Der erste Bau der Hangweide wird zunächst noch alleine stehen. Foto: Blocher Architekten/Züblin AG

Der Holzelemente-Spezialist Züblin Timber bleibt bei seinem Angebot zum ersten Bau des IBA-Projekts „Urbanes Dorf“ in Kernen deutlich unter den erwarteten Kosten. Allerdings gibt es aktuell ein Problem mit den Fördermitteln.

Es gibt auch positive Nachrichten zur Internationalen Bauausstellung Stadtregion Stuttgart: Züblin Timber wird das erste Gebäude des für die IBA’27 konzipierten „Urbanen Dorfes“ auf dem Hangweidenareal bei Kernen-Rommelshausen voraussichtlich zeitgerecht bauen. Jener Part des Baukonzerns Züblin ist auf das Bauen von kombinierten Holzelementen spezialisiert, was nach Meinung derer, die den europaweit ausgeschriebenen Angebotswettbewerb betreuten, hervorragend zum ökologischen Gesamtkonzept der Hangweide passt.

 

Damit ist dieses Gebäude des Urbanen Dorfs im laufenden IBA-Projekt eines der ersten, das in die konkrete Bauphase einbiegt. Sollte der bisherige Zeitplan eingehalten werden, dann wird das in Holz-Hybrid-Bauweise errichtete Gebäude mit 35 Wohneinheiten auch tatsächlich zur Internationalen Bauausstellung im Jahr 2027 fertig und vorzeigbar – vielleicht sogar bewohnt sein.

Rundum gute Noten für das Angebot von Züblin Timber

„Züblin hat extrem gut abgeschnitten“, sagt Raffael Haisch, Prokurist des Projektmanagementbüros CPM, das im Auftrag der Gemeinde Kernen das gesamte Vergabeverfahren unterstützt hat. Insgesamt haben sich 15 Unternehmen bei der Projektausschreibung für das IBA-Projekt beworben, berichtete in der jüngsten Gemeinderatssitzung die juristische Beraterin Janina Dinkelaker. Vorab war im Verfahren festgelegt worden, dass lediglich fünf Bewerber ein Angebot abgeben dürfen.

Entsprechend der Vergabeempfehlung der CPM Projektmanagement möge der Zuschlag an den erstplatzierten Bieter, die Firma Züblin, Bereich Züblin Timber, erteilt werden, hieß es in der Verwaltungsvorlage für den Gemeinderat Kernen. Eine Empfehlung, der das Gremium am Ende bei lediglich einer Gegenstimme schließlich folgte.

Mit einem Angebotspreis in Höhe von 10,1 Millionen Euro für die Planungs- und Bauleistungen liegt das Angebot rund 2,5 Millionen Euro unter dem ursprünglichen Budgetrahmen für das kommunale IBA-Wohnbauprojekt. Das Angebot von Züblin, so hieß es seitens der Begleiter des Vergabeprozesses, habe sich im Rahmen des Verfahrens nicht nur als das günstigste, sondern auch als das wirtschaftlichste erwiesen. Für die gut zehn Millionen Euro entstünden 2300 Quadratmeter Mietfläche.

Gebäude in Holz-Hybrid-Bauweise

Der drei- bis viergeschossige Bau im Zentrum des Urbanen Dorfs und unmittelbar an dessen zentraler Grünfläche wird in Holz-Hybrid-Bauweise mit aussteifender Stahlbetonkonstruktion, sowie mittragenden Außenwänden aus Brettschichtholz errichtet – mit begrüntem Flachdach. Auf dem Dach ist der Bau einer PV-Anlage geplant. Eine Fläche von 448 Quadratmetern steht für die Montage von Solarpaneelen zur Verfügung. Dazu kommt in dem modernen Energiestandard entsprechenden Wohnbau eine Wärmepumpe mit Fußbodenheizung zum Einsatz. Fossile Brennstoffe werden, so die Zusatzinformation, nicht zur Wärme- oder Stromerzeugung eingesetzt.

Das Startgebäude des Urbanen Dorfs bietet 35 Wohnungseinheiten. Die Erschließung der Wohnungen erfolgt über ein zentrales Treppenhaus im viergeschossigen Gebäudeteil und horizontal über Innenflure sowie über einen im Süden vorgelagerten Laubengang auf den Geschossen im dreigeschossigen Gebäudeteil. Die begrünten Laubengänge sind vom Gebäude abgerückt, sodass Übergänge zu den Wohnungen mit privaten Zonen entstehen.

