Diskussionen um die Zukunft des Bauens (v. li.): Emanuel Radits (Alstria Office Reit-AG), Moderatorin Ines Aufrecht, Baubürgermeister Peter Pätzold und Frank Berlepp von der LBBW-Immobiliengruppe. Foto: Martin Haar

Beim 13. Immobiliendialog Region Stuttgart waren sich Experten einig: Probleme beim Wohnen lassen sich nur durch „einfacheres, schnelleres und mehr Bauen“ lösen. Gestreift wurde die Veranstaltung von einer Kundgebung des Bündnisses Recht auf Wohnen.

Stuttgart - Was unter dem Titel „13. Immobiliendialog Region Stuttgart“ firmiert, ist längst mehr als ein Zwiegespräch. Die Veranstaltung, die in diesem Jahr im Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle stattfand, ist ein bedeutendes Informationsnetzwerkforum für die Vertreter der Immobilienwirtschaft. Und: Hier kommen auch die Politik sowie die Wissenschaft zu Wort. In diesem Fall natürlich das Stadtoberhaupt Frank Nopper (CDU). Seine Begrüßungsrede, in der er unter anderem über die sieben Leitsätze der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) referierte, war von der Branche mit großen Hoffnungen erwartet, aber am Ende mit einer „gewissen Enttäuschung“ quittiert worden, wie Axel Ramsperger registrierte. Der stellvertretende Vorsitzende der Stuttgarter Immobilienwirtschaft e. V. attestiert dem OB zwar guten Willen bei der Absicht, „einen guten Spirit in die Bauverwaltung zu bringen“, um die Prozesse von Antrag bis zur Genehmigung eines Bauantrages zu beschleunigen, aber er kennt auch die Probleme: „In dieser Verwaltung wurde über Jahre technisch und inhaltlich gespart. Die Beschäftigten sind überlastet. Der OB will zwar einen Aufbruch, aber es dauert, bis es in den Köpfen angekommen ist.“ Dabei sei ein Umbruch angesichts der Problemlagen nötiger denn je.

Strukturwandel in der Innenstadt

Genannt seien der Strukturwandel in der Innenstadt beim Handel, dem Büromarkt oder im Wohnungsbau. In diesem Sinne identifizierte auch Gitta Rometsch, Geschäftsführerin des Veranstalters Heuer Dialog, die prägnantesten Themen bis zur Mittagspause: „Am aussagekräftigsten war die Botschaft, dass man jetzt auf Vorrat bauen muss.“ Nur so ließen sich die Transformationsprozesse in Land und Stadt gestalten.

Losung für die Zukunft: „Auf Vorrat bauen.“

Diese Maxime gelte auch für den Büromarkt, auf dem die Mieter nach Ansicht von Ramsperger nach der Bewältigung der Pandemie andere Ansprüche an Flächengröße und Ausstattung haben werden. Sein Fazit: Der Bedarf an Büroflächen werde trotz der Tendenz zum Homeoffice nicht sinken.

Gestreift wurde der Immobiliendialog am Morgen von einer Kundgebung. Anlass für die vom Aktionsbündnis Recht auf Wohnen organisierte Kundgebung war laut dessen Sprecher Paul von Pokrzywnicki, dass sich an diesem Ort Spekulanten und Investoren versammelten. Hierfür spräche unter anderem die Anmeldegebühr von 480 Euro: „Wir wollen keine Stadt für Spekulanten und Investoren, sondern für Menschen, die hier wohnen und sich auch die Mieten noch leisten können,“ sagte Pokrzywnicki. Dieser Forderung Ausdruck verliehen Plakate mit Aufschriften wie: „Wohnraum statt Kapitalismus“ oder: „Für Menschen bauen, nicht für Profit“.

Demo kritisiert „Spekulanten und Investoren“

Damit kritisieren die rund 30 Demonstranten aber nicht nur die Teilnehmer des Kongresses, sondern auch die Kommunalpolitik, für die die Redner klare Worte fanden: „Die Obersten der Stadt treffen sich hier mit Gangstern zu Rieslingsekt und Hors d’œuvre.“ Das zeige, dass der Staat und die Stadt für Besitzende handelten. Als Lösung sehe man den Protest von unten.

Auch die Tatsache, dass der Immobiliendialog unter dem Motto „Wind of Change“ stattfände, sei kritikwürdig, wie es in einem Redebeitrag des Journalisten Joe Bauer hieß: „Wind of Change bedeutet hier, dass den Bürgern weiter Sand ins Auge gestreut wird“, erklärte Bauer. Er fordert deshalb: „Wir müssen eigene Dialoge führen und kämpfen, damit der Wind sich endlich dreht.“

OB Nopper spricht mit Demonstranten

Einen ersten eigenen Dialog führten die Demonstranten dann doch noch – und zwar mit OB Nopper. Er sprach nach seiner Eröffnungsrede auf dem Berliner Platz mit den Menschen über die Wohnungsnot und den Mietwahnsinn in der Stadt. Axel Ramsperger indes reagierte irritiert auf den Protest: „Es ist nicht immer so, dass wir uns die Taschen vollstopfen.“ Stattdessen wolle die Immobilienwirtschaft Stuttgart beim Bündnis für Wohnen der Stadt Stuttgart am 21. Oktober an der Problemlösung mitarbeiten. Sein Rezept gegen die Wohnungsnot lautet: „Einfacher, schneller und mehr bauen.“