Die Nadelbaumentsorgung abseits der ausgezeichneten Sammelplätze in Stuttgart ist ein Ärgernis – nicht nur für die Stuttgarter Abfallwirtschaft. Und dabei handelt es sich keineswegs um ein Kavaliersdelikt.
Stuttgart - Auf dem Marienplatz ist Mitte Januar immer noch ein bisschen Weihnachten. Der große, mit Paketen geschmückte Christbaum, steht nach wie vor. Gleich daneben haben Unbekannte für einen weniger festlichen Blickfang gesorgt: Unterhalb der Treppen türmt sich ein wirrer Haufen ausgemusterter Tannenbäume.
Der Clou: rechts vom Café La Luna steht ein rotes Sammelstellenschild der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Dort liegen aber nur drei einsame Bäumchen herum. Tatsächlich legen die entsprechenden Leute ihre nadelnden Hinterlassenschaften schlicht an falscher Stelle ab, wie Annette Hasselwander. Leiterin der Pressestelle bei der Stuttgarter Abfallwirtschaft bestätigt. Besonders tückisch sei der Nachahmungseffekt, der einsetze, sobald irgendwo ein Bäumchen liege. Ein einzelnes Exemplar bleibt selten allein.
Kostenaufwand des Abtransport ist erheblich
Die Entsorgung von Tannenbäumen abseits ausgewiesener Sammelplätze ist kein neues Phänomen. Damit möglichst wenig wilde Ablagerungen entstehen, werden die offiziellen Sammelstellen jährlich angepasst – sofern die örtlichen Gegebenheiten es zulassen. „Am Friedensplatz und an der Ecke Etzelstraße/Alexanderstraße, die seit Jahren als wilde Entsorgungsstellen bekannt sind, ist das beispielsweise nicht möglich“, erklärt Hasselwander. Andere beliebte Plätze für die illegale Auslagerung vertrockneten Festtagsgrüns finden sich ihren Angaben nach etwa in der Cannstatter Sulzgasse, auf dem Botnanger Marktplatz oder im Degerlocher Hainbuchenweg.
Vielen Baumsündern ist möglicherweise nicht klar, dass es sich bei ihrem Treiben keineswegs um ein Kavaliersdelikt handelt. Wer sich nicht an die Entsorgungsregeln hält, kann mit einem Bußgeld belangt werden. Das gilt auch für Nachzügler, die an bereits geräumten Sammelstellen nachlegen. Annette Hasselwander berichtet, die letzten Tannen würden oft erst Ende April bis Anfang Mai weggeworfen. Der Aufwand, den der Abtransport der festlichen Wohnzimmerdekoration verursacht, ist erheblich. Laut AWS liegt die anfallende Christbaummenge seit Jahren konstant im Bereich von 300 bis 400 Tonnen. Die Gesamtkosten für Entsorgung und Logistik belaufen sich auf rund 120 000 Euro pro Jahr.
Illegale Enstorgung ist unsozial
Da die Kosten, die durch außerplanmäßig abgelegte Bäume verursacht werden, in der Restmüllgebühr enthalten sind und somit vom Abfallgebührenzahler getragen werden müssen, bedeutet der unsachgemäße Abschied vom Tannengrün nicht nur Mehrarbeit für die AWS, die neben der Versorgung von 160 offiziell eingerichteten Sammelstellen weitere Sonderfahrten einlegen muss: es ist auch noch unsozial. „Das ist doch längst nicht so schlimm wie der Müll und die Flaschen, die hier sonst oft herumliegen“, brummelt ein Passant am Marienplatz mit Blick auf den Christbaumhaufen. Er hat Glück. Nicht immer lassen sich die unerlaubt angelegten Sammelplätze so leicht umgehen wie hier. Ab und an kommt es durch die Grünzeugansammlungen zu ernsthaften Problemen, wie Hasselwander erklärt: „Bäume stellen oftmals eine ernstzunehmende Verkehrsbehinderung dar“, gibt sie zu verstehen. „Gehwege sind nicht mehr passierbar oder die Bäume ragen in die Fahrbahn und gefährden Verkehrsteilnehmer.“
Wer jetzt mit Schrecken feststellt, dass er seinen Tannenbaum neben dem Fernsehsessel vergessen hat, muss nicht verzweifeln: Christbäume ohne Weihnachtsschmuck können kostenlos bei der Kompostierungsanlage des Garten-, Friedhofs- und Forstamts in Zuffenhausen (Ludwigsburger Straße 270) und auf dem Häckselplatz in Möhringen (Epplestraße 178) abgegeben werden. Wer wild abgelegte Christbäume melden will, kann dies über den AWS-Kundenservice unter der Hotline 0711/216-88700 tun.