Die Hymnus-Chorknaben mögen es klassisch, begeben sich mit der Schauspielerin Dorothea Baltzer auch in szenisches Neuland. Foto: Bernd Eidenmüller, Lichtgut/Oliver Willikonsky

Mit „Luthers Tat“ wagen die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben ein ungewöhnliches Projekt: Gesang, Schauspiel und Videoeinblendungen gehen zusammen in diesem Beitrag zum Reformationsjubiläum.

Stuttgart - Es ist ganz schön schwierig, das Prasselgeräusch von Feuer nachzuahmen. Oder Bäume im Sturm darzustellen. Die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben sind ja schon einiges gewohnt bei Auftritten, aber mit solchen Aufgaben betreten sie Neuland. Genau das Richtige für sie zum aktuellen Reformations-Jubiläumsjahr: „Luthers Tat“ ist ein Zusammenspiel von Gesang, Bewegung, Schauspiel und Videoeinblendungen, aufgeführt in vertrauten Kirchenräumen.

Chorstücke von di Lasso, Reger, Hassler oder Schütz sind den Jungs ja bestens vertraut. Die werden auch vorgetragen, doch gesungen wird nicht wie üblich vom Notenblatt in der Hand, sondern auswendig. Emanuel Scobel, Geschäftsführer der Hymnus-Chorknaben: „Zum 500. Jahrestag der Reformation wollen wir uns und dem Publikum mal was anderes bieten, denn solch ein Jubliäum erleben wir alle nur einmal. Rein liturgische Programme machen ja viele Einrichtungen in diesem Jahr, aber so ein Zusammenspiel der verschiedenen Kunstrichtungen bietet kein Knabenchor.“

Hohe Anforderungen an die Kinder

Die 70 Jungs haben auch außer auswendigem Singen viel zu tun: Neben der klassischen Formation als Chor verteilen sie sich mal komplett im Kirchenraum, mal in Gruppen, heben mit viel Protestgeschrei Plakate hoch oder sind mal flüsternde Masse. Und als die Schauspielerin Dorothea Baltzer mit deutlichen Worten und Gesten an Luthers Anschlag seiner Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche erinnert, unterstützen dies die jungen Sänger mit entschiedenem Stampfen der Füße.

Die 14-jährigen Sänger Lennard Salander und Julian Hertler sowie der 18-jährige Clemens Ziesik sind beeindruckt und erschöpft von ihrer Darbietung, zugleich stolz: „Die Proben waren schon sehr mühsam, denn lange war uns nicht so wirklich klar, wie das ein geschlossenes Stück werden soll“, so Lennard. Klar, eines der bekannten Oratorien ist ihnen da viel vertrauter. „Aber das macht viel Spaß, es ist eine tolle Abwechslung“, ergänzt Clemens. „Und wir lernen hier viel Neues, vor allem das mit der Schauspielerei interessiert mich sehr“, so Julian. Die Uraufführung beim Evangelischen Kirchentag in Berlin im Mai war jedenfalls schon ein großer Erfolg.

Luther im Wandel

Chorleiter Rainer Johannes Homburg hat für dieses inszenierte Konzert die Schauspielerin Dorothea Baltzer, die Regisseurin Sabine Willmann und die Dramaturgin Frauke Kuhfuß-Knauer zusammengeführt, er selbst hat ein Orgelstück für Sprechgesang dazukomponiert. „Bei der Musikauswahl geht es um das Wirken Luthers durch die Zeit, deshalb gibt es Musikstücke aus allen Epochen und verschiedenen Ländern bis in die Gegenwart“, so Homburg. Von Anfang an gesetzt war für ihn lediglich die von Luther selbst komponierte Motette „Non moriar“ zur Eröffnung von „Luthers Tat“. Luther selbst tritt auch auf, doch die Schauspielerin Baltzer schlüpft erst allmählich in das historische Gewand. „Es gibt so viele, die sich in diesem Jahr einfach als Luther verkleiden“, so Baltzer, „dagegen will ich einen Luther zeigen, der unermüdlich an sich arbeitet, der Fragen stellt“.

Die Überraschungen bleiben: Wenn sie am Samstag, 14. Oktober, um 18 Uhr in der Heilbronner Kilianskirche mit „Luthers Tat“ auftreten sowie am 15. Oktober um 17 Uhr in der Schorndorfer Stadtkirche, sind ihnen die Räume von früheren Konzerten zwar bestens vertraut, doch mit „Luthers Tat“ werden sie diese neu erleben. Und vielleicht kommen ja auch noch einige Schulkameraden von Lennard, Julian und Clemens. „Die interessieren sich eher für andere Dinge“, bemerkte Clemens leicht enttäuscht noch vor dem Auftritt in der Stuttgarter Stiftskirche.