Der Holzgerlinger Herbst füllte die Stadt mit rund 10 000 Besuchern, bot Handwerk, Gastro, Unterhaltung und viel Stimmung.
Im Auf und Ab der Temperaturen, das den Oktober beherrscht, hat der Holzgerlinger Herbst einmal mehr großes Glück: Fast könnte es Frühling sein, als am Sonntagnachmittag die Einzelhändler der Stadt ihre Türen öffnen, Tausende durch ihre Mitte ziehen, Jahrmarkt, Flohmarkt und viele andere Angebote das Publikum erfreuen.
Alle Zufahrtsstraßen zur Innenstadt sind abgeriegelt. In der Friedhofsstraße herrscht dichtes Flohmarkttreiben. Dort, im Hof des Holzgerlinger Heimatmuseums, steht eine Mostpresse. Marc Kaschig heißt der Mann, der die Äpfel in die Presse schaufelt. Gemeinsam mit Freunden betreibt er das Schaumosten, mit dem das Heimatmuseum immer wieder beim Holzgerlinger Herbst dabei ist.
Große Auswahl an Speisen – aber lange Schlangen
„Die Äpfel stammen von Streuobstwiesen“, erklärt er. „Sie werden gewaschen, gehäckselt, gepresst.“ Die Äpfel schwimmen in einem Wasserbad, Marc Kaschig fischt sie heraus, kippt sie in die Häckselmaschine. Die läuft elektrisch. „Früher haben wir noch von Hand gekurbelt“, sagt Raphael, einer der Kumpels, die mit dabei sind. 800 Kilogramm Holzgerlinger Äpfel warten darauf, gepresst zu werden. „Bei uns läuft’s gut, so lange wir Äpfel haben!“
Wer satt werden möchte, beim Holzgerlinger Herbst, der sollte nicht allzu hungrig sein – denn die Schlagen sind lang, überall. Wer eine „wilde Wurst“ möchte beispielsweise, bei „Wildkämmerle“ in der Tübinger Straße, der braucht Geduld. Kaffee, Kuchen, Zwiebelkuchen, Flammlachs, Burger, Pommes, Schnitzel, Crêpes, Kaiserschmarrn, Langos – all das wird angeboten.
Käse und Wein bekommt man bei Lea Egeler. „Feinkost Lea“ heißt ihr Laden in der Klemmertstraße. Davor sitzen Menschen, die in der milden Herbstluft die Käse- und Wurstplatte oder den warmen Camembert genießen, samt einem guten Tropfen. „Wir sind zum dritten Mal mit dabei und wir hatten zum dritten Mal Glück mit dem Wetter“, sagt Egeler. „Beim Holzgerlinger Herbst gibt es viele Kunden, die von außerhalb kommen, und für uns ist das die Gelegenheit, unsere Waren auch einmal auf die Straße zu verkaufen.“
Anders als in den Vorjahren wartet der Holzgerlinger Herbst 2025 mit zwei Bühnen auf – die eine befindet sich vor dem Rathaus, die zweite am Bloo, dort, wo die Tübinger Straße um die Kurve geht. Die Bühne am Bloo gab es auch in früheren Zeiten – jedoch: das ist lange her. Martin Weisbach, Vorsitzender des Handels- und Gewerbevereins Holzgerlingen (HGH), und Benjamin Liebenstein, sein Stellvertreter, sind sehr zufrieden mit der Resonanz, die der verkaufsoffene Sonntag mit seinem reichhaltigen Rahmenprogramm erfährt.
