Süß ist nicht gleich süß und Honig ist ist nicht gleich Honig: Der Bezirksbienenzuchtverein Alb-Lautertal lässt seine Erzeugnisse von Mitgliedern und Gästen probieren.
Donzdorf - Ein leicht cremiger goldgelber Tropfen breitet sich langsam auf einer Backoblate aus. Die Zungenspitze nähert sich dem süßen Versucherle, taucht ein und genießt – oder eben auch nicht. Während die Bienenzucht an sich schon eine Wissenschaft ist, gerät die Herstellung von schmackhaftem Honig zur Kunst. Das weiß jeder Imker, während ein Laie die klebrige Masse in aller Regel ohne groß nachzudenken auf sein Brötchen schmiert. Dass Honig allerdings nicht gleich Honig ist, das wird bei einer eigens anberaumten Verkostung des Bezirksbienenzuchtvereins Alb-Lautertal mehr als deutlich.
Im Nebenzimmer der Donzdorfer Gaststätte „Traube“ stehen genau 21 Gläser auf einem großen Tisch, anonymisiert und nur mit Nummern versehen. Honige in den unterschiedlichsten Farben und Konsistenzen, von den unterschiedlichsten Bienenvölkern produziert und von den Imkern des Vereins hergestellt. Diese sind allerdings nicht nur Wettbewerbsteilnehmer, sondern – unterstützt von einigen Gästen – zugleich auch die Juroren. Während die chemische Analyse kompliziert ist und die objektive Qualitätsbestimmung in eignes dafür ausgelegten Instituten erfolgt, geht es an diesem Abend schlicht um die subjektive Meinung der Konsumenten.
Zwischendurch wird mit einem Schluck Bier „neutralisiert“
Auf den Wertungszetteln müssen Punkte für das Aussehen, für den Geruch, für die Konsistenz und natürlich für den Geschmack der jeweiligen Sorte vergeben werden. Das Probieren geht in diesem Fall also über das Studieren: genau 21 Mal. Roland Gaugele, der Vorsitzende des Vereins, rät dazu, immer wieder eine kleine Pause einzulegen und einen Schluck zu trinken. Das Geheimrezept des Experten lautet: „Mit Bier lässt sich der süße Geschmack im Mund am besten neutralisieren.“
Und der Mann hat recht, denn ohne die entsprechende „Neutralisierung“, lässt sich der Versuchsmarathon nicht bewältigen. Dem unbedarften Reporter öffnet sich ohnehin ein Feld ungeahnter sensorischer und aromatischer Vielfalt: von fast fest bis total flüssig, von nahezu geruchlos bis betäubend, von fruchtig bis herb – aber natürlich stets süß, süßer, am süßesten. Und während die Grand Jury im Laufe der Verkostung ihrer Arbeit nachgeht, wird an den anderen Tischen eifrig gefachsimpelt: es geht um verbesserte neue Gerätschaften, um geeignete und weniger geeignete Standorte, um die passende Lagerung und um viele weitere Themen, die für die Qualität von Honig ausschlaggebend sind.
Am Ende sind sich die Experten und die Laien einig
Die Testerinnen und Tester sind zwischenzeitlich durch. Und so manch einer der Besucher interessiert sich längst nicht mehr nur für das zuckrige Lebensmittel, sondern auch für die Bienenzucht. „Seit einiger Zeit scheint das als Hobby wieder populär zu werden“, sagt Uwe Wacker, der zweite Vorsitzende des Alb-Lautertal-Vereins. Die Neueinsteigerkurse, von denen es auch Anfang nächsten Jahres wieder einen gebe, erfreuten sich jedenfalls einer wachsenden Beliebtheit, fügt der Fachmann aus Böhmenkirch hinzu.
Dann aber schlägt die Stunde der Wahrheit, wobei sich Imker und Laien einig sind, wie das Ergebnis zeigt: den besten Honig hat Hermann Göhring mitgebracht. Der Rentner aus Donzdorf-Winzingen hat seine Bienenvölker beim Lautersteiner Stadtteil Nenningen stehen: etliche Streuobstwiesen drumherum, oberhalb viel Wald und ein kurzer Flugweg auf die Albhochfläche. „Da kann man mit dem entsprechenden Einsatz natürlich einen guten Sommerhonig machen“, lobt Roland Gaugele.
Als verdienten Lohn erhält der Sieger ein Refraktometer. Mit dem Gerät lässt sich der Reifegrad von Honig bestimmen, der erst ab einem Wassergehalt von 18 Prozent oder weniger wirklich als solcher bezeichnet werden sollte. Hermann Göhring kann das Teil gut gebrauchen, obwohl er es bis jetzt ganz offensichtlich auch ohne Refraktometer recht gut hinbekommen hat.