Dieses Gebäude in der Heilbronner Straße wurde von einer israelischen Firma aufgekauft Foto: Leif Piechowski

Wenn der Verfassungsschutz mit seiner Vermutung Recht hat, muss Scientology nähere Verbindungen zu dem Gebäudeeigentümer haben und damit dem Ziel, ein repräsentatives Zentrum in Stuttgart zu errichten, viel näher als bis jetzt angenommen sein.

Stuttgart / Tel Aviv - Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg hat Scientology bezichtigt, in der Heilbronner Straße 67 sein deutschlandweit größtes Zentrum etablieren zu wollen. Scientology dementiert das. Gegenüber unserer Zeitung hat das Grundbuchamt den Besitzer der Immobilie benannt: Die Firma heißt G.Stuttgart Properties Ltd und hat ihren Sitz in Tel Aviv, Israel. Die Firma steht weder im Handelsregister, noch verfügt sie über eine Internetpräsenz. Das Gebäude hat sie im Jahr 2010 erworben. Wenn der Verfassungsschutz mit seiner Vermutung Recht hat, muss Scientology nähere Verbindungen zu dem Gebäudeeigentümer haben und damit dem Ziel, ein repräsentatives Zentrum in Stuttgart zu errichten, viel näher als bis jetzt angenommen sein.

Die Scientology-Gemeinde Baden-Württemberg räumte schon vor vier Jahren ein, auf der Suche nach größeren Räumlichkeiten für die ihrer Aussage nach wachsende Gemeinde zu sein. Darin ist Scientology sich wiederum mit dem Verfassungsschutz einig. Der bestätigt eine steigende Aktivität der Organisation in Baden-Württemberg. Uneinigkeit herrscht über das Gebäude in Stuttgart: „Alle Angaben zu dem Thema sind gebetsmühlenhaft wiederholte Spekulationen der zitierten Behörde“, so Hubert Kech von Scientology Baden-Württemberg.

Die angeblich acht bis neun Millionen Euro teure Immobilie entspricht dem repräsentative Charakter von anderen Scientology-Zentren, die vor allem Nähe zu Politik und Wirtschaft suchen. Der Verfassungsschutz sagt, dass Scientology von seinen Mitgliedern pro Jahr ungefähr eine Million Euro erhält.

„Wie schon bei den Immobilienprojekten der Scientology-Organisation in Hamburg und Berlin erfolgte auch hier ein verdeckter Erwerb durch Mittelsleute und vermutlich ohne Hinweise auf den künftigen Nutzer“, schreiben die Verfassungsschützer in ihrem Jahresbericht 2013. Wusste der Verfassungsschutz zunächst nichts davon, dass Scientology der FirmaG.Stuttgart Properties Ltd nahe steht, die den Prestigebau schon vor vier Jahren erworben hatte? Dazu war keine Stellungnahme zu erhalten, aus taktischen Gründen, wie der Verfassungsschutz sagt.

Trotzdem bleibt der Verfassungsschutz dabei: Scientology will in der Immobilie Heilbronner Straße ein Zentrum errichten. Ein Anhänger von Scientology, der namentlich nicht genannt werden möchte, will von dem Kauf zwar nichts wissen, sieht über 5000 Quadratmeter große Immobilie aber durchaus geeignet an. „Wir haben in unseren Kirchen Studienräume, wo wir Audio-, Video- und Textmaterial unseres Gründers L. Ron Hubbard verinnerlichen“, sagt der Scientologe. Einen Raum, in dem gepredigt wird, gibt es in Scientology-Zentren wiederum nicht.

Es bleibt rätselhaft, warum Scientology das Gebäude nie bezogen hat, obwohl dieses von der Firma schon vor vier Jahren erworben worden ist. Denn das Gebäude, in dem Scientology Baden-Württemberg aktuell zu Hause ist, hat gerade mal 1000 Quadratmeter und eher einen Hinterhofcharakter. Scientology ist seit 40 Jahren in Stuttgart aktiv und zählt in Baden-Württemberg laut Verfassungsschutz 900, laut Scientology sind es 2000 Mitglieder.