Großfürstin Elena Pawlowna (1807 bis 1873) mit ihrer Tochter Maria. Foto: Staatliches Russisches Museum, St. Petersburg

„Im Glanz der Zaren“ heißt die Große Landesausstellung im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart. Sie beleuchtet die engen Beziehungen zwischen dem Zarenhof in St. Petersburg und dem Königreich Württemberg. Unsere Serie stellt die zentralen Frauenfiguren vor. ­Heute: Großfürstin Elena Palwowna.

„Im Glanz der Zaren“ heißt die Große Landesausstellung im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart. Sie beleuchtet die engen Beziehungen zwischen dem Zarenhof in St. Petersburg und dem Königreich Württemberg. Unsere Serie stellt die zentralen Frauenfiguren vor. Heute: Großfürstin Elena Palwowna.

Stuttgart- Elena Palwowna ist eine liebevolle Mutter. Doch gibt sie sich nicht mit der reinen Mutterrolle zufrieden, sondern engagiert sich politisch für die Zukunft Europas.

Geboren wird sie am 9. Januar 1807 in Stuttgart als Prinzessin Friederike Charlotte Marie. Einen Teil ihrer Kindheit verbringt die Prinzessin mit ihrer Familie in Paris. Dort werden die Wurzeln für ihr liberales und weltoffenes Handeln und Denken gelegt. Sie besucht ein Pensionat, und im Haus ihrer Eltern sind Persönlichkeiten aus verschiedenen Gesellschaftsschichten zu Gast. Die Prinzessin wächst auf mit Diskussionen über Kunst, Politik und Kultur, verinnerlicht diese Themen und beschäftigt sich bis zu ihrem Tod damit.

Mit ihrem Ehemann, dem Großfürsten Michail Pawlowitsch, dem jüngsten Sohn ihrer Großtante Maria Fjodorowna, macht Friederike eine gute Partie. Doch die Hochzeit lässt auf sich warten. Erst zwei Jahre nach der Verlobung und ihrem Übertritt zum orthodoxen Glauben und der Namensänderung von Friederike zu Elena findet die Hochzeit in St. Petersburg statt. Elena nutzt die Zeit, um die Sprache zu lernen und um sich mit Russland zu beschäftigen.

Ihr Ehemann ist beim ersten Kennenlernen sehr angetan von der jungen Prinzessin, die bei der Verlobung gerade einmal 15 Jahre alt ist. Doch die Heiratsverhandlungen ziehen sich in die Länge. Michail verliert das Interesse. Er verliebt sich in eine Hofdame seiner Mutter und muss 1824 von seiner Familie zur Eheschließung gedrängt werden.

Das Familienleben gestaltet sich daher von Anfang an schwierig. Belastet wird das sowieso schwierige Verhältnis zwischen den Eheleuten durch den Tod des gemeinsamen Sohnes. Michail wendet sich von seiner Frau und der Familie ab.

Elena wendet sich Inhalten zu, die sie seit ihrer Kindheit beschäftigen: Kunst, Literatur, Musik und Politik. An den Donnerstagabenden treffen sich in ihrem Salon Literaten und Künstler, denen der Zutritt zum Zarenhof offiziell verwehrt ist. Elena lässt sich in die Auswahl ihrer Gäste nicht hineinreden. Gerade von den Regimekritikern will sie mehr über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse erfahren. Und sie zieht ihre Schlüsse daraus.

Bemerkenswert ist, dass die russische Großfürstin es nicht nur bei Worten belässt, sondern ihr liberales Gedankengut in die Tat umsetzt. 1859 befreit sie auf ihrem Gut Karlowka die Bauern aus der Leibeigenschaft. Und sie macht auch vor größeren Schritten nicht halt. Sie setzt sich vehement bei Zar Alexander II. dafür ein, die Leibeigenschaft in ganz Russland abzuschaffen. Dem Zaren liefert sie zwei Argumente dafür. Einmal stehe die Leibeigenschaft der wirtschaftlichen Modernisierung des Landes im Wege, und zweitens fördere sie Aufstände und Revolten. Elena ist überzeugt, dass man mit gezielten Reformen von oben eine Revolution von unten verhindern kann. Die Monarchie ist ihrer Ansicht nach ohne sozialpolitische Reformen nicht zu retten. So wird 1861 die Leibeigenschaft in Russland abgeschafft. Elena wird für ihr Engagement vom Zaren mit einem Orden geehrt.

Ihr Engagement für die Bauern kann Elena so gut umsetzen, weil sie über ein großes Vermögen verfügt. Auch nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1849 bleibt sie finanziell unabhängig, kann sich ihrem Salon widmen.

Auch während des Krimkriegs zwischen Russland und der Türkei 1853 bis 1856 engagiert sich die Großfürstin. Sicherlich mischt sie sich auch in die Politik und Diplomatie des Kriegs ein, aber bekannt wird sie für die Gründung der Barmherzigen Schwestern „Zur Kreuzerhöhung“. Die Großfürstin ist erschrocken ob der vielen Verletzten, die ohne ausreichende medizinische Versorgung sind. Die Barmherzigen Schwestern sind die Vorbildorganisation für das russische Rote Kreuz.

Ihren politischen Einfluss auch außerhalb der russischen Grenzen nutzt die Großfürstin, um ihrem Heimatland Württemberg zur Seite zu stehen. Elena pflegt eine enge Beziehung zum Königreich Preußen und eine langjährige Freundschaft mit dem späteren Reichskanzler Otto von Bismarck. Der württembergische König Karl hat es wohl Elenas Geschick und Freundschaft zu Bismarck zu verdanken, dass Karl während des deutschen Einigungsprozesses in den 1860er Jahren seine Krone behalten kann.

Die Großfürstin stirbt am 21. Januar 1873 in St. Petersburg und wird in der Peter-und- Paul-Kathedrale beigesetzt.