Nach dem Angriff am Bärenschlössle wieder brav: Gesucht wird der Halter dieses Hundes. Foto: STN

Immer wieder kommt es zu bissigen Zwischenfällen zwischen Hunden und Menschen. Besonders traurig: Häufig machen sich die verantwortlichen Hundehalter einfach aus dem Staub. Einer war besonders dreist.

Stuttgart - Der Mann nannte sich „Stefan Dörfner“. Er wirkte betroffen, ehrlich und hilfsbereit. Sein Hund hatte in der Nähe vom Bärenschlössle im Stuttgarter Westen aus heiterem Himmel eine Radfahrerin gebissen. Das Tier war nicht angeleint. Während sich in vielen anderen Fällen die Hundehalter einfach aus dem Staub machen, reagierte dieser Mann scheinbar korrekt. Er kümmerte sich, gab der Betroffenen und ihrem Begleiter seine Personalien. Nun aber sucht die Polizei den angeblichen „Stefan Dörfner“.

Der Vorfall spielte sich am 27. September auf dem Damm zwischen dem Bärensee und dem Neuen See ab. Eine 58-jährige war mit ihrem Fahrrad in Richtung Bärenschlössle unterwegs, als sie am Wegesrand einen braunen Jagdhund entdeckte, an einem Baum schnüffelnd. „Dann kam er locker und lässig zu mir her, nicht aggressiv, als ob er schnuppern wollte“, sagt die Betroffene. Die Frau aus Villingen-Schwenningen, die früher selbst einen Hund hatte, bremste ab. Und dann biss das Tier zu. Die Radfahrerin erlitt dadurch vier teils tiefe Bisswunden im rechten Unterschenkel.

Erst Tage später schöpft das Opfer Verdacht

Der Hund gehört offenbar einem Paar Ende 30. Während die unbekannte Frau das Tier an die Leine nahm, eilte der mutmaßliche Halter besorgt herbei. Er wirkte auf die 58-Jährige betroffen und freundlich, kümmerte sich um die Verletzung, unterhielt sich mit dem Bekannten des Opfers. Der Hund sei gegen alles geimpft, teilte der Halter mit, gerne werde er die Papiere per Mail zusenden. Dann schrieb er auf einen Zettel den Namen „Stefan Dörfner“, eine Adresse im Stuttgarter Osten und eine Telefonnummer.

„Man ist in dieser Situation komplett überrumpelt“, sagt die 58-Jährige. Weil der gepflegt und freundlich wirkende Halter mit schwäbischem Dialekt so vertrauenswürdig gewirkt habe, sei sie nicht auf die Idee gekommen, sich seinen Personalausweis zeigen zu lassen. Erst Tage später, als die E-Mail mit den Impfdaten nicht eintraf, schöpfte die Betroffene Verdacht. Name und Adresse stimmten nicht, außerdem gab es keinen Anschluss unter der Rufnummer.

Opfer ist bis Mitte Oktober arbeitsunfähig

Wegen der Verletzung, die wegen der Entzündungsgefahr seither tägliche Arztbesuche notwendig macht, musste die 58-Jährige ihren geplanten Urlaub in Österreich absagen. Aus Sicherheitsgründen musste sie auch eine Tollwutimpfung über sich ergehen lassen. Sie ist auch arbeitsunfähig und bis Ende dieser Woche krankgeschrieben. „Das muss nun auch mit der Krankenkasse abgeklärt werden“, sagt die Frau. Ihr Begleiter ist überzeugt, dass dies kein Einzelfall gewesen ist: „Wer so berechnend reagiert, hat das nicht zum ersten Mal gemacht“, sagt er.

Der Fall ist nun beim Polizeiposten Vaihingen gelandet. Es geht um den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung. Ganz ohne eine heiße Spur sind die Beamten nicht. So könnte es sein, dass die Unbekannten zu der angegebenen Adresse tatsächlich vor Jahren eine Verbindung gehabt haben. Von der unbekannten Begleiterin des mutmaßlichen Halters existiert außerdem ein Handyfoto, mit dem im polizeiinternen Informationssystem gefahndet werden könnte.

Ein Halter übergibt vor der Flucht seine Monatskarte

Dabei kommt es immer wieder zu dramatischen Zwischenfällen zwischen Hund und Mensch. Allein in diesem Jahr wurden in und um Stuttgart mehr als 30 Fälle gemeldet, bei denen die Halter meistens unerkannt blieben. In Stuttgart etwa jene 40 bis 50 Jahre alte Frau, deren Hund einen sechsjährigen Jungen auf einem Schulhof in Mönchfeld angriff und verletzte. Es gibt auch den Mann mit Augenklappe, dessen schwarzer Hund auf einem Bahnsteig in Bad Cannstatt einen 23-Jährigen biss. Oder der Besitzer dreier frei laufender Hunde, die in Stammheim ein Reh und einen Spaziergänger angriffen.

Eine ungewöhnliche Visitenkarte hinterließ ein 52-Jähriger, dessen Bulldogge ein Kindergartenkind in einer S-Bahn in die Hand biss. Ohne auf die Polizei zu warten, drückte er der Erzieherin der Kindergartengruppe seine Monatsfahrkarte in die Hand – der Name war wenigstens nicht erfunden.