Dass weniger Geschäftsleute unterwegs sind, schmerzt die Betriebe in der Region besonders. Müssen sich Hotels künftig umstellen, weil Tagungen, Treffen und Meetings vermehrt online stattfinden?
Ludwigsburg - Wenn Felix Sommerrock derzeit durch das fast leere Schlosshotel Monrepos geht, dann macht ihn das manchmal auch traurig. „Wir machen das ja, weil es uns Spaß macht und wir gerne Gäste empfangen“, sagt der 37-jährige Hoteldirektor. Aber Gäste kommen derzeit kaum. An manchem Wochenende waren zwei oder drei der 77 Zimmer belegt. „Da lohnt es sich dann kaum aufzumachen“, sagt Sommerrock. Vor Corona fanden in dem Hotel am Rande von Ludwigsburg unter der Woche drei bis fünf Tagungen gleichzeitig statt. „Auch das hat sich drastisch reduziert.“ So wie dem Schlosshotel geht es vielen: mit Kurzarbeit und staatlichen Hilfen kommen sie irgendwie über die Runden, befriedigend ist das aber nicht.
Wie schlecht das Übernachtungsbusiness derzeit läuft, weiß Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Im Januar lag die Bettenauslastung im Kreis Ludwigsburg bei etwas über zwölf Prozent. „Das als desaströs zu bezeichnen, ist noch untertrieben“, sagt Ohl. Schon das vergangene Jahr sei mit rund 23 Prozent miserabel gewesen. Zum Vergleich: 2019 waren es um die 40 Prozent. Viele Hotels mit Restaurant bieten inzwischen Essen zum Mitnehmen an, kostendeckend arbeiten lässt sich so nicht. Das Angebot ist vor allem ein Service für Stammgäste – und die Mitarbeiter, die nicht mehr nur daheim sitzen, freuen sich.
70 bis 80 Prozent der Kundschaft sind Geschäftsleute
„Normalerweise ist unser Personal ja Stress gewohnt, deshalb ist es für sie derzeit besonders schwer“, sagt Felix Sommerrock. Er und sein Kollege Christian Köhle, der den Goldenen Pflug in Ludwigsburg betreibt, sorgen sich ein wenig. Viele Gastromitarbeiter haben Trinkgeld fest einkalkuliert. „Und dann arbeiten bei Paaren meistens beide in der Gastro, anders geht es wegen der Arbeitszeiten nicht“, sagt Köhle. „Daran denkt aber keiner.“ Auch für ihn ist das Außerhausgeschäft nur ein Zubrot, die Gäste, die übernachten und dann auch im Restaurant speisen, fehlen. „Wir sagen nicht umsonst, das Geld kommt die Treppe runter.“
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Besonders zu schaffen macht den Hotels in der Region, dass sich viele Geschäftsreisende im Homeoffice oder in Kurzarbeit befinden. Sie machen normalerweise 70 bis 80 Prozent der Kundschaft aus. „Momentan sind nur noch die da, die unbedingt vor Ort sein müssen, wie zum Beispiel absolute Spezialisten, die tageweise auf Baustellen tätig sind“, sagt Harald Kilgus, der das Hotel Bergamo und das Campuszwei in Ludwigsburg betreibt.
Trotz der großen Abhängigkeit von Geschäftsreisenden, die Entscheidung der Bundesregierung, dass Menschen nach Mallorca fliegen, aber nicht vor der eigenen Haustüre Urlaub machen dürfen, sorgt bei vielen für Kopfschütteln. „Wenn wir 30 Prozent der Kundschaft pauschal nicht bedienen dürfen, dann ist das natürlich schwierig“, sagt Harald Kilgus. Christian Köhle denkt nicht einmal an sein eigenes Geschäft, sondern auch an andere aus der Branche, die vor allem mit Touristen ihr Geld machen.
Wie lockt man mehr Touristen an?
Weil Firmen während Corona bemerkt haben, dass in manchen Fällen auch ein Online-Meeting reicht, stellen sich einige Hoteliers die Frage, wie viele Geschäftsreisende künftig überhaupt noch eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. „Da wird sich sicherlich etwas ändern“, sagt Kilgus. Angst, dass er seine Hotels in Büroflächen umwidmen muss, hat er aber nicht. Felix Sommerrock sagt dazu: „Oft ist es bei Treffen oder Tagungen ja auch so, dass die wirklich wichtigen Dinge beim Kaffee oder abends an der Bar besprochen werden.“ Dennoch sind sich die Hoteliers einig: Mehr Touristen, die tageweise oder auch mal länger im Kreis Ludwigsburg bleiben, schaden nicht. Denn nach einem Höhenflug – innerhalb von neun Jahren hatte sich die Zahl der Betten im Kreis von 5900 auf fast 7000 erhöht – ist er erst einmal gestoppt. Deshalb müsse es überall in der Region, auch in Ludwigsburg, das Ziel sein, mehr Touristen anzulocken, meint Dehoga-Sprecher Ohl. „Und Ludwigsburg hat ja durchaus etwas zu bieten.“ Für die Hoteliers ist das auch eine Frage der Vermarktung.
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Der Tagestourismus sei vor Corona bereits relativ stark ausgeprägt gewesen, sagt Elmar Kunz. „Das ist im Sommer, als mehr möglich war, auch direkt wieder angesprungen“, so der Chef der Tourismus und Events Ludwigsburg. Er sieht aber noch Luft nach oben, besonders was den „Outdoorbereich“ angeht. Den Neckar könnte man noch besser in Szene setzen, genauso die Steillagen – beispielsweise mit einem Rundweg. Und das Thema Wein verspreche auch zusätzliche Touristen. Insgesamt könnten alle Beteiligten noch besser zusammenarbeiten. „Da müssen wir auch die Hoteliers noch ein bisschen mehr ins Boot holen“, sagt Kunz.
Normalität ist nicht in Sicht
Dass die schnell wieder zur Normalität zurückkehren werden, glauben sie aber nicht. Dazu hängt die Branche von zu vielen anderen ab. „Die Wirtschaft muss laufen, Reisen muss erlaubt sein, Veranstaltungen müssen stattfinden – Messen auch“, sagt Harald Kilgus. Er stellt sich deshalb auf ein weiteres Jahr mit wenig Gästen ein. „2022 wird vielleicht wieder normaler.“