Zerstörte Gebäude in der türkischen Großstadt Malatya. Etliche Menschen, die heute im Raum Stuttgart wohnen, stammen aus dieser Region. Foto: dpa/Uncredited

Türkische Angehörige nach Deutschland holen und sie bei sich aufnehmen? Viele Menschen wären dazu wohl bereit. Das Auswärtige Amt reagiert auf die öffentliche Diskussion und nennt die Rahmenbedingungen.

Können Menschen in Deutschland ihre türkischen Angehörige nach Deutschland holen, um sie vorübergehend bei sich unterzubringen? Zwei Tage lang stand diese Frage im Raum. Jetzt haben das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium reagiert. „Die außergewöhnliche Notlage nach dem verheerenden Erdbeben erfordert humanitäre Hilfeleistung und gelebte Solidarität auf vielen Ebenen“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums unserer Zeitung. „Dies kann auch die Möglichkeit der Einreise für türkische Staatsbürger nach Deutschland umfassen, wenn die individuelle Notlage dies erfordert, zum Beispiel aus dringenden medizinischen Gründen.“ Viele der Betroffenen hätten in Deutschland Verwandte und könnten in dieser Notsituation hier privat unterkommen.“

Die Antwort lautet also grundsätzlich ja. Erdbebenopfer können bei Familienangehörigen in Deutschland beherbergt werden. Dieses Ja ist allerdings an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Auch nach der Erdbeben-Katastrophe gelte grundsätzlich, dass türkische und syrische Staatsangehörige für eine Einreise nach Deutschland ein gültiges Visum benötigen, teilt das Auswärtige Amt auf seiner Homepage mit (https://www.auswaertiges-amt.de/de): „Unsere Visastellen werden im Rahmen des Visumverfahrens jedoch die schwierige humanitäre Situation vor Ort berücksichtigen.“

Das sind die Bedingungen für ein Besuchsvisum

Wie das Auswärtige Amt betont, können Erdbebenopfer, die für die nächsten Monate (insgesamt bis zu 90 Tage) bei Angehörigen in Deutschland unterkommen wollen, ein sogenanntes Besuchsvisum beantragen. Dafür müssten vorliegen: die Bedingungen des geplanten Aufenthalts (etwa in Form einer Einladung), der Nachweis über die nötigen finanziellen Mittel für die Reise (Flugticket, Verpflichtungserklärung des Einladenden oder Nachweise über Bankguthaben des Reisenden). Außerdem der Nachweis über eine Reisekrankenversicherung. Die Antragsteller müssten zudem ihre Absicht erklären, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums den Schengenraum wieder zu verlassen.

Eine Schwierigkeit liegt darin, dass das Visum in der Türkei beantragt werden muss. Das Annahmezentrum Gaziantep sei von dem Erdbeben betroffen, erklärt das Auswärtige Amt. Bestätigte Termine könnten in einem der anderen Annahmezentren in der Türkei wahrgenommen werden. Die Behörde verweist dazu auf die Webseite der deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei (https://tuerkei.diplo.de/tr-de) und seines externen Dienstleisters iData (https://idata.com.tr/de/tr). Antragstellende aus Syrien könnten sich aufgrund der Schließung der deutschen Botschaft in Damaskus an die umliegenden Auslandsvertretungen in Beirut oder in Istanbul wenden.

Ein Mann aus Botnang schlägt einen schnelleren Weg vor

Die baden-württembergischen Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte sich am Mittwoch für unbürokratische Hilfe stark gemacht. Das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium sollten prüfen, „inwieweit es Menschen in Deutschland unbürokratisch ermöglicht werden kann, notleidende Angehörige für eine begrenzte Zeit auf eigene Kosten bei sich aufzunehmen“, bat sie. Viele Menschen in Deutschland suchten nach Möglichkeiten, ihren Angehörigen zu helfen und bei sich aufzunehmen.“ Menschen wie Mesut Hos aus Stuttgart-Botnang. Er möchte seine obdachlos gewordenen Eltern bei sich aufnehmen. Im Sinne der Betroffenen plädiert er dafür, die Visumsanträge nicht in der Türkei stellen zu müssen, sondern hier in Deutschland. Das würde die Verfahren stark abkürzen.