„El Clan“: Eine fromme Familie von Lösegelderpressern. Foto: Prokino

Familie Puccio wirkt in Pablo Traperos „El Clan“ wie eine typische Mittelstandssippe, doch sie verdient ihre Brötchen mit Entführungen.

Buenos Aires - Rugbyheld Alejandro (Peter Lanzani) fährt entspannt durch Buenos Aires. Neben ihm in der Karosse fläzt sein Kumpel Ricardo (Francisco Donovan). Plötzlich blockiert ein Auto die Strecke. Bewaffnete Maskenträger steigen aus, schmeißen Ricardo in den Kofferraum und zerren Alejandro auf den Beifahrersitz ihres Wagens. Der Chauffeur gibt sein Gesicht preis. Zwischen ihm und dem Gekidnappten entspinnt sich ein knapper Dialog: „Wie geht’s, Alex?“ – „Gut, Papa.“

Familie Puccio wirkt in Pablo Traperos „El Clan“ wie eine typische Mittelstandssippe: Alejandro reüssiert als Rugbyspieler, Vater Arquímedes (Guillermo Francella) fegt den Gehweg und lobt das Essen seiner Frau. Nur dass im Bad eben ab und an eine geschundene Geißel vor sich hin blutet.Die kriminellen Puccios gab’s wirklich: Anfang der 1980er, als Argentinien noch von einer diktatorischen Militärjunta regiert wurde, verdienten sie ihre Brötchen mit Entführungen.

Trapero schiebt die Verantwortung dem Oberhaupt Arquímedes zu. Francella spielt großartig, mit durchdringendem, aber auch väterlichem Blick, aus dem sich Skrupel längst verabschiedet haben. Lanzani neigt als Alejandro eher zu Gewissensbissen, was freilich zu Spannungen führt.

Der Vater klappert auf dem Weg zum Opfer die Kinderzimmer seiner Töchter ab

Für die absurd-komische Seite dieser Verbrecherfamilie hat der Regisseur ein gutes Auge: Da lassen schnelle Schnitte Alex‘ Freundin beim Liebesspiel auf der Autorückbank im Wechsel mit einem von Arquímedes Gefolterten schreien. Und der Vater klappert auf dem Weg zum Opfer die Kinderzimmer seiner Töchter ab, um sie zum Abendbrot zusammenzutrommeln.

Narrativ agiert Trapero jedoch unglücklich – so verrät er schon in der Eröffnungssequenz, was erst deutlich später geschehen wird. Hier mag die Inspiration durch Quentin Tarantino zu stark gewesen sein. Zwar gelingt das ironische Arrangement menschelnder Gangster ähnlich gut wie in „Pulp Fiction“, doch beim Springen zwischen den Zeitebenen trennt sich die Spreu vom Weizen. Ohne triftigen Grund oder besonderen Reiz wird mal hier, mal dort weitererzählt.

Das beeinträchtigt den Filmgenuss. Äußerst ärgerlich, zumal „El Clan“ auch mit einem hervorragenden und passenden Soundtrack ausgestattet ist: Ebenso lässig-dösig wie The Kinks ihren „Sunny Afternoon“ besingen, agieren auch die abgebrühten Erpresser. Schade, dass man schon früh weiß, wohin diese Machenschaften führen.