Foto: Samsung

3-D-Geräte sind bereits auf dem Markt - Die Sender bringen aber noch keine Inhalte.

Berlin - Der Rummel auf der IFA um den dreidimensionalen TV-Genuss ist gewaltig. Sony, Panasonic und Samsung bieten 42-Zoll-Geräte schon für rund 1600 Euro an. Im Praxistest zeigt sich, dass die hoch gepriesene Technik aber gerade erst den Kinderschuhen entsteigt.

 

Das 3D-Versprechen ist groß: Wenn Florian Hambüchen am Reck daneben greift, dann erlebt der Zuschauer die Schrecksekunde mit Shutter-Brille vor dem Heim-TV intensiver. Die Distanz zwischen Hand und Stange ist förmlich greifbar.

So weit die Theorie. Nur: Die Sender denken noch lange nicht daran, auch dreidimensionale Inhalte zu bringen. Sony hat zwar die Fußball-WM stereoskopisch, also in 3D-Technik, aufgezeichnet. Andere Großsportveranstaltungen werden folgen, aber bislang ist nicht absehbar, wann 3D-Bilder von ARD und ZDF kommen. Wer heute ein 3D-TV kauft, verlässt die Zweidimensionalität beim Fernsehen nur, wenn er zudem einen Blu-Ray-Player (etwa ein 3D-fähiges Videogerät) hat. Damit kann man Filme, die in 3D-Technik vorliegen, auch abspielen.

Das Problem, dass die TV-Sender keine 3D-Inhalte bringen, versuchen Sony und Samsung zu umgehen. Ihre 3D-Geräte bieten eine Nachbearbeitung für zweidimensionale Inhalte an. Das Versprechen lautet: Auf Tastendruck erscheint auch die Heute-Sendung dreidimensional.

Ohne Brille sieht das 3D-TV-Bild unscharf und verschwommen aus. Die Farben sind intensiver als sonst. Die Leuchtkraft der 3D-Geräte ist größer, weil die Brille dunkel getönt ist. Deswegen muss für das 3D-Sehen auch die Beleuchtung im Wohnzimmer stimmen. Leicht defekte Neon-Beleuchtung etwa macht den 3D-Effekt ebenso zunichte wie grelles Sonnenlicht. Fußball-WM auf dem Balkon klappt also nicht.

Bald soll es 3-D-Effekt auch ohne Brille geben

Überhaupt: Die Brille. Wenn der Zuschauer die Sehhilfe aufsetzt, ist die Unschärfe weg und die Räumlichkeit der Bilder da. Der Käufer eines 3D-TV bekommt in der Regel zwei Brillen dazu. Jedes weitere Gestell kostet rund 100 Euro. Die Brille arbeitet batteriebetrieben und synchron mit dem TV, schließt in Windeseile (60 Mal pro Sekunde) je ein Brillenglas und sorgt so für den 3D-Effekt. Allerdings sind sich jetzt schon alle Branchenkenner einig, dass die klobigen Brillengestelle nur für den Übergang im Einsatz sind. Die Industrie arbeitet intensiv am 3D-TV ohne Brille. Der deutsche Premiumhersteller Loewe will den "autostereoskopischen" TV-Schirm 2011 auf den Markt bringen.

Jürgen Rurainsky vom Fraunhofer Heinrich Hertz-Institut in Berlin kennt die Kinderkrankheiten des 3D-TV genau. Seit sechs Jahren forscht er intensiv zum TV-Genuss mit Raumeffekt. Er berichtet, dass die Industrie gerade den dritten Versuch innerhalb der letzten drei Jahrzehnte unternehme, die 3D-Technik auf dem Markt zu etablieren. Raurainsky ist aber überzeugt: "Dies ist der viel versprechendste Ansatz". In früheren Jahren sei viel falsch gemacht worden. Die Kameraleute hätten nicht das Verständnis dafür gehabt, dass 3D dem Konsumenten viel zumute. Eine rasend schnelle Ortsveränderung eines Objekts beim Schnitt werde vom Konsumenten unangenehm wahr genommen. Inzwischen sei bei den Kameraleuten und Filmemachern aber die 3D-Kompetenz gewachsen.

Rurainsky ist überzeugt: "Im Interesse des Zuschauers sollten die Hersteller unbedingt dafür sorgen, dass 3D am Display abschaltbar ist." Das Fraunhofer-Institut hat nämlich eigens im "Prime"-Projekt, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, die Vorlieben der Zuschauer bei der räumlichen Wahrnehmung von Bildern erforscht. "Es gibt Konsumenten", so der Forscher weiter, "die 3D nicht wollen". Tatsächlich: Der 3D-Effekt ist anstrengend für Augen und Gehirn. Beim Rundgang über die IFA wird das Besucherauge immer wieder mit 3D-Bildern konfrontiert. Nach mehreren Stunden stellen sich Kopfschmerz und leichtes Unwohlsein ein.

Fraunhofer hat mit Loewe gestern einen 3D-TV-Prototyp auf der IFA präsentiert. Dabei kann der Zuschauer per Fernbedienung sich seinen individuell angenehmsten 3D-Effekt einstellen. Bis diese Technik serienreif ist und in den Wohnzimmern Einzug hält, dürften aber noch mehrere Jahre vergehen.