Nach der Trennung fuhr der bisherige Trainer Thorsten Fink ein letztes Mal beim HSV vor. Sein Assistent Roger Stilz übernahm die Übungseinheiten. Wer am Samstag gegen Werder Bremen auf der Bank sitzt, ist noch unklar. Der neue Chefcoach wird gesucht.

Hamburg - Nach dem Rauswurf von Trainer Thorsten Fink hat am Dienstagmorgen zunächst sein Assistent Roger Stilz die Geschäfte auf dem Übungsplatz des Hamburger SV übernommen. Fink ließ es sich allerdings nicht nehmen, vorher noch einmal in der Kabine zur Mannschaft zu sprechen. Um 10.08 Uhr war der am späten Montagabend von der Trennung informierte Coach des Fußball-Bundesligisten an der Geschäftsstelle des HSV vorgefahren. Wegen seiner Abschiedsrede musste der Trainingsstart verschoben werden.

Exakt 700 Tage war Fink im Amt. Nach fünf Spielen der neuen Saison ist Schluss. Der Vorstand sah nach nur einem Sieg und dem 2:6-Debakel bei Borussia Dortmund keine andere Möglichkeit. „Ich bin stolz, hier gewesen zu sein, die zwei Jahre. Ich habe einen tollen Verein trainiert“, sagte Fink dem Radiosender NDR 90,3. „Jetzt ist es noch früh genug, dass man die Ziele erreicht - auch noch mit einem anderen Trainer.“

Der andere könnte der frühere Hoffenheim-Coach Markus Babbel oder Franco Foda, ehemaliger Trainer des 1. FC Kaiserslautern sein. Mit Foda hat HSV-Sportvorstand Oliver Kreuzer einst beim österreichischen Erstligisten Sturm Graz zusammengearbeitet. Mit Babbel soll nach dpa-Informationen bis zum Dienstagvormittag jedoch niemand vom HSV gesprochen haben.

Kreuzer informierte den Coach am Montagabend über die Trennung. Wenige Stunden zuvor hatte er noch verkündet: „Das Thema Trainer stellt sich für mich Stand heute nicht.“ Der erst zu Saisonbeginn vom Karlsruher SC an die Elbe gewechselte Sportchef schränkte allerdings schon da ein: „Was weiß ich, was morgen ist?“

Er musste dann nicht einmal bis zum nächsten Tag warten. Nachdem der Vorstand am Montag getagt und den Daumen gesenkt hatte, informierte Kreuzer seinen Freund über die Entscheidung. Fink wurde zum einen die triste sportliche Bilanz mit den meisten Gegentoren in der neuen Bundesliga-Saison (15) zum Verhängnis, zudem das Fehlen eines sportlichen Konzeptes. Immer wieder stürzte die Mannschaft empfindlich ab, immer wieder versuchte Fink mit anderen Spielsystemen einen Glückstreffer zu landen.

Rafael van der Vaart übt Kritik am Zeitpunkt der Trennung

Das 2:6 in Dortmund und die erneute Reise des 45 Jahre alten Trainers zu seiner Familie nach München, während die Mannschaft ohne ihren Coach trainieren musste, brachte das Fass zum Überlaufen. „Zugegebenermaßen ist das etwas unglücklich, die Entscheidung getroffen zu haben, zur Familie zu fliegen“, kritisierte Kreuzer.

In den Wochen zuvor hatte der HSV bereits eine demütigende 1:5-Heimniederlage gegen Hoffenheim hinnehmen müssen. Danach waren der inzwischen an Schalke ausgeliehene Abwehrspieler Dennis Aogo suspendiert worden, weil er an zwei trainingsfreien Tagen nach Mallorca geflogen war und damit kein Fingerspitzengefühl in der kritischen Situation hatte walten lassen.

Kapitän Rafael van der Vaart übte Kritik am Zeitpunkt der Trennung. „Oha, vor dem heißen Nordderby gegen Werder. Ich verstehe den Zeitpunkt nicht so ganz“, sagte der Niederländer der „Bild“-Zeitung (Dienstag). „Ich dachte, dass der Coach auch gegen Werder auf der Trainerbank sitzen würde.“ Er sei „total schockiert“, meinte der Mittelfeldspieler. „Das hätte ich nie für möglich gehalten.“ Er habe Fink als „hart arbeitenden und stets hochmotivierten Coach“ kennengelernt. „Er brannte immer“, meinte van der Vaart.

Fink hatte den HSV im Oktober 2011 auf Platz 18 übernommen und vor dem Abstieg bewahrt. In der Folgesaison schrammte er mit dem Team nur um einen Rang an der Europa-League-Teilnahme vorbei. Erneut wurde für die aktuelle Spielzeit das europäische Geschäft als Ziel ausgegeben. Das ist nach dem blamablen Start derzeit kein Thema mehr.