Am vergangenen Sonntag prügelten sich während des Spiels von Sieben- und Achtjährigen des SC Geislingen gegen FC Eislingen in Holzmaden plötzlich Zuschauer direkt neben und auf dem Spielfeld. Foto: dpa

Die Ausschreitungen bei F-Junioren-Spiel in Holzmaden löst eine Diskussion über geeignete Maßnahmen im Nachwuchsbereich aus.

Stuttgart - Eine Schlägerei mit 15 Personen, ein Schwerverletzter und ein Polizeieinsatz. Und das alles bei einem Turnier von F-Junioren-Fußballern. Gibt es nicht? Gibt es doch. Am vergangenen Sonntag prügelten sich während des Spiels von Sieben- und Achtjährigen des SC Geislingen gegen FC Eislingen in Holzmaden plötzlich Zuschauer direkt neben und auf dem Spielfeld.

Was den Tumult auslöste? Beide Trainer, die im Übrigen ein freundschaftliches Verhältnis pflegen, betonen, dass keinerlei Aggression von den Offiziellen ausging. Wie mehrere Seiten übereinstimmend berichten, bekamen sich vielmehr nach einer Schiedsrichterentscheidung zwei Elterngruppen mit Migrationshintergrund des FC Eislingen in die Haare. Die eine kritisierte lautstark, die andere wollte schlichten. Die Familienfehde eskalierte. „Wir wollten nur noch eines: so schnell wie möglich in die Kabine“, berichtete der Trainer des Geislinger Nachwuchses. Noch am Abend arbeitete der ehemalige Verbandsligaspieler den Vorfall mit den Eltern und Kindern auf: „Ich habe den Kindern erklärt, dass sie mit dem Vorfall nichts zu tun haben und es totaler Quatsch ist, wenn sich Erwachsene schlagen.“

Der FC Eislingen hat bereits Konsequenzen gezogen und Eltern und Kinder der am Vorfall Beteiligten vom Verein ausgeschlossen. „So ein Verhalten wird bei uns nicht geduldet“, teilte der Präsident Rainer Interwies mit. Wobei ein beteiligter Vater eines Eislinger F-Juniors schon einmal bei einem Hallenturnier unangenehm aufgefallen war.

Negative Auswirkungen befürchtet

Dass aus den schlimmen Vorkommnissen ein Trend abgeleitet werden kann, glaubt man beim Württembergischen Fußball-Verband (WFV) nicht: „Es gibt keine Häufung solcher Vorfälle im Nachwuchsbereich“, erklärte Pressesprecher Heiner Baumeister auf Nachfrage. Und Klaus Metzler, Jugendleiter des betroffenen Bezirks Neckar/Fils, behauptete: „In unserem Bezirk ist das ein Einzelfall.“ Dennoch befürchtet der Holzmadener Turnierorganisator Frank Nowak negative Auswirkungen: „Der Fußball gerät durch solche Negativschlagzeilen noch mehr in Verruf. Eltern schicken ihre Kinder lieber zu anderen Sportarten.“ Folgende Verbesserungsmöglichkeiten rund um den Jugendfußball werden verstärkt diskutiert:

Die räumliche Distanz: Vor allem bei Spielen von Knirpsen und F-Junioren stehen die Eltern oft direkt am Spielfeldrand. „Die Distanz ist wichtig. Unmittelbar am Spielfeld haben nur zwei Trainer, ein Betreuer und die Auswechselspieler etwas zu suchen“, sagt Martin Hägele, Mitglied des WFV-Trainerlehrstabs und sportlicher Leiter Kinderfußball beim VfB Stuttgart. Er ermutigt die Vereine, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen. Hägele: „Viele Clubs wissen gar nicht, dass sie Eltern vom Platz verweisen können.“ Auch Schiedsrichter haben die Möglichkeit, ein Spiel zu unterbrechen.

Die Denkweise der Eltern: Viele Eltern sehen laut Hägele den Kinderfußball als Kopie des Erwachsenenfußballs. „Alle Mittel, um zu siegen, sind recht. Nur Spieler und Trainer, die gewinnen, sind gut. Diese Haltung ist fatal“, sagt der Experte. Er fordert von den Eltern ein ausgleichendes Verhalten. „Wenn es nicht so lief, sollte das Kind aufgemuntert statt kritisiert werden. Der Nachwuchsspieler soll mit dem Fußball lernen. Nur so wird eine soziale Kompetenz vermittelt“, weiß der Fußball- und Diplomsportlehrer.

Keine ergebnisorientierten Spiele: Hägele appelliert, bis zur F-Jugend keine Ergebnisspiele durchzuführen. Der Spaß soll im Vordergrund stehen. „Wir haben dies bereits veranlasst“, sagt WFV-Sprecher Baumeister und verweist auf die regelmäßigen Kinder-Spiele-Tage des Verbands. Dort werden verschiedene Spielformen angeboten. Tore und Tabellen spielen keine Rolle.

Leitsätze formulieren: Bei Vereinen wie zum Beispiel dem FC Esslingen werden den Eltern mit der Unterschrift des Aufnahmeantrags Leitsätze an die Hand gegeben. Werte wie Respekt und Fair Play gegenüber allen Beteiligten spielen dabei eine Rolle. Darauf sollten die Clubs bei Schulungs- und Elternabenden hinweisen. Hägele fordert auch von DFB und WFV noch mehr Engagement: „Die Verbände machen immer noch zu wenig. Die Faszination des Kinderfußballs kann noch deutlicher herausgestrichen werden.“ Auch die Medien nimmt er in die Pflicht: „Berichtet wird fast immer nur, wenn sich etwas Negatives ereignet. Warum kann nicht mal ein vorbildlich arbeitender Trainer im Mittelpunkt eines Beitrags stehen?“