Joshua Wong (rechts) tritt mit seiner Mitstreiterin Glacier Kwong vor der Bundespressekonferenz auf. Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Der Berlin-Besuch des Demokratie-Aktivisten Joshua Wong aus Hongkong verärgert Peking massiv. Besonders ein Treffen von SPD-Außenminister Heiko Maas mit dem 22-Jährigen sorgt für Spannungen mit der chinesischen Regierung.

Berlin - Mit regungsloser Miene blickt Joshua Wong nach links, nach rechts, geradeaus. Immer wieder ruft aus einer Richtung ein Fotograf „Mister Wong!“, um den 22-Jährigen gut im Bild zu haben. Routiniert erfüllt der Demokratieaktivist aus Hongkong die Wünsche, bevor er sich zusammen mit zwei Mitstreitern an das Mikrofon der Bundespressekonferenz setzt und über die Situation in seiner Heimatstadt spricht.

In der früheren britischen Kronkolonie demonstrieren seit inzwischen mehr als drei Monaten Tausende gegen Versuche der chinesischen Zentralregierung in Peking, ihre Bürgerrechte zu beschneiden. Hier in Berlin atme er die Luft der Freiheit, anstatt Tränengas wie in Hongkong, sagt Wong. Dann prangert er Polizeibrutalität gegen Demonstranten, Verhaftungen und Menschenrechtsverletzungen an. „Deutschland und der Rest der Welt sollten nicht die Augen verschließen vor den Ereignissen in Hongkong“, fordert er die Bundesregierung auf.

Das bekannteste Gesicht der Demokratiebewegung

Wong trägt ein weißes Hemd, ein graues Jackett und eine Brille mit dünnem Rand. Er wirkt jünger als 22 Jahre, zumindest sieht er nicht wie jemand aus, der die Weltmacht China nervös machen könnte. Doch sein Besuch in Deutschland beweist das Gegenteil. Joshua Wong ist Generalsekretär der regierungskritischen Partei Demosisto. Schon als Teenager war der aus einem christlichen Elternhaus stammende Wong politisch aktiv, 2014 mobilisierte er in der „Regenschirmrevolution“ Hunderttausende Studenten für den Protest gegen den wachsenden Einfluss Pekings und für freie Wahlen in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Nicht erst seit der Netflix-Dokumentation „Joshua: Teenager vs. Superpower“ ist er das international wohl bekannteste Gesicht der Demokratiebewegung in Hongkong.

Wong wurde bereits mehrfach verhaftet, zuletzt kurzzeitig am Sonntag vor seinem geplanten Abflug nach Deutschland. Nachdem er am Tag darauf mit Verspätung in Berlin eintraf, nahm der Aktivist an einer Veranstaltung der „Bild“-Zeitung teil, bei der er auch ein Gespräch mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) führte. Hinzu kamen seitdem weitere Treffen mit Bundestagsabgeordneten, darunter FDP-Chef Christian Lindner. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Wong nicht treffen. Während der Generaldebatte am Mittwochmorgen im Bundestag verweist die Kanzlerin jedoch noch einmal darauf, dass sie bei ihrem Besuch in Peking vergangene Woche mit Blick auf Hongkong klargestellt habe, „dass die Einhaltung der Menschenrechte für uns unabdingbar ist“.

Pekings Botschaft: Hongkong geht euch nichts an

Der chinesischen Regierung ist der große Empfang Wongs in Deutschland und ganz besonders das Treffen mit Maas ein Dorn im Auge. Peking bestellte deswegen den deutschen Botschafter zum Gespräch. Wie verärgert China ist, wird drei Stunden nach dem Auftritt des Regierungskritikers in der Bundespressekonferenz noch einmal deutlich: Chinas Botschafter Wu Ken hat seinerseits zur Pressekonferenz geladen, das ist an sich schon ungewöhnlich. Der „Bild“-Zeitung, die Wongs Reise seit Tagen mit umfassender Berichterstattung begleitet, wird nach eigenen Angaben jedoch kein Zutritt gewährt. Botschafter Wu erhebt dann schwere Vorwürfe gegen Joshua Wong und die Demonstranten in Hongkong: „Seine Anhänger und er zielen darauf ab, Konfrontationen in der Gesellschaft herzustellen, Hass und Gewalt zu verbreiten.“ Wu nennt die Protestierenden radikale Krawallmacher, wirft ihnen „nahezu terroristische“ Aktionen vor.

Scharf kritisiert der Vertreter der Regierung in Peking auch die Treffen deutscher Politiker mit Wong und unterstellt ihnen, daraus „politisches Kapital“ schlagen zu wollen. Das Geschehen in Hongkong gehe allein China etwas an, lautet Wus Botschaft. „Ich rate daher den Politikern davon ab, Gewaltverbrechen zu vertuschen und sich in die inneren Angelegenheiten von Hongkong und China einzumischen.“ Im Anschluss wird den Journalisten ein Video vorgeführt, das Ausschreitungen von Demonstranten in Hongkong zeigen soll.

Wong hingegen fordert Deutschland zu mehr Einmischung auf. Es dürfe keine deutsche Ausrüstung mehr für die Hongkonger Polizei geliefert werden, die aktuell gegen die Demonstranten eingesetzt werde. Er drängt Deutschland zudem, Handelsgespräche mit China auszusetzen. Denn: „Taten sagen mehr als Worte.“