Zwei Genossen beim Fachsimpeln (im Jahr 2012): Die Bürgermeister Dieter Blessing (links) und Gerhard Lang. Foto: Achim Zweygarth

OB Frank Nopper und die Stuttgarter SPD würdigen den ehemaligen Beigeordneten für Wirtschaft und Krankenhäuser. Dieter Blessing stirbt am Neujahrstag mit 84 Jahren.

Der frühere Stuttgarter Bürgermeister Dieter Blessing (SPD) ist am Neujahrstag im Alter von 84 Jahren gestorben. Als Wirtschaftsbürgermeister und Beigeordneter für das Krankenhauswesen führte er sein Amt von Oktober 1992 bis zum Eintritt in den Ruhestand im Juni 2003. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sagte, Blessing habe sich „große und bleibende Verdienste um unsere Stadt erworben“. Die Schaffung neuen Wohnraums sowie die Sicherstellung der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bürger auf höchstem Niveau seien ihm ein ganz besonderes Anliegen gewesen.

„Haben einen treuen Freund verloren“

Die SPD-Fraktionsvorsitzenden Jasmin Meergans und Stefan Conzelmann bedauerten, mit dem Genossen „einen hoch engagierten und treuen Freund verloren zu haben, der sich immer für die Interessen der Stuttgarter eingesetzt hat“. Blessing saß vor seiner Zeit auf der Bürgermeisterbank als Stadtrat auf der anderen Seite. Man habe ihn wegen seines beharrlichen Einsatzes für soziale Gerechtigkeit viel zu verdanken - vom hervorragend aufgestellten Klinikum bis hin zu bezahlbarem Wohnraum bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWSG. „Diese zahlreichen Verdienste werden seinen Tod überdauern und uns immer wieder an ihn erinnern“, so die Fraktionschefs.

Für die SPD Verantwortung übernommen

Der Kreisvorsitzende Dejan Perc erinnert daran, wie stark sich Blessing, der 52 Jahre lang der SPD angehörte und einst die Jusos in Heslach mitgegründet hatte, für die sozialdemokratischen Werte eingesetzt habe. „Er vertrat die Werte nicht nur nach außen, sondern hat auch innerhalb der Partei über viele Jahre Verantwortung getragen“; ob als langjähriges Mitglied im geschäftsführenden Kreisvorstand oder auch als Mitglied in Findungskommissionen und in der Schiedskommission. Von 1982 bis 1990 war Blessing acht Jahre lang Kreisvorsitzender. Perc sagte, in der Kreispartei werde man sich an den früheren Bürgermeister als „sehr freundlichen und kultivierten Freund“ erinnern.

Dieter Blessing wurde am 8. Juni 1938 in Ostfildern-Nellingen geboren, ging in Esslingen zur Schule und studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Tübingen, München, Aix-en-Provence (Frankreich) und Berkeley (USA). Ab 1970 war er in der Finanzverwaltung des Landes tätig und wurde 1975 für die SPD in den Gemeinderat gewählt, bevor er 2003 als 54-Jähriger dann Bürgermeister im Rahmen einer vom damaligen OB Manfred Rommel vorgenommenen Neuordnung der Rathausspitze wurde.

Einsatz für den Wohnungsbau

Eines seiner Schwerpunktthemen als Bürgermeister war die Schaffung neuen Wohnraums. So wurden in seiner Amtszeit mehr als 6000 Mietwohnungen und 4000 Eigentumsimmobilien gefördert. In seine Amtszeit fielen unter anderem die Erweiterungen der städtischen Liegenschaften um den Burgholzhof, die Grenadierkaserne, das Gelände des ehemaligen US-Hospitals und die durch den Bau des neuen Hauptbahnhofs im Europaviertel frei werdenden Flächen.

In Blessings Amtszeit wurde das Mineralbad Cannstatt eröffnet und andere Bäder modernisiert und erweitert. Außerdem wurde unter seiner Ägide der Großmarkt ausgebaut und das Terminal für die Containerschifffahrt in Betrieb genommen. In seine Zeit fiel die Gründung der Stuttgart-Marketing GmbH. Als Krankenhausbürgermeister war Blessing mitverantwortlich für den Zusammenschluss von Katharinenhospital, Bürgerhospital, Olgahospital und Krankenhaus Bad Cannstatt. Als Messe-Aufsichtsratschef überwachte er die Leichtathletik Weltmeisterschaft und die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) sowie die Planungen für die Landesmesse.

Und dann auch noch Wasenbürgermeister

Zugleich musste der Bürgermeister das heitere Fach beherrschen, denn Volksfest und Frühlingsfest, Märkte und Stadtfeste fielen mit in sein Ressort. Dieter Blessing als „Wasenbürgermeister“ – wer den belesenen Schöngeist und passionierten Theatergänger kannte, der wusste, dass das nicht unbedingt seine Welt war.

Bei seiner Verabschiedung 2003 hatte Blessing bekundet, „mit Wehmut zu gehen, denn die Kommunalpolitik ist spannend und aufregend. Die heißen Debatten werden mir fehlen“. Der damalige OB Wolfgang Schuster (CDU) nannte Blessing „einen verlässlichen Partner, der angesehen ist - innerhalb und außerhalb unseres Rathauses“. Durch seine Bildung und seine vielfältigen Interessen habe Blessing „stets über den Tellerrand hinausgeschaut“.

Ressort nach seinem Abgang aufgeteilt

Nach seinem Ausscheiden wurde das Ressort aufgeteilt: Die Krankenhäuser gingen zum Grünen-Bürgermeister Klaus-Peter Murawski, den Kur- und Bäderbereich übernahm Iris Jana Magdowski (CDU), die für Kultur, Bildung und Sport zuständig war. Den großen Rest stemmte danach der frisch gekürte Kämmerer Michael Föll (CDU). Zum Ausgleich erhielt die SPD den Posten des Technischen Bürgermeisters, den seitdem Dirk Thürnau besetzt.