Verkehrsminister Hermann möchte es den Kommunen ermöglichen, eine City-Maut einzuführen.
Stuttgart - Kommunen in Deutschland müssen nach Überzeugung von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) entscheiden können, ob sie eine City-Maut einführen. Dafür müsse der Bund die entsprechende Regelung schaffen, da ja auch Bundesstraßen mautpflichtig werden könnten, sagte der Politiker im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. „Je stärker der Bund sich aus der Verkehrsfinanzierung in den Gemeinden zurückzieht, desto dringlicher ist eine solche Rahmengesetzgebung“, sagte er. Allerdings gab ihm der Koalitionspartner SPD prompt eine Abfuhr für seine Maut-Pläne.
Umweltprobleme und Staus in den Griff bekommen
Ziel einer City-Maut sei, Staus und Umweltprobleme in Ballungsräumen zu verringern und Einnahmequellen für einen besseren Nahverkehr zu schaffen, sagte Hermann. „Im Südwesten hat das stau- und feinstaubgeplagte Stuttgart die besten Voraussetzungen für eine City-Maut.“ In den Großraum pendelten tausende Menschen, die eine Gebühr für die Einfahrt ins Zentrum zum Umsteigen auf Bus und Bahn bewegen könnte. Die Höhe der Maut müsse mindestens auf dem Niveau eines ÖPNV-Tagestickets liegen. Das wären in Stuttgart 9,70 Euro für vier Zonen.
Auch in Mannheim, Karlsruhe und im Großraum Reutlingen/Tübingen könne er sich vorstellen, mit einer Gebühr den Nahverkehr voranzubringen. In ganz Deutschland hält Hermann 10 bis 20 Ballungsräume für geeignet.
Hermann will die Idee in die Kommission der Länderverkehrsminister einbringen, die sich mit der Unterfinanzierung von Verkehrsinfrastruktur beschäftigt. Auch radikale Varianten bis hin zum Zwangsticket für alle Bewohner eines Großraums bei gleichzeitigem Nulltarif im ÖPNV müssten diskutiert werden. „Es darf in dieser Debatte keine Denktabus geben.“
Das Argument, mit der City-Maut entstehe eine soziale Schieflage, lässt Hermann nicht gelten. „Im Gegenteil: Wirklich arme Menschen ohne Auto würden davon profitieren. Denn sie bekämen einen besseren Nahverkehr, ohne dafür mehr bezahlen zu müssen.“ Auch Befürchtungen, die Städte könnten durch eine City-Maut verwaisen, teilt Hermann nicht. „Ähnlich wie bei der Einrichtung von Fußgängerzonen wird die City-Maut die Lebensqualität in den Zentren weiter verbessern und in der Folge mehr Menschen in die Innenstädte locken.“
SPD lehnt Hermanns Vorschlag ab
Die Details der Gebühr müsse die Kommune vor Ort bestimmen. Kriterien für die Höhe der Maut seien etwa die Tageszeit, die Zahl der Insassen im Auto und der Schadstoffausstoß. Anlieger müssten weniger bezahlen. Wie bei der Lkw-Maut auf Autobahnen müsste auch ein elektronisches System für die Bezahlung eingeführt werden.
Der Koalitionspartner SPD lehnte Hermanns Vorschlag allerdings ab. „Statt sich neue Belastungen für Pendler und Autofahrer einfallen zu lassen, sollte sich Hermann besser an wirkungsvollen Maßnahmen gegen die Abzocke beim Benzinpreis beteiligen“, sagte SPD-Generalsekretärin Katja Mast. Die SPD werde dafür sorgen, dass die Berufspendler in Baden-Württemberg nicht weiter belastet würden. Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte, die Grünen suchten nach immer neuen Belastungen für die Bürger.
Hermann hingegen betonte, die City-Maut sei ein eher langfristiges Projekt zur Verkehrslenkung. Davor müssten andere Maßnahmen in den Städten greifen, darunter ein Tempolimit auf 40 Stundenkilometer, Internetsysteme für Ad-Hoc-Mitfahrgelegenheiten, sichere Parkplätze für Fahrräder und Ausleihsysteme für Elektro-Fahrräder. Insbesondere junge Menschen seien offen für solche Angebote. „Für sie gehört ein eigenes Auto heute nicht mehr zum erstrebenswerten Statussymbol.“