Der Vollzugsdienst in Marbach am Neckar muss einen Großteil seiner Zeit dafür einsetzen, Umweltsündern nachzujagen. Wer erwischt wird, muss mit teils hohen Bußgeldern rechnen.
Die Sitten in einigen Teilen der Gesellschaft scheinen immer weiter zu verrohen. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdienstes in Marbach zunehmend Anfeindungen, Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt sind, wie der städtische Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling nun im Gemeinderat rekapitulierte. „Schutzwesten gehören mittlerweile zur Standardausrüstung“, sagte er. Zur traurigen Wahrheit gehört laut dem Tätigkeitsbericht der Mannschaft ebenfalls, dass ein Teil der Aufgaben nur noch rudimentär erledigt werden kann, weil ein Thema vieles andere überlagert: die illegale Müllentsorgung.
„Das macht circa 65 Prozent unserer Arbeit aus“, sagte Tino Albert. Stark auf Trab gehalten werden er und seine Kollegen zum Beispiel dadurch, dass sie sich um scheinbar herrenlose Autos auf der Gemarkung kümmern müssen. „Das ist ein Thema, das in Marbach immer größer wird. Wir haben überall abgestellte Fahrzeuge, für die sich keiner mehr zuständig fühlt“, berichtete Albert. Ein Viertel der gesamten Arbeitszeit gehe dafür drauf, in diesen Fällen Ermittlungen anzustellen und dafür zu sorgen, dass die Vehikel abgeschleppt werden. 34 solcher Fahrzeuge hätten in jüngster Zeit entsorgt werden müssen. Drei bis vier Tage dauere es, den Halter zu finden, Formulare auszufüllen und andere Behörden mit ins Boot zu holen. „Pro Tag bekommen wir bestimmt zwei Anrufe, dass da irgendwo etwas rumsteht“, sagte Albert. Teilweise würden die Autos sogar im Wald oder in den Weinbergen versteckt.
Doch damit nicht genug. Zum täglichen Brot des Vollzugsdienstes gehöre es ferner, sich Delikten wie wildem Sperrmüll zu widmen, „der einfach irgendwo abgeschüttet wird“, wie Albert berichtete. „Das sind stellenweise Kubikmeter. Es ist schon sehr, sehr schlimm und über das ganze Stadtgebiet verteilt“, sagte er.
Erst unlängst habe jemand in einer Nacht- und Nebelaktion drei Anhänger mit 18 Tonnen Schutt im Energie- und Technologiepark stehen lassen – „und weg war er“. Manchmal steckt irgendwo im Unrat ein Kontoauszug oder ein anderer Hinweis, der Albert und seinen Kollegen Aufschluss über den Verursacher gibt. „Aber das passiert nur in einem von 15 Fällen“, erklärte er. Geschludert hatte beispielsweise der „illegale Autohandel, der das Ganze in einem Wald entsorgt hat inklusive Motorrad, Schutt, Glasscheiben und anderen Abfällen“. Der Müllsünder hatte vergessen, die Fahrgestellnummer aus einem Moped zu flexen. Er sei überführt worden.
Verschandelt würden regelmäßig auch die Freizeitanlagen wie der Galgen. „Das nimmt immer mehr überhand“, sagte Albert. Sein Kollege Marc Hesse machte keinen Hehl daraus, dass man das Treiben dort am besten überwachen sollte. Doch dafür fehle die Zeit, ebenso oftmals für andere Aufgaben wie die Kontrolle von Gaststätten und Spielhallen oder die Überprüfung des Leinenzwangs von Hunden.
5500 Euro Strafe für Müllablagerung
Während in Marbach immer mehr Leute die Landschaft verschandeln, haben sich die illegalen Abfallablagerungen landkreisweit in den vergangenen Jahren auf einem etwa gleich bleibenden Niveau eingependelt, sagt Landratsamts-Pressesprecher Andreas Fritz. Die Untere Abfallrechtsbehörde des Kreishauses sei für die Verfolgung von einschlägigen Verstößen zuständig und habe 2023 insgesamt 224 Verwarn- und Bußgeldverfahren in Gesamthöhe von 29 500 Euro registriert. „Im Jahr 2024 gab es bisher 145 Verwarn- und Bußgeldverfahren“, berichtet Fritz.
Dass das illegale Entsorgen von Unrat kein Kavaliersdelikt ist, zeigen die teils hohen Strafen, die den Verursachern aufgebrummt werden. In Mundelsheim hatte jemand in der jüngeren Vergangenheit 5500 Euro bezahlen müssen, weil er fünf Kubikmeter Haus-, Sperr- und Renovierungsabfälle rechtswidrig entsorgt hatte, wie Fritz berichtet. Eine unerlaubte Verbrennung von pflanzlichen Abfällen und Altholz auf Sachsenheimer Gemarkung sei mit einem Bußgeld von 650 Euro geahndet worden.