Das denkmalgeschützte Förderband und der Ladekran wären von Grün umgeben. Foto: Jürgen Brand

Im Rahmen des Forschungsprojekts Wechsel, in dem Universität und Stadt zusammenarbeiten, haben Studierende die Straße Richtung Gaisburg verlegt. So entstehen vielfältig nutzbare Flächen direkt am Fluss.

S-Ost - Beim Forschungsprojekt „WECHSEL“, das sich am Beispiel des Stuttgarter Neckartals mit der „Transformation technischinfrastrukturell geprägter Flussufer hin zu nachhaltigen urbanen Lebensräumen“ befasst, ist Halbzeit. Zeit für eine Zwischenbilanz.

In dem Projekt geht es um die „Weiterentwicklung der bestehenden Energieinfrastruktur“ und sich daraus ergebende Möglichkeiten für die Stadtentwicklung. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert, Projektpartner sind die Institute für Städtebau und für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung sowie das Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart, außerdem das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung sowie das Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt. Start war im Januar 2017, das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. „Die Grundlage des Forschungsprojekts bildet eine realistische Abschätzung der Energiepotenziale am Neckar und daraus abgeleitete Szenarien für Flächenpotenziale der Stadt- und Landschaftsentwicklung entlang des Neckars“, heißt es in der Projektbeschreibung.

Die riesigen Flächen vom Kraftwerk Gaisburg bis zum alten Wasserwerk in Berg waren bisher für die Versorgung der Stuttgarter mit Gas, Wasser und Fernwärme unverzichtbar. Im Zuge der Energiewende stellen sich viele Fragen: Ist es überhaupt noch zeitgemäß, Gas fast mitten in der Stadt zu lagern? Andererseits wurden gerade auch in die Gasleitungen – auch in Strom-, Wasser- und Fernwärmeleitungen – dort hunderte Millionen Euro investiert. Wenn man das Gas woanders lagert – was passiert mit dem Gaskessel? Oder mit dem schon weitgehend abgeschalteten alten Kraftwerk Gaisburg? Eine Nutzungsmöglichkeit sind Akku-Großlager. Daimler hat im südwestfälischen Elverlingsen ein ehemaliges Kohlekraftwerk in ein solches Lager verwandelt. Dort werden jetzt Batteriemodule von Elektrosmarts gelagert und als Energiezwischenspeicher genutzt. An einem anderen Standort ist ein Energiespeicher aus ausrangierten Autoakkus in Betrieb.

Die Bundesstraße 10/14 direkt am Neckarufer versperren den Zugang zum Fluss. Auch in der Vergangenheit hatten sich Stadtplaner immer wieder mit dem Thema „Stadt am Fluss“ beschäftigt, die Bundesstraße war dabei aber tabu. Im Rahmen des Forschungsprojekts haben die Beteiligten dieses Tabu gebrochen. In dem am besten bewerteten Ideenentwurf von Marlene Diehm, Phaea Korycik und Silva Maringele wird das trennende Asphaltband beim Berger Steg überdeckelt. Im weiteren Verlauf verwandeln die Studentinnen die Straße in einen von Bäumen gesäumten Boulevard, der kurz vor der Gaisburger Brücke vom Neckar weg schwenkt, vor dem Gaskessel unter der Erde verschwindet und in einem Tunnel die Talstraße unterquert. Von dort verläuft die Bundesstraße in etwa auf der Trasse der heutigen Ulmer Straße weiter in Richtung Langwiesenweg. Die Gaisburger Brücke und auch die Anbindung in Richtung Remstal müssten neu gestaltet werden.

Auf den heutigen Gaswerksflächen und auf den neu gewonnenen Gebieten auf der Kohlehalde sind ganz unterschiedliche Wohnformen vorstellbar. Das neue Areal um den Gaskessel herum bieten Möglichkeiten für Blockbebauung, für kleinteiligere Wohneinheiten in Richtung Wasserwerk oder für kleine gehobene Wohnquartiere beispielsweise rechts unterhalb der Gaisburger Brücke, wo kleine hafenähnliche neue Wasserbecken entstehen könnten.

In fast allen studentischen Entwürfen spielen Grünflächen eine wichtige verbindende Rolle. Denkbar sind neue parkähnliche Anlagen als Verbindung vom Park der Villa Berg zum neuen Steg hinüber zum Cannstatter Wasen, rund um den Gaskessel, um eben diesen herauszustellen, oder als großer neuer Uferpark rund um das neue Gasheizkraftwerk.