Home24: Ein Online-Händler neu auf der Königstraße Foto: home24

Die Eröffnung eines Showroom des reinen Online-Händlers home24 markiert eine Zeitenwende auf der Königstraße. Bisher zog es die Online-Händler vorwiegend in die Randlagen. Jetzt entdecken sie die 1A-Lagen.

Stuttgart - Früher hätte man gesagt: Auf der Königstraße hat ein neuer Laden aufgemacht. Heute heißt es im Fall von Home 24: Eine Möbel- und Einrichtungskette hat an der Shoppingmeile einen neuen Showroom (Schauraum) eröffnet. Dort sollen die Kunden nicht nur schauen, sondern auch kaufen. Die Ware des Onlinehändlers kommt später. Das war bei wertigen Sofas und anderen Möbelstücken im Grunde nie anders, und doch markiert die Neueröffnung auf der Königstraße einen Wandel: Immer mehr Online-Händler zieht es auf die Fläche.

Auch das ist im Grunde nicht ganz neu. Gerade im Segment von Home 24 betreibt die Marke Smow in der Sophienstraße seit Jahren das gleiche Konzept. Auch Notino hat als klassischer Beauty-Online-Händler im Gerber mit Mußler eine Ladenfläche eröffnet. Doch nun zieht es offenbar immer mehr Onlinehändler von den Rand- in die 1A-Lagen. Home 24-Sprecherin Carolin Muschkorgel bestätigt den Trend. „Wir haben bereits in großen Städten Showrooms“, sagt sie, „aber Stuttgart ist der erste in einer Toplage.“ Das sei ein Meilenstein.

Das Zauberwort heißt: Multi-Channel-Shopping-Erlebnis

In der Königstraße will der Möbelhändler von den „guten Passantenfrequenzen profitieren“. Die Strategie hat sich am vergangenen Wochenende offenbar schon bezahlt gemacht. „Im Vergleich zu unseren bisherigen Erfahrungen war das etwas ganz Neues und ein Schritt nach vorne“, sagt Muschkorgel. Mit anderen Worten: Der Showroom auf der oberen Königstraße zog sehr viele Schaulustige an: „Am Eröffnungstag waren über 6000 Besucher bei uns. Dass so viele Besucher zur Eröffnung erschienen sind, hat unsere Erwartungen übertroffen und bestätigt uns darin, mit dem Standort die richtige Entscheidung getroffen zu haben“, so Muschkorgel.

Den Onlinehändlern, die nun ihre stationäre Präsenz ausbauen, geht es freilich um mehr. Sie wollen nicht nur eine Art Museum sein, das im rotierenden Verfahren das Sortiment präsentiert. Auf der 500 Quadratmeter großen Fläche, die zuletzt von H&M Men genutzt worden war, lassen sich nur Teile der insgesamt 100 000 Artikel des Internet-Sortiments darstellen. Es gehe auch darum, die jeweilige Marke zu stärken und ein Erlebnis zum Anfassen zu bieten inclusive Probesitzen- oder Liegen. Zudem wollen die Onlinehändler mit den Serviceleistungen des klassischen Handels punkten. „Zu uns kann man mit Grundrissen der Wohnung kommen und bekommt dann praktische Tipps“, sagt Muschkorgel.

Onliner sorgen für Belebung

Citymanagerin Bettina Fuchs glaubt, dass diese Veränderungen der Handelslandschaft der Stadt gut tun werden: „Nicht nur, weil auf der Königstraße in den Konzepten wie Hema oder Home 24 nun Marken Platz finden, die wir bisher noch nicht hatten.“ Sie glaubt an eine allgemeine Belebung der Königstraße. Auch weil sich in der oberen Königstraße nun ein so genanntes „Cluster“ gebildet hätte. Drei Wohn- und Einrichtungshändler in Nachbarschaft: Home 24, Depot und Hema.

Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes ergänzt: „Wir erleben im stationären Einzelhandel einen starken Frequenzmangel in den Innenstädten. Deshalb plädieren wir dafür, den Einkauf im Einzelhandel mehr zu einem Ereignis zu machen. Feste und Veranstaltungen in den Innenstädten sind ein gutes Mittel hierfür – aber dabei kann es nicht bleiben. Wenn es gelingt, mit Konzepten wie dem von Home 24 oder Notino Mehrwert für den Kunden zu schaffen und Emotionen zu erzeugen, können wir das nur für gut heißen.“

Schließlich geht Citymanagerin Fuchs davon aus, dass weitere Online-Händler folgen werden: „Sie wird es unweigerlich auf die Fläche ziehen, weil es wichtig für sie ist, dass ihre Marke sichtbar wird.“ Daher werde sich auch die Königstraße weiter vermischen – mit klassischen Händlern und die des neuen Marktes. „Am Ende dieses Prozesses, in 10 bis 15 Jahren, wird es in der Stadt zu einer Marktbereinigung kommen“, sagt Fuchs, „dann wird es den Handel, wie wir ihn heute kennen, nicht mehr geben.“ Ins gleiche Horn stößt Sabine Hagmann: „Die Welten von on- und offline im Einzelhandel nähern sich immer mehr an. Das Beispiel von Home 24 ist ein schöner Beweis dafür. Dieses Beispiel ist aber auch ein Zeichen dafür, dass sich alle Händler mit diesem Thema auseinandersetzen müssen – mit dem Verschmelzen von Online- und Offline-Welten.“

Schon jetzt sagen Experten, dass es existenzgefährdend sei, seine Waren nur auf einem Vertriebskanal zu verkaufen. Das Zauberwort heißt Multi-Channel-Shopping-Erlebnis. Soll heißen: Wer nur Online oder nur stationär verkauft, wird zum Auslaufmodell. „Für den, der nur den stationären Kanal nutzt, wird es sehr schwierig werden“, bestätigt Citymanagerin Fuchs, „diese Läden bekommen ein Nachwuchsproblem. Die demografische Entwicklung wird diesen Prozess unterstützen.“