Ohne gute Vorbereitung ließe sich der Andrang nicht bewältigen. Foto: /Schepp

Im Minutentakt und quasi ohne Wartezeit werden Menschen in der kleinen Voralbgemeinde im Kreis Esslingen mit Biontech oder Moderna versorgt. Das hat sich herumgesprochen, der Ansturm in Holzmaden ist beträchtlich.

Holzmaden - Holzmaden im Kreis Esslingen besitzt durchaus touristischen Reize. Da ist zum einen die wunderbare Albvorlandszenerie, die Erholungssuchende anlockt. Und es gibt das Urweltmuseum Hauff, das mit seinen prähistorischen Funden jedes Jahr viele Menschen fasziniert. Diejenigen, die momentan nach Holzmaden pilgern – und das sind ziemlich viele –, haben allerdings kaum ein Auge für die landschaftliche Schönheit des Fleckens oder für Dinosaurierskelette. Denn Holzmaden hat sich in den vergangenen Wochen zum Impfmekka der Region entwickelt.

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Unter dem Motto „Holzmaden hebt die Quote“ sind dort allein am vergangenen Wochenende 3650 Menschen geimpft worden. Holzmaden selbst hat aber nur 2500 Einwohner – allein aus dieser Zahl wird klar, dass der Holzmadener Bürgermeister Florian Schepp nicht nur die eigenen Bürger im Visier hatte, als er zusammen mit Wolfgang Fink, dem in Holzmaden wohnenden Geschäftsführer des Baiersbronner Praxisverbunds Medi MVZ die Impfaktion auf den Weg gebracht hat. „Unser Angebot richtet sich ausdrücklich an alle Menschen, die Interesse an einer Impfung haben“, betont der frisch gewählte Ratschef.

Einfaches, aber überaus effektives System

Dass es wohl kaum eine schnellere und unbürokratischere Impfaktion als in Holzmaden gibt, hat sich inzwischen weit herumgesprochen. Am Wochenende sind Impfwillige aus Stuttgart, Reutlingen und Ulm zum Holzmadener Feuerwehrhaus in der Kirchheimer Straße 1 gepilgert, um sich erstimpfen oder boostern zu lassen.

Das Versprechen in Holzmaden: „Bei uns wird vollkommen ohne Wartezeit geimpft“, sagt Florian Schepp. Das System ist dabei so einfach wie effektiv. Geimpft wird nur, wer sich zuvor über einen Link auf der Webseite www.holzmaden.de online angemeldet und eine Bestätigungsmail bekommen hat. Auf der Bestätigung sind alle Links zu wichtigen Informationen enthalten, etwa, ob man bei der Erstimpfung ein ärztliches Beratungsgespräch wünscht – oder nicht. „Der Anteil der Menschen, die das wünschen, tendiert gegen null“, berichtet der Ratschef. Auf der Mail ist zudem eine Uhrzeit vermerkt, die unbedingt eingehalten werden muss.

Im T-Shirt und mit Wintermantel – damit es schnell geht

Wer etwa seinen Impftermin um 12.21 Uhr hat, darf – am besten in T-Shirt und Wintermantel – das Feuerwehrhaus um 12.20 Uhr betreten. „Das Einzige, was dabei zählt, ist die Uhrzeit“, erläutert der Ratschef. „Höfliches Hintanstellen ist bei uns nicht erwünscht. Es ist aber auch nicht notwendig und überhaupt nicht sinnvoll, weit vor dem Termin zu erscheinen“, betont er: „Denn die Impfung erfolgt garantiert minutengenau zum angegebenen Termin. Nicht früher – aber auch nicht später!“

Damit das System funktioniert, stehen zwei Männer der Freiwilligen Feuerwehr bereit, die sich um die Neuankömmlinge vor dem Feuerwehrhaus kümmern. „Außerdem haben wir nach den Erfahrungen am ersten Wochenende eine große Uhr aufgestellt, damit jeder genau weiß, wann er dran ist“, berichtet der Bürgermeister. Nach dem Betreten des Feuerwehrhauses geht es ganz schnell. Vier Personen werden jeweils gleichzeitig geimpft, an der Theke im Feuerwehrhaus empfangen, müssen kurz ihre Unterlagen zeigen und erhalten bereits eine Minute später ihre Impfung. Um 12.22 Uhr verlassen sie geboostert oder geimpft das Feuerwehrhaus über den Hinterausgang.

Über die Hintertreppe des Feuerwehrhauses geht es hinaus

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Genaue Angaben, wie lange an den Wochenenden geimpft wird, will Florian Schepp nicht machen. „Unser ganz großer Vorteil ist, dass wir absolut flexibel sind und auf die tatsächliche Nachfrage reagieren können – und auch darauf, ob viele Menschen Erst-, Zweit- oder Boosterimpfungen wünschen.“ Entsprechend dem Bedarf werde der jeweilige Impfplan aufgestellt. Impfbeginn an den Samstagen und Sonntagen ist jeweils um 8 Uhr, das Ende am späten Nachmittag hänge dann von den Terminwünschen der Impfwilligen ab.

Am Wochenende sind wieder 2000 bis 3000 Impfungen geplant

Bereits an diesem Mittwochnachmittag, 1. Dezember, gibt es eine Impfsonderaktion, bei der 400 bis 500 Erstimpfungen geplant sind. Zwar seien die meisten Termine schon vergeben, aber mit etwas Glück könne man sich da auch noch kurzfristig online einbuchen, sagt der Bürgermeister.

Am kommenden Wochenende steht die nächste Großaktion auf dem Plan. Mindestens 2000 Menschen sollen dann wieder immunisiert werden. „Wir schaffen aber auch 3000 Impfungen, wenn die Nachfrage entsprechend groß ist“, betont Schepp. Sollte die Nachfrage hoch bleiben, wollen Schepp und seine Mitstreiter die Aktion an allen Wochenenden bis Weihnachten fortsetzen.

Wichtig ist ihm, dass trotz des immens hohen Impftempos in Holzmaden keine Hektik aufkommt. „Das ist wirklich von allen Verantwortlichen ganz hervorragend organisiert“, lobt er die medizinischen Helferinnen und Helfer. Die arbeiten normalerweise in Baiersbronn. Die dortige Praxis hat übrigens den schönen und ebenso passenden Namen „Hausärzte am Spritzenhaus“.