Die 35 bis 87 Quadratmeter großen Wohneinheiten sind jeweils mit Balkon ausgestattet, aber nicht alle barrierefrei erreichbar. Denn für die Aufzüge sind zunächst lediglich die Schächte vorgesehen. Die Aufzüge, so war auf Nachfrage aus dem Gemeinderat zu hören, könnten dann bei Bedarf für jeweils 60 bis 80 000 Euro ergänzt werden. Die Überlegung hierbei sei gewesen, dass – etwa mit Blick auf junge Familien – voraussichtlich nicht alle Mieter auf Barrierefreiheit angewiesen seien. Eine weitere Nachfrage aus dem Gremium galt dem Holz für die Fassade. Damit dieses mit der Zeit nicht verfärbt, werde es thermisch vorbehandelt, so der CPM-Vertreter Raffael Haisch. Die Wohnungen mitten im Urbanen Dorf sollen künftig Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein zur Verfügung stehen.

Fördermittel können noch nicht beantragt werden

Ein Problem ist laut Kernens Bürgermeister Benedikt Paulowitsch momentan der Umstand, dass für die betreffenden Förderprogramme von Bund und Land noch keine Antragsmöglichkeiten bestehen. Dabei geht es um förderfähige Summen bis zu 3,7 Millionen Euro. Das sei gerade in der aktuellen Situation völlig unverständlich, sagte Paulowitsch auch mit Blick auf die Krise in der Bauwirtschaft. Er verwies dabei auf die Inflation und massiv sinkende Zahlen bei Wohnungsbauprojekten trotz Mietwohnungsmangel. Hier sei eine Situation entstanden, in der nicht realisierte Projekte aus Anträgen der Vorjahre finanzielle Mittel blockierten.

Die Planung für den ersten Bau des Urbanen Dorfes auf der Hangweide lautet nun so: Der Bauantrag – eben mit Blick auf die jetzt noch nicht möglichen Förderanträge – wird im August dieses Jahres eingereicht. Im Januar 2025 wäre dann der Baustart möglich. Mit der Fertigstellung des IBA-Prestigeprojektes im Remstal rechnen die Beteiligten – so der Zeitplan hält – im Januar 2026. Dies sei aber „in hohem Maße von der Dauer der Bearbeitungszeit der Bauantragsunterlagen durch die Baurechtsbehörde abhängig“.

Weitere IBA-Projekte im Kreis

Backnang West
 Für das Gebiet mit Flächen für Gewerbe, Industrie und Handwerk, soziale und kulturelle Nutzungen, Einzelhandel und Wohnungen wurde ein Wettbewerb ausgelobt. Das siegreiche Konzept sieht auf der 17 Hektar großen Fläche vom Murrtal-Viadukt bis zur Friedrichstraße drei dicht bebaute Teilquartiere vor. Bis 2027 soll das Quartier im Bau präsentiert werden können.

Korber Höhe
 Ziel ist es für das „Neue Wohnen“ jene Großsiedlung weiterzuentwickeln. Es geht um klimaneutrale Bauweisen und bedarfsgerechte Wohnweisen. Die 220 Wohnungen mit Pflegeheim, Kita und Atelierflächen sollen 2027 im Bau sein.

Produktives Stadtquartier
Im Bahnhofsumfeld von Winnenden soll ein Knotenpunkt entstehen. Hier kommen Wohnen, Arbeiten und Gewerbe zusammen. Problem: Winnenden stellte aus Finanzgründen das Baugebiet zurück. Folglich wird vom Projekt der „Produktiven Stadt“ 2027 wohl nichts Konkretes zu sehen sein.

Generationenprojekt und Vorstadtleben
In einem gewerblichen Gebiet nördlich des Bahnhofs plant Schorndorf ein Viertel zum Wohnen und Arbeiten. Die Bauten auf dem 1,5 Hektar großen Areal sollen im IBA-Jahr im Bau sind. In Schorndorf hat sich zudem eine Genossenschaft gegründet, um ihre Vision eines ökologischen und solidarischen Zusammenlebens wahr werden zu lassen. Die Gruppe sei wild entschlossen, das Projekt durchzuziehen, sagt IBA-Intendant Andreas Hofer: „Ich bewundere ihren Mut.“

Landwirtschaft trifft Industrie
 Im Fellbacher Westen liegen zwei Standorte urbaner Produktion in direkter Nachbarschaft. Unter dem Titel „Landschaft trifft Industrie“ möchte die Stadt dieses Gebiet neu ordnen und setzt auf dialogorientierte Planungsprozesse. Beim mit 110 Hektar Fläche größten IBA-Projekt sollen „erste Bausteine“ im Ausstellungsjahr realisiert sein.