Bleibt die Stadtbahn Lucie eine wolkige Illusion? Foto: Zweckverband

Die Stimmen gegen die Stadtbahnpläne mehren sich – auch aus Möglingen. Und das Aktionsbündnis Stadtbahn fürchtet, auch die Reaktivierung der Markgröninger Bahn könnte scheitern.

Seit der Zweckverbands-Chef Michael Ilk im April Pläne für eine neue Streckenführung der geplanten Stadtbahn vorgelegt hat, weht „Lucie“ ein rauher Wind entgegen. Nicht nur aus Reihen der Ludwigsburger Kommunalpolitik und Stadtgesellschaft, sondern auch aus Möglingen. Und das Aktionsbündnis Stadtbahn glaubt offenbar auch nicht mehr an die Realisierung des Gesamtprojekts und will wenigstens die Reaktivierung der Markgröninger Bahn umgesetzt sehen.

 

In einem Schreiben an Ilk und den technischen Leiter des Zweckverbands, Björn Kochendörfer, empfiehlt das Aktionsbündnis die Aufteilung des Projekts in einen westlichen Teil, also die Strecke Ludwigsburg – Markgröningen – Schwieberdingen, und einen östlichen Teil, sprich: zwischen Ludwigsburg und Remseck-Pattonville. „Nur so kann gewährleistet werden, dass die Reaktivierung der Markgröninger Bahn nicht an einem Veto des Gemeinderats in Ludwigsburg scheitert“, betont Klaus Arnoldi, der Sprecher des Aktionsbündnisses.

Auch Aktionsbündnis Stadtbahn zweifelt an Zustimmung des Gemeinderats

Eine Zustimmung der bürgerlichen Fraktionen im Ludwigsburger Gemeinderat zu den aktuellen Stadtbahnplanungen sieht er mittlerweile als fraglich an und ist damit auf einer Linie mit Ludwigsburgs OB Knecht. Zumal auch in der Bevölkerung, so Knechts Einschätzung, die Mehrheit gegen die Stadtbahnpläne sei. Wegen neu aufgetauchter – oder vielleicht bislang unter den Teppich gekehrter – Probleme in der Umsetzung, aber auch wegen der miserablen Finanzlage der Stadt.

Knecht hatte gefordert, die Stadtbahn müsse, wie ursprünglich geplant, in den Ludwigsburger Bahnhof einfahren. Die alternative Streckenführung durch die Kurfürstenstraße, die laut Ilk die einzig sinnvolle ist, sei nicht akzeptabel. Das Aktionsbündnis schlägt als mögliche Lösung vor, das ehemalige Ladegleis der Firma Franck für die Stadtbahn auszubauen.

Lösungen politisch nicht akzeptabel

Arnoldi äußerte gegenüber dieser Zeitung den Verdacht, man versuche, die Stadtbahn „zu Tode zu planen mit Lösungen, die politisch nicht akzeptabel sind“. Und weiter: „Unsere Lieblingstrasse durch die Wilhelmstraße ist politisch nicht durchsetzbar, eine Stadtbahn durch die Leonberger Straße haben wir noch nie befürwortet, weil sie zu weit weg vom Zentrum wäre – und eine Trasse durch die Friedrichstraße wäre noch schräger“, so der Sprecher des Aktionsbündnisses.

Doch auch die Probleme der ursprünglichen Trassenführung – etwa mit dem Schillerdurchlass oder der gefährlichen Enge am Bahnhofsvorplatz – werden in dem Schreiben erwähnt. Obwohl diese bekannt gewesen seien, hätten Stadtverwaltung und Zweckverband an dieser Trassenführung festgehalten. Dadurch seien sieben Jahre an Planungszeit verloren gegangen. Das Aktionsbündnis habe schon 2021 den Vorschlag gemacht, die Stadtbahn von Süden her in den ZOB einfahren zu lassen. Das habe man aber abgelehnt, so Arnoldi. „Wir haben damals sinngemäß zu hören bekommen: Wir haben unsere eigene Lösung und brauchen euch nicht.“

Kritik aus Möglingen: Politcomedy

Das Aktionsbündnis setzt nun darauf, dass wenigstens die Strecke aus Richtung Markgröningen aktiviert wird. Denn wenn die scheitere, sei das „ein Skandal für die Nachbargemeinden“, so Arnoldi.

Das sehen jedoch einige Möglinger anders. „Die Reaktivierung nur dieses Teilstücks ist Quatsch, dagegen sträuben wir uns vehement“, sagt ein Vertreter der dortigen Bürgerinitiative Stadtbahn, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Wir begleiten das Thema von Anfang an kritisch und betrachten die derzeitige Entwicklung mit Sorge. Was aktuell im Zweckverband läuft, hat mit dem Zweckverband nichts mehr zu tun, das ist Politcomedy“, erklärt er.

Öffentlicher Diskurs fehlt

Enttäuscht sei man vor allem darüber, dass der öffentliche Diskurs fehle. So sei bei der Bürgerinformationsveranstaltung in Möglingen die kritische Diskussion überhaupt kein Thema gewesen und nur das Gesamtprojekt vorgestellt worden, das doch offenkundig nicht realisierbar sei. Es spreche Bände, dass der gesamte Gemeinderat nicht anwesend gewesen sei – „und über Kosten redet sowieso keiner“. Die derzeit laufende Kosten-Nutzen-Analyse basiere auf völlig falschen Fakten, die prognostizierten Fahrgastzahlen seien überhaupt nicht nachvollziehbar. Und manches sei auch schlicht nicht machbar.

Probleme: Baustelle und Lärm

So sei in Markgröningen die Kreuzung zum Schulzentrum mit mehreren Busspuren schon jetzt heillos überlastet, die könne man nicht mit einer Riesenbaustelle lahmlegen. „Wenn man das zur Sprache bringt, heißt es nur: ‚Vertrauen Sie unseren Planern.’“ Ein weiteres Problem: Inzwischen gälten für die Reaktivierung von Bahnstrecken Grenzwerte beim Lärm, die aufgrund der Bebauung, unter anderem mit Kitas und Altenheimen, technisch kaum einzuhalten seien.

Offenbar erinnere sich auch niemand daran, dass es schon 2007 Überlegungen zu einer Reaktivierung der Strecke gegeben habe, der gesamte Gemeinderat aber dagegen gewesen sei. Fazit der Möglinger Initiative: „So, wie es jetzt ist, ist alles angreifbar und das gesamte Projekt ein Himmelfahrtskommando.“