Der erste Titel: A-Junioren der SGM BSB Berglen feiern Meisterschaft in der Bezirksstaffel 2013 Foto: StN

Der Profußball thront über allem. Doch in Stuttgart und der Region gibt es mehr Teams als den VfB. Sie tun sich schwer zu behaupten. Verkümmert die Sportvielfal? Wir beleuchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven. Wie kleine Vereine gemeinsam stärker sind, zeigt das Beispiel der SGM BSB Berglen.

Stuttgart - Jammern, dass die großen Fußballvereine alle Sponsoren abgreifen, hat noch selten geholfen. Eine gute Idee dagegen schon. Das haben sich vor sechs Jahren auch wenige Kilometer von Winnenden entfernt drei Nachbarvereine gedacht. Der VfR Birkmannsweiler, der SV Steinach-Reichenbach und der SV Breuningsweiler arbeiten seitdem eng zusammen, vor allem in der Jugendarbeit. Gemeinsam bildeten die Clubs das Fußball-Juniorteam SGM BSB Berglen, das von der D- bis zur A-Jugend mit 160 Spielerinnen und Spielern an der Punkterunde teilnimmt. Die Macher entwickelten ein Förderkonzept und knüpften den Kontakt zu Unternehmen in der Region. Daraus entstand ein Netzwerk, das inzwischen auf 18 Mitgliedsfirmen angewachsen ist – allesamt aus verschiedenen Branchen, um eine möglichst große Plattform zu bieten.

Das Besondere daran ist die Kombination aus Sportförderung und ausbildungsbegleitender Unterstützung. „Wir können den Jugendlichen je nach Talent und Interesse das Passende vermitteln“, sagt der Fördervereins-Vorsitzende Thomas Weller, Chef des Produktions- und Verpackungsanlagen-Herstellers Harro Höflinger, „die Jugendlichen müssen jedoch in ihre eigene Richtung gehen. Hierfür bieten wir ihnen aber gerne unsere Hilfe an.“ Der Zweite Fördervereins-Vorsitzende Bernd Kußmaul vom gleichnamigen Projekt- und Produktionsmanagement-Unternehmen ergänzt: „Wir wollen als Brückenbauer tatkräftig unterstützen, bezahlen auch mal Nachhilfestunden, doch die Jugendlichen müssen mit ihren Eltern danach natürlich den Weg weitergehen.“

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart unterstützt dieses Projekt. Bernd Engelhardt ist von der dualen Strategie begeistert: „Beide Seiten profitieren von dieser Initiative“, erklärt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer. Sportvereine und ihre Talente bieten in Zeiten des Fachkräftemangels ein gutes Potenzial für Unternehmen, die auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeiter für die Zukunft sind. „In den Jugendmannschaften gibt es engagierte junge Menschen mit hoher Frustrationstoleranz, die als Auszubildende Teamgeist, Fairness und Pünktlichkeit mitbringen“, sagt Bernd Engelhardt.

Ein Beispiel für den Erfolg des Förderkonzepts ist Stefano Costa. Der ehemalige BSB-B-Junior hat nach seinem Realschulabschluss keinen Ausbildungsplatz gefunden. Der Förderverein vermittelte ihm den Kontakt zu einem Vereins-Sponsor. Dort erhielt er einen Ausbildungsplatz als Feinwerkmechaniker. Nun hat er seinen Techniker-Abschluss gemacht, bekleidet eine sehr gute Position und plant ein Studium. Insgesamt 18 Jugendliche haben durch den BSB-Förderverein eine Lehrstelle gefunden. „Stefano ist ein Paradebeispiel. Wir vom Förderverein haben nach den Neigungen des Jungen geschaut, ihn entsprechend beraten und auch während der Ausbildung begleitet“, sagt Kußmaul.

Im Februar wurde das Projekt 200 Gästen in den Räumen der IHK Stuttgart vorgestellt. Einer der Gastredner war Schwimm-Olympiasieger Michael Groß, den Kußmaul zufällig bei einem Robbie-Williams-Konzert kennengelernt hat. „Das war eine bemerkenswerte Veranstaltung“, erinnert sich der Fördervereins-Vorsitzende. Danach haben sich bei ihm einige Vereine gemeldet, um nähere Informationen über das Projekt zu erhalten. Darunter nicht nur Fußballclubs. Aus Ulm zum Beispiel kam eine Anfrage von den Basketballern. Und mit Jürgen Schweikardt, dem Geschäftsführer des benachbarten Handball-Bundesligisten TVB 1898 Stuttgart, steht Kußmaul ohnehin in engem Austausch. Schweikardt ist beeindruckt vom Projekt: „Schön, dass es das im Rems-Murr-Kreis gibt. Das ist ein sehr kreatives Modell, das Synergien und eine win-win-Situation schafft“, sagt der Bittenfelder Stratege, „das könnte ich mir auch im Handball sehr gut vorstellen.“

Warum nicht mehr Clubs der Idee folgen? Für Kußmaul liegt das am Egoismus und der Fantasielosigkeit der Macher: „Vereine schauen meistens nur auf sich und nicht über den Tellerrand hinaus.“ Auch das ist ein Grund, warum sich kleine Clubs schwer tun, hinter dem Profifußball ihr Auskommen zu sichern – egal in welcher Sportart.