Wilfried Dölker hat in seiner Kommune für viel Lebensqualität gesorgt. Ausbau der Schönbuchbahn: Zweckverbandschef Bauer, Rathauschef Dölker, Verkehrsminister Hermann und Landrat Bernhard (von links) schrauben symbolisch alte Gleise ab. Foto: factum/Bach


Der Holzgerlinger Bürgermeister Wilfried Dölker legt nach 32 Jahren sein Amt nieder. Unter seiner Führung ist aus der ehemals ländlich geprägten Gemeinde eine prosperierende Kleinstadt geworden. In einem Interview erläutert er, weshalb er viel umsetzen konnte.

Holzgerlingen - Sport- und Freizeitgelände, Schulerweiterungen, Kindertagesstätten, einen Golfplatz, ein Kulturzentrum, Altenpflegeheime, ein Musikhaus, die Stadterneuerung und einiges mehr – Wilfried Dölker hat als Rathauschef vieles verwirklicht. Allerdings bekam er auch einigen Gegenwind von umweltbewussten Bürgern und Stadträten, wenn es um neue Wohngebiete oder um die Gewerbeansiedlung ging. Nach drei Amtsperioden nimmt er nun von seinem Posten Abschied.

Herr Dölker, Sie wirken noch ziemlich fit. Weshalb scheiden Sie aus dem Amt? Als Bürgermeister hätten Sie doch bis zum Alter von 73 Jahren weiter machen können.
Nochmals acht Jahre wären mir zu lang gewesen. Wann ich gehe, möchte ich selbst entscheiden. Vielleicht kommen noch neue Herausforderungen auf mich zu. Jetzt habe ich erst einmal etwas mehr Freizeit. Außerdem habe ich ja noch ein paar Aufgaben. Zum Beispiel bin ich noch im Kreistag und in der Regionalversammlung.
Wo haben Sie als Rathauschef am meisten Herzblut investiert?
Ich kann mich auch noch sehr gut an die spannenden Anfangsjahre erinnern. Wir erbauten das Vereins- und Freizeitgelände sowie die gesamten Sportplätze einschließlich Stadion und erneuerten das Freibad. Ganz ohne Darlehen aufzunehmen. Wir haben einige Grundstücke vermarktet. Wir trieben die Stadtsanierung voran.
Sie haben mit Weil im Schönbuch den Gewerbepark Sol gegründet. Waren steigende Steuereinnahmen entscheidend für ihre zunehmend prosperierende Gemeinde?
Ja, sicher auch. Ohne Unterstützung der Bürgerschaft wären wir aber nicht so vorangekommen. Wir sind während meiner Amtszeit um rund 4500 Einwohner auf 13 600 gewachsen. Wir haben den Wohnungsbau und die Stadtentwicklung mit den Einwohnern angepackt, sie bei Bürgerversammlungen über unsere Vorhaben informiert und die Menschen mitgenommen.
Obwohl Sie eigentlich nicht so sehr der Typ sind, der auf eine intensive Bürgerbeteiligung setzt. Wodurch hatten Sie meist den Zuspruch der Räte?
Den Job des Bürgermeisters kann man nur gut machen, wenn man klare Ziele hat und weiß, wie die Sache funktioniert und was ankommt. Ich habe kaum eine Abstimmung angesetzt, ohne vorher zu erkunden, was geht und was nicht. Im Gemeinderat gab es immer stabile Strukturen.
Was heißt das?
Ich habe in der Regel die notwendigen Mehrheiten für die Vorhaben erhalten.
Besonders bei Bauprojekten hatten Sie aber ziemlich Gegenwind. Vor allem von der Fraktion Bürger für Natur und Umweltschutz, die gegen eine Versiegelung der Landschaft ist.
Wenn man in einem öffentlichen Amt keinen Gegenwind bekommt, schläft etwas ein. Kontroversen sind wichtig für die Demokratie. Man muss sich auseinandersetzen, am Ende aber zusammenfinden.
An welche Kontroverse erinnern Sie sich besonders?
Das größte Streitthema war wohl der Bau des Golfplatzes, der im Jahr 1991 eröffnet wurde. Die Fläche der Hofkammer hätte die Landwirtschaft gerne übernommen. Es gab auch die Befürchtung von Besuchern des Schönbuchs, dass Zufahrtswege auf die Felder wegfallen. Das war aber nicht der Fall. Vor allem Umweltschutzgruppen und die Grünen waren gegen die Anlage. Das Umweltschutzkonzept erforderte, dass 850 Bäume und Tausende Büsche gepflanzt werden. Der Bau konnte mit der Mehrheit von einer Stimme im Gemeinderat aber doch realisiert werden. Heute ist dies auch eine sehr schöne Naherholungsanlage.
Was waren für Sie die Höhepunkte?
Das war die Stadterhebung 1993 und die 1000-Jahr-Feier im Jahr 2007. Das Jubiläum mit einem sehr hohen ehrenamtlichen Engagement hat unseren Gemeinschaftssinn gestärkt. Auch die Reaktivierung der Schönbuchbahn 1996 und der Ausbau der Bundesstraße 464 waren Meilensteine. Wir haben dafür viele Jahre gekämpft.
Was ist Ihnen misslungen, was würden Sie anders angehen?
Das habe ich mir auch schon überlegt. Aber man kann wohl nicht behaupten, dass etwas Größeres fehlgeschlagen ist. Ich war anfangs vielleicht etwas zu stürmisch.
Im Kreistag waren und sind Sie ein glühender Verfechter einer geringeren Belastung der Gemeinden und einer niedrigeren Kreisumlage. Manche sehen Sie da als Bremser.
Die Kommunen ächzen unter der Last von Abgaben und Kosten. In früheren Jahren war das extrem. Es kann nicht sein, dass manche kaum einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen und der Kreis schwimmt im Geld. Bis Ende 2018 sind mehr als 50 Millionen Euro auf der hohen Kante. Für die geplante Klinik gibt es eine beachtliche Rücklage. Freilich müssen wir die Elektrifizierung der Schönbuchbahn stemmen. Das lässt sich gut machen, weil die Ausgaben über Jahre verteilt werden.
Sie wollten auch mal Landrat werden . . .
Ich habe damals die Lage sondiert, mich aber nicht beworben, weil ich festgestellt habe, dass man jemanden von außen wollte. Landrat wurde 2008 Roland Bernhard.
Waren Sie enttäuscht?
Nein, im Rückblick überhaupt nicht. Es gibt nichts schöneres als Bürgermeister zu sein. Weil man nah an den Bürgern dran ist und sehr viel vor Ort gestalten kann.
2004 wollten Sie Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen werden. Weshalb?
Was mich bewegte, war eine neue Herausforderung, eine neue Aufgabe anzunehmen. Nachdem Holzgerlingen ganz gut aufgestellt war.
Hat man Ihnen das übel genommen?
Ich glaube, dass im Großen und Ganzen Bedauern und Verständnis herrschte. Aber ich denke, jeder ist ersetzbar.
Nun müssen Sie aber ersetzt werden. Wie arbeiten Sie Ihren Nachfolger ein?
Herr Delakos kennt die Vorgänge schon sehr gut. Ich muss ihm also nicht viel erklären. Wir werden aber ein, zwei Tage lang eine Übergabe machen.