Endlich! Sonntagnacht ist der lang erwartete „Game of Thrones“-Ableger „House of the Dragon“ gestartet. Er erzählt in gewohnt spektakulären Bildern von Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen. Doch kann das Prequel wirklich mit der Originalserie mithalten?
Als der Drache majestätisch schnaubend die Wolken durchbricht, wird der Blick frei auf King’s Landing, die Hauptstadt der sieben Königslande, die sich wie eine gigantische Krake ans Meer schmiegt. Nicht nur dieses pompöse Panorama und das betörende Cellomotiv in Moll sorgen dafür, dass einem diese Welt sofort merkwürdig vertraut vorkommt.
Da ist auch die junge Drachenreiterin mit weißen Haaren, da ist das Massaker, das die Rote Garde später in den Slums der Stadt veranstaltet, bei dem abgeschlagene Gliedmaße ähnlich explizit ins Bild gerückt werden, wie nachher die nackten Körper bei einer Orgie in einem Bordell. Da sind die Geschichten von Verrat, Gier und vom unerbittlichen Streben nach Macht: Willkommen zurück in Westeros, willkommen zurück in der düster fantastisch aufgeladenen Mittelalterwelt von „Game of Thrones“, in der jeder und jede danach strebt, auf dem Eisernen Thron sitzen zu dürfen – auch wenn der arg unbequem aussieht.
Nur das Haus der Drachen kann dem Haus der Drachen gefährlich werden
In Westeros nichts Neues? Der „Game of Thrones“-Ableger „House of the Dragon“, der Sonntagnacht startet, legt Wert darauf, die Fans der Originalserie genau mit den Schauwerten zu bedienen, die das Fantasyepos zur erfolgreichsten Serie in der Geschichte des Senders HBO gemacht haben. Nur an viele neuen Namen muss man sich gewöhnen. „House of the Dragon“ spielt 200 Jahre vor „Game of Thrones“. Und als die Serie beginnt, herrscht tatsächlich Frieden in Westeros. Das liegt daran, dass kein Stark, Lannister oder Barethon es wagen könnte, die Macht an sich zu reißen.
Wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem sich niemand mit dem Königshaus Targaryen anlegt. Das liegt vor allem an den zehn erwachsenen Drachen, die diese Herrscher unbesiegbar machen. Das Einzige, was dem Haus der Drachen gefährlich werden kann, ist das Haus der Drachen selbst. Und davon erzählt diese Serie.
Prinzessin Rhaenyra als Mischung als Daenerys und Arya
Zur ersten Heldin ihrer Story machen sie Prinzessin Rhaenyra von Dragonstone (Milly Alcock), die erstgeborene Tochter König Viserys’ I. (Paddy Considine). Sie riecht lieber nach Drachen als nach Vollbad, sieht mit ihren weißen Haaren Daenerys Targaryen, die Hunderte Jahre später die Herrin der Drachen sein wird, zwar zum Verwechseln ähnlich, gleicht aber als junge Rebellin noch viel mehr Arya Stark aus der Originalserie. Und natürlich hält sie gar nichts davon, wenn ihr ihre Mutter sagt: „Kinder zu gebären ist das Schlachtfeld von Frauen.“
Doch die Serie, die auf Martins Buch „Feuer und Blut“ beruht, hat andere Pläne mit ihr. Denn den König plagt eine Wunde, die nicht heilen will. Zugezogen an einer der scharfen Schwertspitzen, aus denen der Eiserne Thron besteht. Weil er keinen Sohn hat, muss er sich entscheiden, wer einmal sein Nachfolger werden soll: sein jüngerer Bruder Daemon (Matt Smith), ein grausamer Kämpfer, der seine eigene Schwäche und Unsicherheit hinter brutaler Arroganz versteckt, oder seine Tochter Rhaenyra?
„Game of Thrones“ gegen „Herr der Ringe“
„Game of Thrones“ (2011-2019) hat Maßstäbe gesetzt. Die Serie hat nicht nur mehr Emmys gewonnen als jede andere TV-Produktion, sondern ist auch finanziell die bisher erfolgreichste HBO-Serie. Darum lässt sich der Sender den Ableger viel Geld kosten und hat hohe Erwartungen: Zum einen hofft er darauf, dass sich die Investitionen am Ende lohnen. Zum anderen hofft er aber auch, dass die Fans das missglückte „Game of Thrones“-Finale vergessen und vergeben haben, in dem Daenerys im Schnelldurchlauf zur verrückten Tyrannin erklärt und King’s Landing in Schutt und Asche gelegt wurde. Und dann ist da noch die teuerste Serienproduktion aller Zeiten, die „House of the Dragon“ schon auflauert: „Der Herr Ringe: Ringe der Macht“ startet am 2. September bei Amazon Prime – und ob die Streamingwelt wirklich groß genug ist für zwei fast zeitgleich startende spektakuläre Fantasyserien, muss sich erst noch zeigen.
Weitere „Game of Thrones“-Ableger in Planung
Aber selbst falls „House of the Dragon“ nicht ganz mit der Originalserie mithalten kann, ist Westeros nicht verloren: Mehrere Serienableger befinden sich derzeit in Produktion (eine wurde jedoch bereits nach der Erstellung einer Pilotepisode wieder eingestellt). HBO möchte aus der Welt, die George R. R. Martin erschaffen hat, ein ähnlich weit verzweigtes filmisches Universum erschaffen, wie es Marvel mit seinen Superhelden gelungen ist. „House of the Dragon“ stellt dafür den wichtigen, ersten Schritt dar.
Duell der Fantasy-Blockbuster-Serien
House of the Dragon
Den „Game of Thrones“-Ableger hat sich George R. R. Martin, vom dem auch die Buchvorlagen der Fantasysaga stammen, zusammen mit Ryan Condal („Colony“) ausgedacht. Die Serie ist am 21. August in den USA und ist zeitgleich in Deutschland in der Nacht auf Montag, 22. August, beim Sky-Streamingdienst Wow auf Abruf verfügbar. Die Episoden werden wöchentlich veröffentlicht.
Der Herr der Ringe: Ringe der Macht
Die im Fantasykosmos von J. R. R. Tolkien angesiedelte Serie von J. D. Payne und Patrick McKay spielt im sogenannten zweiten Zeitalter in der Geschichte von Mittelerde – und damit Tausende Jahre vor den Ereignissen von „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“. Die Serie startet am 2. September bei Amazon Prime Video.