Spuren eines Horrorunfalls: Vor dem Café am Ufa-Palast raste der Jaguar mit einem 20-Jährigen am Steuer in einen Kleinwagen, dessen Insassen starben. Foto: 7aktuell/Oskar Eyb

Nach dem Horrorunfall an der Rosensteinstraße ist eine Diskussion aufgekommen: Wie alt muss man sein, um mit 550 PS umgehen zu können? Auch der Innenminister denkt über neue Regeln nach.

Stuttgart - Nach einem schweren Unfall, bei dem ein junges Paar in der Nacht zum Donnerstag getötet wurde, steht vor allem die Frage im Raum, wie ein 20-Jähriger an einen 550 PS starken Mietwagen kommen kann. Der Unfallverursacher hatte sich einen Jaguar F-Type R geliehen. An der Rosensteinstraße verlor er die Kontrolle über das Luxuscoupé und prallte in einen Kleinwagen. Der 25-jährige Fahrer und seine 22 Jahre alte Freundin waren auf der Stelle tot.

Was weiß man Neues über den Unfall?

Die Ermittler haben erste Erkenntnisse über die Geschwindigkeit des Unfallfahrers. „Eine erste Einschätzung des Gutachters ist, dass er zwischen Tempo 80 und 100 fuhr“, sagt Heiner Römhild, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Das sei nur eine erste Einschätzung, es würden noch komplizierte Berechnungen aufgrund der Unfallspuren an der Rosensteinstraße und der Beschädigungen an den beiden Autos angestellt. Die Anwältin des Fahrers, Yasmin Domé, geht von einer Geschwindigkeit zwischen 80 und 90 Stundenkilometern aus. „Erfahrungsgemäß kommen am Ende doch immer etwas niedrigere Werte raus“, sagt die Verkehrsrechtsexpertin. Sie übermittelt auch eine Botschaft ihres Mandanten: „Er ist völlig fertig, das Geschehen hat ihn natürlich sehr mitgenommen. Er bedauert zutiefst, was geschehen ist“, sagt Domé. Der junge Mann sei bisher unauffällig gewesen, er sei ohne Vorstrafen und habe keine Punkte in Flensburg. Die Anwältin will eine Haftprüfung beantragen. Der Unfallverursacher sitzt seit Donnerstag in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. „Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Haftrichter sahen die Fluchtgefahr als gegeben“, sagt der Sprecher der Ermittlungsbehörde. „Diese Gefahr sehe ich nicht“, sagt Yasmin Domé. „Mein Mandant ist sehr gut in die Familienstrukturen eingebunden.“ Sie habe den Antrag zur Haftprüfung aber noch nicht gestellt.

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Die Polizei hat inzwischen bestätigt, dass sich kurz vor dem Unfall ein Anwohner gemeldet und über ein laut knatterndes Auto beschwert habe. Allerdings habe der Anrufer keine konkreten Angaben machen können, wo genau das laute Motorengeräusch herkomme. Daher konnte die Polizei auch nicht dorthin ausrücken. Ob es sich dabei um den späteren Unfallfahrer handelte, sei somit nicht feststellbar.

Ist eine Altersgrenze für PS-starke Autos sinnvoll?

„Ja“, sagt dazu einer, der sich mit jungen Autofahrern auskennt: Jochen Klima ist der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg. „Das wäre unbestritten sinnvoll“, denn die jungen Fahrer im Alter zwischen 18 und 25 seien eine extrem gefährdete Gruppe in Sachen Rasen und Leichtsinn. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist bereit, dieses Diskussion zu führen. „Über eine Altersgrenze muss man nachdenken, und darüber denke ich nach“, sagte der CDU-Politiker am Freitag bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2018. Er schränkte aber ein: „Ich habe dafür nicht die alleinige Zuständigkeit.“ Sein Verständnis, dass man 19- oder 20-jährigen Männern ein 550 PS starkes Auto an die Hand gibt, halte sich jedenfalls in engen Grenzen.

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Die Frage könnte zum Beispiel auf der Ebene der Innenministerkonferenz diskutiert werden, fügte ein Sprecher des Ministeriums hinzu. Geregelt werden müsste das Thema auf Bundesebene in Zusammenarbeit mehrerer Ministerien, unter anderem mit dem Verkehrsministerium. „Ich habe dafür nicht die alleinige Zuständigkeit“, sagte Thomas Strobl.

Die Umsetzung könnte schwierig werden: Wer eine PS-Beschränkung fordert, der zieht häufig den Vergleich zu Motorrädern. Dort dürfen Anfänger noch nicht die ganz starken Maschinen fahren. „Aber ein Motorrad ist in den meisten Fällen ein Hobbyfahrzeug“, sagt der Fahrlehrer Klima. Ein Auto ist hingegen ein Fortbewegungsmittel der ganzen Familie. Wenn nun das Familienmobil einen Motor habe, der ein paar PS über der Beschränkung liege, dürfe eine Tochter oder ein Sohn das Auto mit frischem Führerschein nicht fahren.

Was machen andere Vermieter?

Der Vermieter, von dem der Unfallwagen stammte, gab für das sportliche Coupé ein Mindestalter von nur 19 Jahren an. Bei anderen Vermietern bekommt man in diesem jungen Alter keine solch PS-starken Autos. „Mit vertraglichen Bestimmungen wie der Mindestaltersbegrenzung oder dem Jungfahrerzuschlag tragen wir als Autovermietung der statistisch nachgewiesenen höheren Schadenshäufigkeit junger Fahrer Rechnung“, sagt eine Sprecherin der Firma Sixt dazu. Dabei orientiere man sich an „objektiv nachprüfbaren Kriterien wie Alter und Dauer des Führerscheinbesitzes“, fügt sie hinzu. Dieses Vorgehen sei branchenüblich. Versicherungen geben kein Mindestalter vor. Der Versicherungsschutz für junge Fahrer ist jedoch teurer.