Am 19. Oktober feiern die Hymnus-Chorknaben in der Stiftskirche die Idee Europa. Welche Kraft kann das Singen entfalten? Wir haben bei Hymnus-Lenker Rainer Homburg nachgefragt.
An diesem Sonntag, 19. Oktober, führen die Hymnus-Chorknaben Stuttgart gemeinsam mit Knabenchören aus der Schweiz und der Slowakei in der Stiftskirche Marc-Antoline Charpentiers Te Deum in D-Dur auf. Was macht diese „Eurovisionshymne“ so besonders? Und was bedeutet das gemeinsame Erarbeiten und Aufführen für die jungen Sänger? Rainer Homburg, künstlerischer Leiter der Hymnus-Chorknaben Stuttgart, gibt Antworten.
Herr Homburg, die Hymnus-Chorknaben sind aktuell Teil eines internationalen Chor-Ganzen. Wie fühlt es sich an?
Es ist immer wieder eine große Freude, sich mit dem Hymnus in der internationalen Knabenchor-Community zu bewegen. Auf unseren Reisen sind wir immer wieder Gäste der Knabenchöre vor Ort, in Stuttgart immer gern Gastgebende. Dies findet nun im Rahmen unseres Jubiläums statt. Beide Chöre habe wir auch schon besucht, nun kommen wir in Stuttgart zusammen.
Geprobt wird für die Aufführung von Marc-Antoine Charpentiers „Te Deum in D-Dur“. Warum gerade dieses Werk?
In den Konzerten unseres Festivals bringt jeder Chor Werke seines eigenen Repertoires ein. Das hörend lernen wir uns gegenseitig kennen. Dazu sollte ein gemeinsam in den Tagen in Stuttgart einstudiertes Werk kommen. Die Eurovisionshymne wies uns da den Weg zu Charpentier.
Entstanden ist diese Grand Motet gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Sie tauchen ja mit den jungen Sängern immer wieder tief in die musikalische Vergangenheit ein. Spielt dabei eigentlich auch das damalige historische Geschehen eine Rolle? Vertieft solches Wissen das Verständnis?
Gerade bei Charpentiers Werk steht zunächst seine aktuelle Bedeutung als Eurovisionshymne im Mittelpunkt. Das Eintauchen in die Tradition ist immer ein Eintauchen in die gemeinsamen kulturellen Wurzeln. Die Kenntnis der Geschichte vertieft deren Verständnis. Im besten Fall werden so unsere Vorurteile übereinander ausgeräumt und wir finden den Weg zu einer starken Gemeinsamkeit.
Offiziell heißt es „Dieses Konzert bildet den musikalischen Höhepunkt im Jubiläumsjahr 125 Jahre Stuttgarter Hymnus-Chorknaben“ – gab es denn nicht ausschließlich Höhepunkte?
In der Tat, so ist es. Unser Festival stellt den Hymnus in den Internationalen Zusammenhang. Im Mai, bei der Elias-Aufführung im Beethoven-Saal, standen wir gemeinsam mit den anderen ambitionierten Stuttgarter Jugendchören auf der Bühne. Die Matthäus-Passion im April hat uns im historischen Kontext unserer Kunst gezeigt. Die Donnerode von Telemann in der Version von Johannes Kretz im Wizemann im September hat uns in die elektronische Gegenwart geführt. Begonnen hat das Jubiläumsjahr im Januar mit einem musikalischen Selbstporträt in der Stiftskirche, abgerundet wurde es mit der schönen Festschrift unserer Stiftung und dem Auftritt beim Festakt für unseren Gründungsinitiator Paul von Lechler im Hospitalhof.
Was bedeutet es Ihnen, mit Ihren Hymnus Chorknaben ein solches Konzert mit europäischem Kontext in der Stiftskirche aufzuführen?
Diese Aufführung zeigt die verbindende Kraft der Musik über Länder- und Sprachgrenzen hinweg. Dass junge Leute das gestalten können, ist ein wichtiger Impuls für ein lebendiges und harmonisches Europa von morgen. Wir erleben und zeigen die Möglichkeit des Gemeinsamen.
Das Konzert
Was?
Aufgeführt werden Marc-Antoine Charpentiers „Te Deum in D-Dur“ und weitere Werke gesungen von den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben und Knabenchören aus der Schweiz und der Slowakei.
Wo?
Das Konzert findet statt am Sonntag, 19. Oktober, um 17 Uhr in der Stiftskirche in Stuttgart (Stiftstraße 12). Tickets kosten zwischen 20 Euro (ermäßigt) und 32 Euro.
Wer?
Rainer Homburg ist seit 2010 ist künstlerischer Leiter der Stuttgarter Hymnus-Chorknaben. Seither leitete er den Chor bei rund 500 Auftritten im In- und Ausland. Zahlreiche CD-Einspielungen, u.a. für das Label MDG sowie regelmäßige Rundfunk- und Fernsehauftritte dokumentieren die erreichte künstlerische Neuausrichtung des Knabenchores. Nach Debatten über die künftige Ausrichtung des Gesamtgebildes Hymnus will Rainer Homburg neue Herausforderungen annehmen. Am 26. November um 10 Uhr wird Homburg mit einem Gottesdienst in der Stiftskirche aus seinem Amt verabschiedet, aktuell läuft die Suche nach der Nachfolge.