Horst Seehofer tritt zum ersten Mal als Bundesinnenminister ans Rednerpult im Bundestag. Foto: AP

In seiner ersten Rede im Bundestag hat Innenminister Seehofer Grundsätze seiner Vorhaben skizziert. Der CSU-Politiker will für mehr Zusammenhalt sorgen. Dafür muss die Regierung aber auch klar machen, was sie bei der Integrationspolitik wirklich will, kommentiert Norbert Wallet.

Berlin - Horst Seehofer hat in der Politik schon vieles erlebt. Es war deshalb zu erwarten, dass er seine erste Bundestagsrede als neuer Bundesinnenminister routiniert absolviert. Er weiß, dass es für ihn, seine Partei und die gesamte Regierung nicht klug ist, gleich zu Beginn bestehende Konflikte zuzuspitzen. Es gibt andere Orte dafür als den Bundestag. Angela Merkel hatte sich in ihrer Regierungserklärung unmissverständlich gegen Seehofers Äußerungen gestellt, wonach der Islam nicht zu Deutschland gehöre und stattdessen den sozialen Zusammenhalt in dem Mittelpunkt ihrer Politik gerückt.

Seehofer nimmt soziale Spaltungen in den Blick

Seehofer hat das am Freitag aufgenommen und sich – verbal – ganz dem Ziel verpflichtet, gesellschaftliche Spaltungen zu überwinden. Dass in der gegenwärtigen Situation ein Bundesinnenminister das Ziel ausgibt, flächendeckende Sicherheit zu garantieren, null Toleranz gegen Straftäter walten zu lassen und vergleichbare Lebensverhältnisse in Ost und West zu sichern, das ist sicher nicht verkehrt. Dass Seehofer ein wacheres Auge auf die sozialen Spaltungen im Land hat als viele andere Unionspolitiker ist ebenfalls begrüßenswert. Wenn der auch für das Bauen zuständige Minister die steigenden Mieten als das zentrale soziale Problem der Gegenwart erkennt, ist das schon mal ein Ausgangspunkt.

Dissens in Sachen Islam und Zuwanderung bleibt

Doch das alles kann den gravierenden Dissens nicht überdecken, den er in Sachen Islam und Zuwanderung nicht nur mit der Kanzlerin, sondern auch mit der mitregierenden SPD hat. Darüber hat er im Bundestag zwar geschwiegen, aber auf dem Interview-Wege frisch nachgelegt. Dass aber ein realitätsblinder Innenminister, der glaubt, der Islam gehöre trotz 4,5 Millionen Muslimen in Deutschland nicht zu unserem Land, auf Dauer die Integrationspolitik dieser Bundesregierung zusammenführen und vertreten kann, ist ein wenig einleuchtender Gedanke. Eher früher als später wird sich diese Regierung in Sachen Integrationspolitik ehrlich machen müssen. Derzeit ist sie es nicht.