Die Neckarspinnerei in Wendlingen ist eines der Projekte für die Internationale Bauausstellung 2027. Foto: Ines Rudel/Ines Rudel

Wichtige Impulse gibt die Internationale Bauausstellung 2027 innovativen Projekten im Kreis Esslingen. Dabei sind neue Wohnformen und klimafreundliches Bauen Schwerpunkte.

Ziel der Internationalen Bauausstellung Stuttgart 2027 ist, die Bauwende voranzubringen. Von den Impulsen profitiert der Kreis Esslingen. Mit dem Tobias-Mayer-Quartier in Esslingen, der Neckarspinnerei in Wendlingen sowie der Stadt ohne Schornsteine in Leinfelden-Echterdingen und der Nürtinger Bahnstadt begleiten die Experten Vorzeigeprojekte im Landkreis. Neu dabei ist das Holzparkhaus in Wendlingen. Im Netzwerk der Schau innovativer Architektur sind Projekte wie die Restaurierung des Schweizerhauses der Domäne Weil in Ostfildern oder das Haus B in Altbach.

 

In der Liste der 32 IBA-Projekte kommen fünf aus dm Kreis Esslingen. Rund 100 Projekte in der Region profitieren niederschwellig von Impulsen aus dem IBA-Netzwerk. „Wir entwickeln unser Portfolio dynamisch weiter“, sagt Tobias Schiller, der Kommunikationschef der Bauausstellung. Dem Kurator Andreas Hofer ist es wichtig, „mit den ausgewählten Projekten Impulse für zukunftsweisendes Bauen zu geben“. Das bedeutet, neue städtebauliche Konzepte umzusetzen und bei der Wahl der Materialien sowie der Wohnformen umzudenken. Wichtig ist es Hofer, den Blick in die Region zu lenken. So profitieren Kommunen, Privatleute und Investoren. Expertinnen und Experten, die mit der IBA zusammenarbeiten, steuern Fachwissen und Ideen bei.

Zwar findet die Bauausstellung erst 2027 statt, doch geht es um den Prozess und um die Stadtentwicklung. 100 Jahre nach der legendären Bauausstellung auf dem Weißenhof, die Stuttgart zum Zentrum internationaler Architektur machte, blickt die Neuauflage in die Zukunft. Als Modellprojekt, das bereits in Betrieb ist, nennt Tobias Schiller das Holzparkhaus am Wendlinger Schwanenweg. Es wurde von der Stadt entwickelt, aber erst 2023 auf die Liste der IBA-Projekte gesetzt. In diesem wegweisenden Bauwerk ist der Auftakt des nächsten IBA-Festivals geplant, das vom 9. bis 24. Mai steigen soll. „Das rund 18 Meter hohe Parkhaus ist zukunftsfähig und damit beispielgebend für andere Projekte konstruiert“, begründet Schiller die Auswahl. „Bis auf Treppenhäuser und Fahrbahnbelag ist es ganz aus Holz errichtet.“ Das spare nicht nur Kohlendioxid, sondern binde dieses sogar.

Im Holzparkhaus Wendlingen feiert die IBA im Mai den Auftakt ihres Festivals. Foto: Ines Rudel/Ines Rudel

Die Festivals sind für den IBA-Kommunikationschef ein Schlüssel dafür, Architektur in den Köpfen der Menschen noch sichtbarer zu machen. Denn da sieht er in der Region noch Defizite. Dass das geht, zeigt ihm die Neckarspinnerei in Wendlingen. Die Neuordnung des denkmalgeschützten Industrie-Areals erfährt viel Aufmerksamkeit. Schon jetzt wird das Gelände mit temporären Nutzungen und Veranstaltungen belebt. Auf dem ehemaligen Areal der Textilfabrikanten Otto am Neckar soll ein Quartier entstehen, in dem 300 Menschen leben und 3500 arbeiten sollen. Der Transformationsprozess zum attraktiven Stadtquartier zeige sich hier besonders spannend, findet Schiller. Zunächst stand auch das Otto-Areal am Wendlinger Bahnhof auf der Liste der IBA-Projekte, wurde aber gestrichen. Wegen der Insolvenz des Investors liegt dessen Entwicklung auf Eis.

