Andrea Sawatzki und Mert Dincer bei Dreharbeiten zu „zoros Solo“ in Besigheim Foto: Meinhardt

Ein Besuch der Dreharbeiten zu dem Film „Zoros Solo“ in Besigheim: Die Schauspielerin Andrea Sawatzki spielt die Leiterin eines Knabenchors mit Hilfe der Stuttgarter Hymnus-Chorknaben

Stuttgart - Schön ist es in Besigheim: Die historische Altstadt ist weitgehend vom Autoverkehr befreit, überall locken regionale Spezialitäten, viel Fachwerk und liebevoll und heimelig gestaltete Gastronomiebetriebe. Und dann noch der Ausblick auf die Landschaft, die Weinbau-Terrassen und den Zusammenschluss von Enz und Neckar quasi vor der Haustüre . . .

Doch für solche Dinge hat Frau Lehmann keinen Sinn. Sie lebt zwar in dieser malerischen Kleinstadt, doch ihr ganzes Sinnen und Trachten gehört dem dort ansässigen Knabenchor. Dem verlangt sie viel ab, denn er soll in Ungarn bei einem Wettbewerb einen wichtigen Preis gewinnen. Ihr Leben spielt sich deshalb vor allem im Probenraum ab.

Eine strenge Lehrerin lernt das Dirigieren

Äußerlichkeiten zählen nicht: Irgendwie bräunlich ist ihr Pulli, irgendwie grau der Rock – praktisch halt vor allem. Und streng. „Ja, ich bin eine strenge Lehrerin“, bestätigt die Schauspielerin Andrea Sawatzki. Gerade hat sich eine Drehpause ergeben zwischen zwei szenischen Umbauten bei der Stadtkirche in Besigheim. Sawatzki ist auch da noch ganz konzentriert auf das filmische Geschehen, nimmt sich aber dennoch Zeit für ein Gespräch.

„Einen Chor habe ich noch nie dirigiert, weder im richtigen Leben noch als Schauspielerin“, bemerkt sie, „und das ist schon eine sehr anstrengende Sache. Die Einsätze zur richtigen Zeit geben, über das ganze Geschehen wachen – das ist ja eine Tätigkeit, die eigentlich studieren wird, damit man sie gut ausüben kann.“ Da war es für Sawatzki schon sehr hilfreich, dass sie aus ihrem realen Leben schon viele musikalische Kenntnisse mitbringt: „Ich kann Noten lesen, habe selbst mal in einem kleinen Chor mitgesungen, spiele Instrumente – für diese Rolle waren schon gute musikalische Vorkenntnisse nötig. Deshalb bin ich aber auch nicht gerade in ein schwarzes Loch gefallen“, so Sawatzki.

Die Hymnus-Chorknaben nehmen den Soundtrack auf

Und sie hat die Hilfe der Stuttgarter Hymnus-Chorknaben. Schon vor einigen Wochen hat sie die Jungs beim Proben besucht, hat sich von deren Leiter Rainer Johannes Homburg in das Dirigieren dieses Ensembles einweisen lassen. Bei den Dreharbeiten sind einige von ihnen dabei, und hier vor Ort geht es noch um einige detailliertere Dirigierkniffs, die ihr Daniel Joos zeigt, der vor einigen Jahren den B-Chor bei Hymnus geleitet hat. Die Hymnus-Chorknaben spielen auch dann wieder eine wichtige Rolle, wenn die Dreharbeiten abgeschlossen sind: Sie nehmen dann noch einmal all jene Werke auf, die in dem Film erklingen, machen also den Soundtrack dazu“. Denn die Chorstücke wurden speziell für diesen Film von Steven Schwalbe komponiert.

„Die Jungs sind einfach fantastisch“, schwärmt Sawatzki, „sie sind voll dabei, sind ganz neugierig und gleichzeitig sehr diszipliniert und immer sehr fröhlich. Es ist eine große Freude, mit ihnen zusammenzuarbeiten.“

Der Versuch, eine Familie zu vereinen

Ungetrübt ist die Freude freilich nicht, dafür sorgt im Film der 13-jährige Zoro. Mit Mutter und den Schwestern ist von Afghanistan ins schwäbische Liebigheim geflüchtet, der Vater ist auf der Flucht in Ungarn zurück geblieben. Mit den Verhältnissen hier kommt er nicht wirklich zurecht, er steht am Anfang einer Verbrecherkarriere, doch da erfährt er von dem Chor und dessen Reise in seine Heimat nach Ungarn. Sein Entschluss steht fest: Er will in diesem Chor unbedingt mitsingen. Und sein eigentliches Ziel ist: Er will mit dem Chor nach Ungarn reisen, um seinen Vater nach Deutschland zu holen, damit die Familie hier wieder vereint ist. Das ist aber nicht so einfach wie von ihm angedacht, viele Hürden stehen im Weg auf beiden Seiten.

„Frau Lehmann hat ein Problem mit Ausländern“, so Sawatzki, „und der Chor ist ihr Lebenselixier. Sie ist eine sehr einsame Frau, die eigentlich nichts anderes mehr hat außer dieser Musik. Da verträgt sie dann keinerlei Störungen“. Aber der Film verharrt nicht auf diesem „so weit, so schlecht“-Standpunkt. Sawatzki: „Dieser Film „Zoros Solo“ zeigt sehr schön, wie Musik als Bindeglied funktioniert zwischen zwei verschiedenen Kulturen. Mit Musik ist vieles möglich: Sie überwindet Vorurteile und Selbstbeschränkungen, sie kann ein Leben völlig verändern. Frau Lehmann macht eine erstaunliche Entwicklung in dem Film.“ Das war für sie auch die Motivation, diesen Film zu drehen. Von dessen Ende will sie nicht zuviel verraten, soviel aber schon: Es gibt ein happy end.

Freude für die Fans von Besigheim

Auch die Besigheim-Fans werden glücklich sein: „Wir zeigen einiges von der Stadt: Den Markt, das Rathaus, die Kirchen, die Türme, überhaupt das Panorama der Stadt“, so Kathrin Tabler, Produzentin des Films. Und darauf kann man ruhig trauen: Sowohl Tabler als auch der Chor-Trainer Joos haben biografische Wurzeln in der Stadt.

Die Premiere des Films ist im nächsten Jahr im Rahmen eines Festivals. Ein genauer Termin steht aber noch nicht fest, auch noch nicht für den Kinostart.