Die Kleinsten treten beim Laufradrennen an
Zum 24. Mal findet der Holzgerlinger Herbst bereits statt. 43 Gruppen, Vereine, Unternehmen sind dieses Mal mit dabei – unter ihnen Optiker, Bekleidungsfachhandlungen, Fitnessstudios, eine Buchhandlung, Kreativshops, Banken, Krankenkasse, Nachbarschaftshilfe, ein Blumenhaus. „So viele Aussteller wie in diesem Jahr hatten wir seit der Corona-Krise nicht“, sagt Weisbach. Mit Schätzungen zur Besucherzahl tun Martin Weisbach und Benjamin Liebenstein sich schwer. „An einem guten Tag“, meinen sie, „kommen mehr als 10 000 Menschen zum Holzgerlinger Herbst.“ Für den späteren Nachmittag wird Sonnenschein angekündigt. „Wenn die Sonne kommt, dann schaffen wir das heute auch noch.“
Begonnen hat der Herbst mit einer Kultveranstaltung in der Eugenstraße: Seit fünf Jahren gibt es dort ein Laufradrennen, für Kinder, die auf kleinen Rädern sitzen, die sie mit eigenen Beinen antreiben. Das ist ein großer Spaß, in jedem Jahr, bei dem es nur Gewinner gibt, jeder eine Medaille bekommt und an dem sich auch Ioannis Delakos, der Bürgermeister Holzgerlingens, beteiligt. Alle tragen das gleiche Trikot, er jedoch sitzt auf einem Roller.
Auf der Marktplatzbühne wechseln sich später dann die Musikanten ab: Es beginnt noch am Vormittag mit der „Spätlese“, die Erwachsenengruppe des Hand-Harmonika-Vereins Holzgerlingen. Es folgen „RhytmixX“, die am frühen Nachmittag den Platz mit ihrer Akkordeonversion von „Summer of 69“ in Schwingung versetzen, der junge Chor „Stimmkraft“, die Zumba-Gruppe des Studios „Clever fit“ und zuletzt die Rock-Band „Worship SEK“.
Modenschau und saubere Straßen
Nicht anders geht es zu auf der Bühne am Bloo – dort findet erst die Ehrung aller Sieger statt, die am Laufradrennen teilnahmen, dann spielt die Bläsergruppe der Berkenschule, spielt die Musikschule, spielen „HarmonixX“, die Jüngsten im Harmonika-Verein. Ganz zuletzt wird Silvia Gold auftreten, eine Holzgerlingerin, die sonst für Hochzeiten und Events gebucht wird. Davor aber findet eine Modenschau statt. Sie wird veranstaltet von Darliene Niedermauntel, vor ihrer Boutique „Nails and More“. Zehn Frauen gehen um 14 und 15 Uhr auf einem langen Teppich vor dem Bloo umher und präsentieren Mode jeder Art, 20 Outfits insgesamt. Darliene Niedermauntel ist vom Holzgerlinger Herbst begeistert.„Es ist eine super Erfahrung und es macht sehr viel Spaß“, sagt sie und überlegt, ob sie im kommenden Jahr vielleicht auch Herrenmode in ihre Schau aufnehmen möchte. „Es wird danach gefragt!“ Stefan Winter, Vertreter für Vorwerk in Holzgerlingen, macht indes mit einem Staubsauger die Straße frei: „Damit nur keiner übers Laub stolpert!“
Auch für Rainer Dieterle, Kachelofenbauer in der Tübinger Straße, hat sich der Holzgerlinger Herbst längst als Idealveranstaltung erwiesen. Dieterle Kachelofenbau besteht seit Generationen am Ort. „Aber oft“, sagt der Geschäftsführer, „wissen selbst Holzgerlinger nichts von uns.“ Dieterle betreibt sein Ladengeschäft in einem denkmalgeschützten Haus, darf dort aktiv keine Werbung betrieben – am Sonntag erhält er dennoch Laufkundschaft.
„Friends on Fire“, Cateringunternehmen von der Schönbuchlichtung, geleitet von Björn Henig, sind gleich mit mehreren Ständen in der Stadt, bieten Speisen, Getränke, Cocktails – und einen Spaß besonderer Art: Schon zum zweiten Mal gibt es beim Holzgerlinger Herbst den „Bungee-Run“. Da rennen Kinder los, gut angeschnallt, in einer großen Luftpolsterlandschaft, sprinten vorwärts, versuchen, so weit wie möglich zu kommen – und fliegen zurück, von Gummiseilen gezogen. Drumherum geht das Schauen, Plaudern, Verkosten weiter – die Sonne, sie erscheint tatsächlich, und erst um 17 Uhr soll die große Schau vorüber sein.