Workshops für ein neues Wohnquartier

Viel hat sich 2024 bei der Entwicklung des Tobias-Mayer-Quartiers in Esslingen bewegt. Am 22. Juli diskutierten Vertreter aus der Planung, den sozialen Institutionen und den Bürgerausschüssen Inhalte einer quartiersübergreifenden Ordnung des Wohngebiets. In einer Workshopreihe werden Strukturen des Zusammenlebens diskutiert. Mit Grün- und Gemeinschaftsflächen wird das soziale Miteinander gestärkt. Seit 2021 läuft die Entwicklung in dem Gebiet, in dem nachhaltige Wohnformen umgesetzt werden . Um die Ergebnisse dieses beispielhaften Prozesses festzuhalten, gibt es ein Gestaltungshandbuch. 2027 soll nach Schillers Worten der erste Bauabschnitt fertig sein.

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Mobilität und neue Wohnformen verbindet die Nürtinger Bahnstadt. Beim Bahnhof soll ein autofreies Quartier entstehen. Das entwickeln die Planer mit Bürgern. „Die Areale sind geprägt von vielfältigen Gebäudeformen mit unterschiedlichen Wohntypologien und ebenerdigen Flächen für Handel, Gewerbe und Produktion, energieautark und ressourcenschonend geplant“, bringt Schiller das Konzept auf den Punkt. Erschwert wird dieses Modellprojekt, das dem tristen Bahnhofsumfeld Leben einhauchen soll, vom neuen Eisenbahngesetz. Da einige Flächen „bahnbetrieblichen Zwecken“ vorbehalten sind, könnten bis zu 200 Wohnungen nicht gebaut werden. Da setzt sich die Stadt für eine Lösung ein, die der Entwicklung des urbanen Raums nicht im Wege steht.

Auf den Goldäckern in Leinfelden-Echterdingen ist ein klimaneutrales Wohngebiet in Planung, das den Arbeitstitel „KaepseLE“ trägt. Der Name lehnt sich an das schwäbische „Käpsele“ an, das kluge, pfiffige Menschen beschreibt. „Das Projekt ermöglicht Klimaschutz und -anpassung durch emissionsfreies Bauen, Pflanzen, Stoffkreisläufe und Energievernetzung in Leinfelden-Echterdingen“, fasst Schiller zusammen. In dem klimaneutralen Gebiet soll Wohnraum für unterschiedliche soziale Schichten entstehen, denn die umweltfreundlichen Gebäude werden möglichst kostengünstig gebaut. Wie weit sich das umsetzen lässt, wird die Entwicklung des nachhaltigen Projekts zeigen.

Projekte im IBA-Netzwerk

Impulse
Neben den 32 offiziellen Projekten unterstützen die Experten der Internationalen Bauausstellung 2027 auch kleinere Vorhaben, die nicht auf dieser Liste zu finden sind. Dabei vermitteln der Kurator Andreas Hofer und sein Team vorbildlichen Bauvorhaben in der Region Architekten, Stadtplaner und Mitglieder des IBA-Expertenteams. Ziel ist, Impulse zu geben, die neue Horizonte öffnen.

Netzwerk im Kreis Esslingen
Zu den Netzwerk-Projekten gehören unter anderem der Biohof Domäne Weil in Ostfildern, das platzsparende Haus B in Altbach, das genossenschaftlich organisierte Welthaus in Nürtingen, das inklusive Stadtquartier Schelmenäcker in Leinfelden-Echterdingen und das Zukunftsquartier Dettingen 2025. Weitere Informationen auf der Homepage der Bauausstellung: www.iba27.de