Euro wurden 2016 in der Stadt investiert. Der bisherige Höchstwert von rund 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2007 stammt noch aus der Zeit vor der Finanz- und Immobilienkrise. Interessanterweise wechselten die Allianz-Standorte auch damals den Eigentümer.

Bereits 2007 hat die Allianz die beiden Gebäude verkauft

Doch auch wenn die beiden Gebäude die teuersten Häuser in Stuttgart waren, sind sie doch nur ein kleiner Teil eines wesentlich größeren Geschäfts. Zum Hintergrund: 2007 wurden die beiden Immobilien des Versicherers für rund 350 Millionen Euro an die Immobiliengesellschaft IVG veräußert. Die Allianz war fortan Mieter. Später wurden die beiden Häuser, zusammen mit zahlreichen weiteren Bürogebäuden der IVG in ganz Deutschland, an das Tochterunternehmen Officefirst ausgegliedert. Ziel war der Gang an die Börse. Doch dazu kam es nie. Anstelle des Börsengangs wurden sämtliche Anteile der Officefirst und damit ein 97 Objekte umfassendes Immobilienportfolio im November 2016 an einen Fonds der amerikanischen Investmentgesellschaft Blackstone verkauft. Ein Geschäft, das nach Informationen aus der Branche einen Gesamtwert von rund 3,3 Milliarden Euro gehabt haben soll. Zur Zukunft der beiden Allianz-Gebäude will sich der US-Investor auf Anfrage nicht äußern. Kenner halten es für wahrscheinlich, dass Blackstone nach Ablauf der Mietverträge der Allianz die Gebäude sanieren und erneut als Büroflächen vermieten wird.

Ob die erhoffte Wohnnutzung auf den Arealen also Realität wird, ist mehr als unsicher. Nach Angaben der Allianz laufen die Mietverträge noch bis Ende 2020. Es gebe zwar die Möglichkeit, die Mietdauer zu verlängern, so eine Sprecherin des Unternehmens. Doch sei es der Wunsch, möglichst rasch nach Vaihingen umzuziehen. Doch dafür müssten für den neuen Standort zunächst sämtliche Planungsverfahren abgeschlossen werden. Wie berichtet, plant der Versicherer in Vaihingen einen Firmencampus für rund 4000 Mitarbeiter.

Allein 900 Millionen Kaufvolumen im vierten Quartal

Dass 2016 in Stuttgart ein neuer Rekord von zwei Milliarden Euro in Sachen Immobilieninvestments erreicht wurde, liegt in erster Linie an einem überdurchschnittlichen Ergebnis im vierten Quartal. Von Januar bis September wurden insgesamt 1,1 Milliarden Euro in Gebäude in Stuttgart investiert, von Oktober bis Dezember waren es dann nochmals rund 900 Millionen.

Frank Leukhardt, einer der Geschäftsführer des Maklerunternehmens Colliers International in Stuttgart, erklärt: „Die Rahmenbedingungen für den Immobilieninvestmentmarkt sind ausgesprochen positiv.“ Institutionelle wie private Anleger seien aufgrund der historisch niedrigen Zinsen auf der Suche nach sicheren und rentierlichen Anlagemöglichkeiten, sagt er. Den Unterschied zu der Zeit der Investmentrekorde vor der Finanzkrise erklärt Leukhardt so: „Es wird deutlich weniger auf Pump gekauft.“ Der Anteil des Eigenkapitals liege bei den Käufern mit 60 bis 80 Prozent ungleich höher als etwa im Jahr 2007.

Gefragt nach den weiteren großen Vertragsabschlüssen des Jahres nennt Björn Holzwarth, Geschäftsführer bei Ellwanger und Geiger Real Estate, den Verkauf des Bürogebäudes City-Gate nahe dem Hauptbahnhof, den Verkauf des Telekom-Komplexes in Bad Cannstatt sowie den Verkauf des City-Plaza am Rotebühlplatz.

Neben den Allianz-Häusern an Reinsburg- und Uhlandstraße, in denen die Allianz Mieter war, hat der Versicherer in diesem Jahr zusätzlich zwei eigene Immobilien in Stuttgart nahe dem Wilhelmspalais verkauft. „Als Teil des sogenannten Cloud-9-Portfolios, mit dem neun Gebäude in deutschen Großstädten veräußert wurden, sind auch die beiden Gebäude des Versicherers an der Urban- und an der Charlottenstraße verkauft worden“, berichtet Alexander Veiel, der Leiter der Makler von Jones Lang Lasalle in Stuttgart. Nach Informationen unserer Zeitung sollen die beiden Häuser einen Gesamtwert von rund 50 Millionen Euro gehabt haben. Neuer Eigentümer ist das Immobilienunternehmen Patrizia, welches in der Landeshauptstadt vor allem als umstrittener Käufer der ehemaligen LBBW-Wohnungen bekannt wurde.