Den Vorschlag zu einer Mediation lehnt die Bürgerinitiative Nürtingen am Neckar ab. Am Montag gibt sie die Unterschriften ab. Bisher sind es rund 4500.
Nürtingen - „Wir wollen eine großzügige Grünfläche im Uferbereich des Neckars anstelle eines dort völlig deplatzierten Hotels.“ In einer Stellungnahme vom Donnerstag lehnt die Bürgerinitiative (BI) Nürtingen am Neckar den vom Oberbürgermeister Otmar Heirich (SPD) vorgeschlagenen und vom Gemeinderat mehrheitlich mitgetragenen Lösungsvorschlag im Hotel-Streit ab. Zu diesem einhelligen Ergebnis sei die BI auf einer Vollversammlung gekommen.
Initiative kritisiert OB wegen eines „Eil-Beschlusses“
Am 22. Februar hob der Gemeinderat wie von der BI gefordert den im November gefassten Beschluss zum Verkauf von städtischen Flächen an den Reutlinger Hotelier Hans-Joachim Neveling zum Bau eines Hotels zwar auf und wies den Weg zu einem Mediationsprozess mit dem Ziel, einen Kompromiss zu finden. Weiter sollen die Bürger in einer von einem externen Büro moderierten Planungswerkstatt in die Freiflächengestaltung einbezogen werden.
Laut der BI hat Heirichs Vorschlag jedoch einen entscheidenden Pferdefuß: Zwar lässt die aktuelle Beschlusslage die Größe und Form eines Gebäudes offen. Doch für eine künftige Bebauung wird die Nutzungsart Hotel festgelegt. Ein Hotel will die BI am Neckar indessen verhindern. Man habe sich mit Heirich darauf verständigt gehabt, „bis zum 23. Februar einen gemeinsamen Beschlussantrag auszuarbeiten“. Das Vorpreschen des OB stellt daher aus Sicht der BI einen Bruch der Vereinbarung vor. Heirich habe das gemeinsame Vorhaben zur Erreichung eines tragfähigen Kompromisses „einseitig aufgekündigt“. Leider habe „Herr Heirich seine Rolle als Vermittler zwischen der Bürgerinitiative und den Gemeinderatsfraktionen nicht wahrgenommen“, lautet ein Fazit der BI. Wörtlich heißt es in deren Stellungnahme weiter: „Wenn bereits ein Hotel vorgegeben wird und die Mediation durch eine Planungswerkstatt ersetzt wird, die sich nur auf die restliche Freifläche beziehen soll, fühlen sich die mehr als 4500 Bürger, die sich durch ihre Unterschrift gegen den Hotelkomplex am Neckar ausgesprochen haben, vor den Kopf gestoßen.“
Am Samstag wird weiter Unterschriften gesammelt
Die von Heirich versprochene Ergebnisoffenheit „und die gern strapazierte Bürgernähe sehen anders aus. Der Eilbeschluss ist ein Versuch, das Verfahren Bürgerentscheid zu umgehen und die Bürgerinteressen erneut zu ignorieren“. Am Samstag wird die BI noch einmal mit ihrem Stand auf dem Wochenmarkt vertreten sein, am Montag werden dann um 15 Uhr im Rathaus die Unterschriften abgegeben.
Die BI geht davon aus, dass das Bürgerbegehren nicht gegenstandslos geworden sei, da wesentliche Teile des Beschlusses vom 14. November – sprich der Bau eines Hotels – durch den neuen Gemeinderatbeschluss vom 22. Februar wieder hergestellt worden sei.
OB Heirich will Gräben in der Bevölkerung vermeiden
Einen halben Tag nach der BI hat sich auch die Stadtverwaltung zum Thema Hotel geäußert. Auf die Absage der BI geht das Rathaus indessen mit keinem Wort ein. In einer von den aktuellen Ereignissen überholt wirkenden Erklärung betont die Verwaltungsspitze unter anderem die Notwendigkeit von zusätzlichen Hotelbetten und den Wunsch nach einem Biergarten von „großen Teilen der Nürtinger Bevölkerung“. Die Aufwertung des Ortes für Bürger und Touristen sei „oberstes Ziel“.
In der Mitteilung dankt das Rathaus auch der BI. Denn sie habe „die Bedenken einiger Nürtingerinnen und Nürtinger zum Ausdruck gebracht“. Die Initiative habe, so die Verwaltung, immer betont, „dass einem Hotel nichts im Wege stünde. Lediglich an der Größe haben sich die Beteiligten gestört“. Als Reaktion habe die Verwaltung die Fakten „auf Null“ gestellt, was die BI mit Blick auf die Hotel-Festlegung jedoch bestreitet. Ihm liege viel daran, so Heirich, Gräben in der Bevölkerung zu vermeiden. Bei Abgabe der Unterschriften sei der Weg für einen Kompromiss jedoch verbaut.
Gegen ein Haus mit 82 Zimmer am Neckar gibt es Widerstand
Pläne
Die Reutlinger Fortuna-Hotel-Kette plant entlang des Nürtinger Neckars ein Haus mit 82 Zimmern mit Terrasse und Biergarten. Letzterer soll zu einer Belebung des Ufers beitragen. Die Verwaltungsspitze hat in der Vergangenheit bereits mehrere Anläufe für einen Biergarten am Fluss unternommen. Allerdings sind sämtliche langfristigen Versuche bisher gescheitert.
Widerstand
Kritiker finden das Hotel zu groß. Sie bemängeln, dass die öffentlichen Freiflächen zu sehr eingeschränkt würden. Auch die Architektur an dieser städtebaulich sensiblen Stelle wird als austauschbar abgelehnt. Es wird vor einer „Bausünde am Neckar“ gewarnt.
Initiative
Die Bürgerinitiative Nürtingen am Neckar hat ein Bürgerbegehren gegen das Vorhaben angestrengt. Sie besteht auf einer Planung auf der Grundlage des vor drei Jahren abgeschlossenen städtebaulichen Wettbewerbs Westlicher Neckar. Der Siegerentwurf sieht entlang der Stuttgarter Straße den Bau von vier mehrgeschossigen Wohnhäusern vor. Die Freiflächen am Neckarufer lässt das Büro aber unangetastet.