Solche Straßenbahn-Oldtimer sind in den Straßen von Lissabon unterwegs. Auch in Bad Cannstatt wünscht man sich eine Linie, die Besucher zu den Kultur- und Freizeitattraktionen bringt. Foto: Iris Frey

Gerhard Veyhl von den Freien Wählern will eine historische Straßenbahn auf einem Rundkurs quer durch Bad Cannstatt und entlang der vielen Attraktionen fahren lassen. Die Idee findet großen Zuspruch.

Bad Cannstatt - Ba d Cannstatt hat viele Besuchermagne te und Attraktionen. Allein in den zoologisch-botanischen Garten Wilhelma und ins Mercedes-Benz-Museum strömen jährlich zusammen fast drei Millionen Gäste aus der ganzen Welt. Doch was hat Stuttgarts größter Stadtbezirk und insbesondere die Cannstatter Altstadt von diesen Besuchermassen? „Gar nichts“, bedauerte Gerhard Veyhl, Sprecher der Freien Wähler im Bezirksbeirat. Um das zu ändern, hat er in der Sitzung des Bezirksbeirates eine kühne Vision vorgestellt: Veyhl träumt schon sein weit über einem Jahr davon, dass die wichtigsten Kulturstätten und Freizeitattraktionen in Bad Cannstatt verknüpft werden – und zwar mit einer historischen Straßenbahn, die dabei auch mitten durch die Altstadt fährt.

Die Linie 28 ist weltberühmt

Als Vorbild für diese Kultur-Tram dient ihm Lissabon. Die „Linie 28“ dort ist weltberühmt, denn sie wird jährlich von Millionen von Besuchern benützt, um bergauf und bergab zu den wichtigsten Kulturstätten der Atlantik-Metropole zu gelangen. „Seit mehr als 100 Jahren und ohne Probleme im dortigen Stadtverkehr“, betonte Veyhl. Im Gegenteil, die Linie 28 sei ein wichtiger Bestandteil im ÖPNV-Konzept Lissabons. Denn neben viel historischem Flair sorge die Linie natürlich auch dafür, dass weniger Autos auf den Straßen fahren. „Das würde einem verkehrlich so stark belasteten Stadtbezirk wie Bad Cannstatt ebenfalls guttun“, so der Sprecher der Freien Wähler, der natürlich weiß, dass die Realisierung seiner Vision nicht zum Nulltarif erhältlich ist.

Im Gegenteil. Mit geschätzten zehn Millionen Euro Umsetzungskosten hat eine historische Straßenbahn, die quer durch Bad Cannstatt pendelt, sogar einen stolzen Preis. Ein Pluspunkt: Die Stadt verfügt durch die Straßenbahnwelt in der Mercedesstraße über den benötigen Fuhrpark. „Das Depot wäre natürlich der Startpunkt“, erklärte Veyhl seinen Rundkurs. Über die Mercedesstraße, König-Karls-Brücke und Neckartalstraße geht die Fahrt vorbei an der Wilhelma. Über die Rosensteinbrücke, Badstraße gelangt man zum Wilhelmsplatz und von dort auf die Trasse in Richtung Fellbach. „Dann kommt ab der Haltestelle Uff-Kirchhof der teure Streckenteil“, sagte Veyhl. Denn um über die Taubenheimstraße, in der einst schon einmal eine Straßenbahn unterwegs war, vorbei am Kurpark zur König-Karl-Straße zu gelangen, müssten dort wieder Schienen verlegt werden. „Teuer, aber laut der SSB technisch machbar“.

SSB-Chef sieht Kosten kritisch

Generell waren die Verantwortlichen der Stuttgarter Straßenbahnen „sehr angetan“ von seiner Vision, berichtete Veyhl. Allerdings habe ihm Vorstandschef Wolfgang Arnold auch klar zu verstehen gegeben, dass die städtische Tochter – auch angesichts der vielen laufenden Projekte – leider kein Geld für eine historische Straßenbahnlinie habe. Insgesamt würde das Projekt mit rund zehn Millionen Euro zu Buche schlagen, unabhängig von den jährlichen Betriebskosten.

Der Bezirksbeirat zeigte sich nach dem Gemeinderat ebenfalls sehr angetan von Gerhard Veyhls Vision. Damit die jedoch nicht im Reich der Utopie landet, braucht so ein Vorhaben – und da ist der Handwerksmeister genug Realist – natürlich Spender und Sponsoren. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, gibt sich der Sprecher der Freien Wähler optimistisch. Zumal er nicht zum ersten Mal in Bad Cannstatt mit seinen „visionären Ideen“ für Aufsehen sorgt. Bekanntlich hatte er seine Fraktion davon überzeugen können, einen Wettbewerb für den Hochbunker zu initiieren. Die Ergebnisse wurden im Kursaal der Öffentlichkeit präsentiert. Veyhl: „Sie werden mit Sicherheit bei der Neugestaltung des Neckarufers in einigen Jahren eine Rolle spielen.“