Zu den Gästen von Petra und Stefan Reim zählen Patienten und das Personal des Diakonie-Klinikums sowie Mitarbeiter örtlicher Betriebe. Foto: Michael Steinert

Das Il Pomodoro an der Silberburgstraße ist zur besten Trattoria Deutschlands gekürt worden.

S-West - Es ist kurz vor 14 Uhr und in dem gemütlichen Gastraum ist kein einziger der Tische aus dunklem rustikalen Holz frei. Die Servicekräfte schlängeln sich gekonnt durch den engen Gang und tragen Teller und Gläser ab. Vom Holzofen hinter dem Tresen geht eine wohlige Wärme aus. So langsam erheben sich die ersten Gäste, mancher verabschiedet sich bei der Wirtin mit einem Kompliment für das gute Essen, den freundlichen Service oder die schöne Atmosphäre.

Um 14.30 Uhr schließt das Ehepaar Reim ihre Trattoria Il Pomodoro im Westen, um sich auf den Abend vorzubereiten. Auf nahezu jedem Tisch steht bereits ein Reservierungsschild. Drei Stunden später geht es weiter. Wer ohne Vorankündigung kommt, wird bei einem Glas Prosecco warten müssen. „Unsere Gäste wissen das schon und planen die Zeit für Plaudereien mit anderen wartenden Gästen ein“, sagt Petra Reim, Inhaberin und Seele des Il Pomodoro.

Nach fünf Jahren haben sich die Reims in der Gastro-Szene etabliert, ihr Restaurant ist nahezu immer voll, nicht nur dank eines treuen Stammpublikums. In dieser Woche sind sie zudem von der Jury der Bertolli Trattoria Tour zur besten Trattoria in Deutschland gekürt worden. Entschieden hat dies zum einen eine Jury, die durch Deutschland gereist ist und die kleinen Restaurants getestet hat, die zuvor online von den Gästen vor Ort empfohlen worden waren. Zum anderen wurden auch die Meinungen der Online-Community in die Bewertung mitaufgenommen.

„Eine einfache, aber gute Küche ohne Schnörkel“

„Das ist eine tolle Sache“, sagt Petra Reim, die gemeinsam mit ihrem Mann Stefan auf die apulische Küche setzt. „Das ist eine einfache, aber gute Küche ohne Schnörkel“, sagt die Wirtin. Nicht nur Pizzen, sondern auch Gemüse und Fisch werden im Il Pomodoro am liebsten im Holzofen zubereitet, „dem Herzstück des Restaurants“, sagt Petra Reim.

Das Ehepaar freut sich über die Auszeichnung besonders, weil sie keine Italiener sind. „Ich glaube, dass die Jury deshalb anfangs auch etwas skeptisch war“, sagt die 48-jährige Reim. Doch letztlich haben es die Liebe zu Italien und enge Freundschaften zu Italienern dem deutschen Paar ermöglicht, eine authentische Trattoria an der Silberburgstraße zu eröffnen.

Am Anfang der Erfolgsgeschichte steht die Freundschaft von Petra Reim mit Silvia und Michele Compagnoni, den ehemaligen Betreibern des Il Pomodoro am Wilhelmsplatz. Petra Reim war damals Fitness-Trainerin und schulte Silvia Compagnoni als Aerobic-Lehrerin. Danach gingen die Italienerin und ihr Mann zurück in die Heimat Apulien. Petra Reim zog nach Heilbronn und lernte dort ihren heutigen Mann Stefan kennen. Die beiden siedelten nach Österreich über, wo sie ein Hotel leitete und er als Wanderführer und später Restaurantleiter tätig war. Geheiratet wurde bei dem Compagnonis in Casarano in Apulien.

Marathonläufern in der Gastronomie

„Wir waren dort oft zu Besuch und lernten die Küche und die Kultur des Essens kennen“, erzählt Petra Reim. „Frisches Brot, selbst gemachte Tomatensoße und gegrillte Dorade – es kann so einfach und lecker sein“, sagt sie. „Was braucht man schon mehr als Freunde und gutes Essen.“ Diese Gemütlichkeit, die Gastfreundlichkeit und die Kunst, das Essen und das Leben zu genießen, hat das Paar verinnerlicht und überträgt dies auf sein Restaurant.

An dem Entschluss, das Lokal zu eröffnen, waren die Freunde Silvia und Michele Compagnoni ebenfalls nicht ganz unbeteiligt. Als die neuen Besitzer des Il Pomodoro am Wilhelmsplatz ihren Jahresurlaub antraten, kamen die Compagnonis nach Stuttgart, um als Urlaubsvertretung einzuspringen. Petra und Stefan Reim halfen ebenfalls aus. „Zu dieser Zeit haben wir das Lokal im Westen entdeckt“, sagt Petra Reim. Es stand leer, bis auf den Holzofen. Die Entscheidung war schnell gefallen. Das Paar brach seine Zelte in Österreich ab und kam nach Stuttgart. Michele Compagnoni half ihnen beim Aufbau des Restaurants, zeigte Stefan Reim alle Tricks und Kniffe in der Küche. „Sie waren da, bis wir Laufen gelernt haben“, sagt Reim.

Mittlerweise sind die Reims und ihre 15 Mitarbeiter zu regelrechten Marathonläufern in der Gastronomie geworden. „Mit dem Diakonie-Klinikum und dem benachbarten Hotel sind schöne Kooperationen entstanden“, sagt Reim. Hotelgäste, Patienten, Klinikpersonal und Mitarbeiter der umliegenden Betriebe zählt sie zu ihren Gästen, denen sie allen gleich viel Aufmerksamkeit schenke. „Das ist ein wunderbares Klientel hier im Westen“, sagt Reim. Und deshalb wird auch jeder gleich behandelt, ganz gleich, ob es sich im Stammgäste oder um einmalige Besucher handelt.

Die Wahl:

Bertolli Trattoria Tour: Zu Beginn gingen online mehr als 2000 Vorschläge aus ganz Deutschland ein. Eine Jury aus Gastronomie- und Italienkennern hat daraus die zehn besten ausgewählt und diese auf einer Tour getestet. Alle Testessen wurden ausführlich in einem Blog im Internet beschrieben. Aus der Bewertung der Online-Gemeinschaft sowie 50 Gästen vor Ort ist letztlich der Sieger ermittelt worden.

Il Pomodoro: Die Trattorien sind keine Kette, obwohl es mittlerweile vier in Stuttgart gibt: am Wilhelmsplatz in Mitte, im Westen, in Heumaden und seit Kurzem im Süden. Die Betreiber der jeweiligen Lokale sind entweder miteinander verwandt oder – so wie im Westen – gute Freunde. Manche Waren wie schwarze Oliven und Olivenöl sowie den Hauswein aus Apulien gibt es in allen vier Restaurants.