Die Karibikinseln Sint Maarten, Saint Martin, Barbuda und Anguilla sind von Irma am schwersten heimgesucht worden. Foto: AFP

Mehrere britische, französische und britische Überseegebiete in der Karibik sind vom Hurrikan Irma verwüstet worden.

Saint-Martin/Paris - Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde hat Hurrikan Irma Tod und Verwüstung über ostkaribische Inseln gebracht. Mindestens zehn Menschen kamen bis Donnerstag auf Barbuda, Anguilla und Saint Martin ums Leben, ersten Meldungen zufolge blieb in einigen Regionen fast kein Stein auf dem anderen und wurde die gesamte Vegetation hinweggefegt.

„Die Lage ist apokalyptisch“

„Ich habe nichts mehr“, sagt Kevin Barrollon zu einem französischen TV-Sender, nachdem ihm sein Haus auf der Insel Saint-Barthélémy davongeflogen ist. Nur seinen Kopf hat er gerettet. Vielleicht, weil er während des Hurrikans einen Motorradhelm aufgesetzt hatte. Die Journalistin Maeva-Myriam Ponet hat als eine der ersten aus dem Unglücksgebiet der Insel Saint-Martin berichtet.

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„Die Lage ist apokalyptisch“, schildert die Vertreterin des Senders Guadeloupe-Première die Lage. „Ich sehe Häuser ohne Dächer, umgestürzte Autos, ausgebrannte Schiffe. Das Spitaldach ist weg, die Präfektur eingestürzt. Es gibt keine Elektrizität, kein fließendes Wasser, kein Internet, erst vereinzelt wieder Telefon.“

Groß ist die Angst von Angehörigen im fernen Frankreich. „Wir sind daran, unser Dach zu verlieren, und sind in das kleine Badzimmer geflüchtet“, teilt eine Mutter aus Saint-Martin ihrer Tochter daheim per SMS mit. Die letzte SMS lautete: „Es läuft überall ins Haus ein.“ Seither ist Sandrine Meyer in höchster Sorge um ihre Mutter.

„95 Prozent der Insel sind verwüstet“

Franck Garondo, ein in Saint-Martin ansässiger Franzose, musste mitten im Sturm seine Schwiegermutter retten. Die alte Frau habe ihm angerufen, da ihr Haus langsam eingestürzt sei; darauf habe sie sich in ihr Auto in der Garage gesetzt. „Wir schafften es gerade noch, sie vor dem Höhepunkt des Sturms herauszuholen.“

Kein Einzelfall: Laut dem Präsidenten des Inselrats von Saint-Martin, Daniel Gibbs, sind „95 Prozent der Insel verwüstet“. In den Armenvierteln von Saint martin ist es offenbar auch zu Plünderungen gekommen. „Wenige Minuten, nachdem sich der Wind etwas gelegt hatte, sah ich Dutzende von Jugendlichen, die in die Läden eindrangen“, erzählt Rinsky Xieng , ein anderer Journalist. „Sie kamen mit ganzen Kartonkisten voller TV-Bildschirme, Videos und Schuhe zurück.“

Totale Funkstille auf Saint-Barthélémy

Fast noch schwieriger ist es, Informationen von der ebenso hart getroffenen Insel Saint-Barthélémy zu erhalten. Das Villen-Paradies des internationalen Jetsets war zuerst völlig von der Außenwelt abgeschnitten, da auch der Flugplatz unter Wasser stand. Die Regierung in Paris richtete umgehend eine Luftbrücke ein. Zwei Flugzeuge brachten Trinkwasser, Notrationen und Medikamente auf die benachbarte Insel Guadeloupe, die von „Irma“ weitgehend verschont blieb. Von dort aus brachten Hubschrauber Ärzte, Gendarmen und Zivildienstangehörige in das eine Flugstunde entfernte Katastrophengebiet von Saint-Martin und Saint-Barthélémy. Auf beiden Inseln sollen binnen 24 Stunden Landepisten hergerichtet werden.

„Es ist ein Wettlauf mit der Zeit“, sagt Innenminister Gérard Collomb in Paris. „Neben der ersten Hilfe brauchen die Inselbewohner Stromgeneratoren, um die Entsalzungsanlage wieder in Betrieb zu nehmen und Trinkwasser herzustellen.“ Die Experten des Wetterdienstes Météo-France bezeichnen „Irma“ als den längsten jemals erfassten Hurrikan der Maximalstärke 5. „Eine solche Intensität über eine so lange Dauer hat es auf der Erde seit Beginn der Satellitenära nicht gegeben.“